113 - Bote der Nacht
Kraft in unsere Körper fließen lassen, die uns zu lebenden Toten macht. Ich will richtig sterben! Nicht so!«
»Verdammt, ich möchte auch nicht so enden«, preßte Frank Esslin heiser hervor. »Nicht als Zombie !«
***
Mago drückte mein Gesicht an seinen braunen Lederwams. Was immer er mit meinem Kopf anstellte, ich war gezwungen, es mir gefallen zu lassen.
Immer noch irrte Mr. Silver irgendwo herum. Wenn er wenigstens zurückgekehrt wäre und Mago vernichtet hätte, dann wäre das eine Genugtuung für mich gewesen, und ich hätte Mr. Silver bitten können, mir den ganzen Tod zu geben.
Es wäre ihm bestimmt nicht leichtgefallen, mir meinen Wunsch zu erfüllen, aber er hätte es schließlich getan, denn er war mein bester Freund. Niemals hätte er zugelassen, daß ich so ein Dasein fristen mußte.
Mago grinste mich an. »Du hoffst auf Mr. Silvers Rückkehr, aber ich muß dich enttäuschen. Er ist noch sehr weit weg. Wir haben noch viel Zeit, Tony Ballard.«
»Zeit wofür?« wollte ich wissen.
»Um hier die Spuren zu verwischen.«
»Wozu willst du dir diese Mühe machen?« fragte ich.
»Oh, das ist keine Mühe für mich. Es genügt ein bißchen Feuer. Ich brauche es nur zu entfachen. Alles andere erledigen dann die Flammen für mich.«
Ich war entsetzt. Wenn Mago in diesem Beerdigungsinstitut einen Brand legte, würde das Feuer meinen Körper fressen.
Mir wurde bewußt, daß ich noch die Hoffnung hegte, Kopf und Körper könnten irgendwann einmal wieder eins werden – trotz Shavenaar!
Aber das konnte nur dann klappen, wenn es mir gelang, den Schwarzmagier von der Brandlegung abzubringen.
»Wovor hast du Angst?« fragte ich den Dämon. »Daß es Mr. Silver gelingt, dir zu folgen?«
Mago holte sich das Höllenschwert und stieß es zur Decke hoch.
»Ich brauche den abtrünnigen Silberdämon nicht zu fürchten.«
»Er ist stärker als du. Er kann dich bezwingen.«
»Das konnte er vielleicht, als ihm noch diese schwarze Waffe gehörte, doch nun nicht mehr. Mr. Silver wird durch dieses Schwert umkommen. Irgendwann. Den Zeitpunkt werde ich bestimmen. Ich werde plötzlich hinter ihm stehen und zum tödlichen Schlag ausholen – und wenn er sich umdreht, wird sein Kopf rollen.«
Mich schauderte, als besäße ich noch meinen Körper.
Mago spuckte auf den Boden.
Es war eine leicht entflammbare Flüssigkeit, und sie entzündete sich an der Luft!
»Warte!« schrie ich in heller Panik. »Lösch diese Flammen!«
Der Schwarzmagier lachte gehässig. »Denkst du, ich durchschaue dich nicht, Tony Ballard? Ich kann deine Gedankengänge genau nach vollziehen. Du hast Angst um deinen Körper, der dort im Sarg liegt. Wenn er ein Raub der Flammen wurde, siehst du keine Chance mehr, dein Schicksal noch einmal umzudrehen. Warum klammerst du dich so verzweifelt an eine Hoffnung, die nicht existiert? Was das Höllenschwert getrennt hat, läßt sich nicht mehr zusammenfügen, das weißt du doch.«
»Du miese Dämonenkreatur!« brüllte ich voller Haß und Abscheu. »Vielleicht bist auch du bald dran. Ich hoffe es, hoffe es mit jeder Faser meines Herzens!«
»Du hast kein Herz mehr, Tony Ballard«, höhnte Mago. »Es befindet sich in deinem Körper, und der wird in wenigen Augenblicken verbrennen.«
Er spuckte wieder – und traf den Sarg…
Sofort tanzten dunkelrote Flammen auf dem Deckel. Sie waren aggressiv, breiteten sich aus, und innerhalb weniger Sekunden hüllten sie den ganzen Sarg ein, in dem ich lag.
Ich mußte zusehen, wie das Holz verkohlte, wie die Flammen einen Weg in das Innere des Sarges fanden und meinen Körper erreichten.
Auch das Beerdigungsinstitut blieb von Magos Feuer nicht verschont. Die Flammen waren kleine Lebewesen. Sie huschten umher und setzten alles Brennbare in Brand. Rasend schnell vermehrte sich das Feuer, doch ich sah es kaum.
Ich starrte nur entsetzt auf den brennenden Sarg, in dem mein Körper lag und aus dem immer höhere Flammen schlugen.
Die Bretter fielen auseinander, und ich erkannte meinen eigenen Körper nicht wieder.
Die Flammen leisteten ganze Arbeit.
Von Tony Ballard existierte nur noch der Kopf!
***
Endlich kamen sie. Es raschelte ringsherum, und Frank Esslin kniff die Augen zusammen. Er sah kleine, dunkelhäutige Männer mit schwarzem Haar, hoch angesetzten Wangenknochen und breiten Nasen. Sie waren nackt bis auf einen kleinen Lendenschurz, hielten ein Blasrohr in der einen Hand und in der anderen einen Bambusspeer. Sie waren immer noch sehr vorsichtig,
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