113 - Gebeine aus der Hexengruft
hat, die
aber für einen einzigen, ganz bestimmten Menschen große Bedeutung hat.“
„In Brimsley stiehlt man keine Seiten aus
einer alten Chronik“, bekam er zu hören.
„Aber sie fehlen, daran ist nicht zu
rütteln.“
„Vielleicht haben sie nie existiert.“ „Das
glaube ich nicht. Einem Mann wie Reverend McCorner wäre das aufgefallen. Er
studierte dort sehr häufig, wie Sie wissen. Könnte es sein, daß Sie vergessen
haben, jemand in der Liste zu erwähnen?“
„Nein, das glaube ich nicht.“
„Hat zum Beispiel eigentlich Dr. Kilroy
jemals in dem Buch gelesen?“
„Ja, natürlich!“
„Warum steht sein Name nicht auf der Liste?“
„Weil das schon so lange her ist. Ein oder
zwei Jahre.“
„In der letzten Zeit war er nicht mehr hier?“
„Nein. Warum fragen Sie danach?“ „Nur so ...
Sein Name ist mir einfach eingefallen. Ein Mann von Kilroys Geist würde sich
meiner Meinung nach bestimmt für solche alten Geschichten interessieren. Aber
das nur nebenbei. Nur noch eine Frage, Miß Linkerton: Haben Sie Dr. Kilroy in
der letzten Zeit gesehen?"
„Ja“, kam es wie aus der Pistole geschossen,
und Larry hatte diese Antwort eigentlich nicht erwartet. „Ich war erst vor
einer Viertelstunde bei ihm. Ich hatte so fürchterliche Kopfschmerzen, und
Kilroy wohnt im Gegensatz zu Apotheker Brown nur einen Katzensprung weit von
mir entfernt.“
●
Er reichte ihr die Hand.
„Ich hoffe, ich habe Sie nicht aufgehalten.
Entschuldigen Sie die Störung, Miß Linkerton.“
„Sie haben mich nicht gestört. Es tut mir
leid, daß ich Ihnen nicht weiterhelfen konnte. Sie machen sich wohl sehr große
Sorgen wegen des Vorfalls? Das wundert mich. Sie haben doch nichts zu
befürchten. Der Fluch der Hexe bezog sich ausschließlich auf die Bewohner
Brimsleys.“
Larry nickte. „Jim Tekner, Fred Laine und die
Mädchen stammen auch nicht aus Brimsley.“
„Da mögen andere Dinge schuld sein. Sie haben
das Entsetzen befreit, sie haben die Gruft gefunden und geöffnet.“ „Das allein
wird es nicht gewesen sein, was ihr Schicksal bestimmte. Der Mönch Philemanus
hat eine eindeutige Schilderung seines Aufenthaltes in der Kapelle
hinterlassen, er ließ ein Schutzmittel dort zurück. Vier Textseiten des
Philemanus-Berichtes fehlen. Was war in dem Kästchen, was schreibt Philemanus
über das Ritual, das er vollzogen hat? Gegen alles gibt es ein Gegenmittel -
man muß es nur kennen. Philemanus hat eine Erkenntnis gewonnen, und die wird
uns vorenthalten. Das Geheimnis um die Hexengruft ist größer, als wir
wahrscheinlich ahnen. Ich muß noch mal hin und mich dort umsehen.“
●
Sie hörte, wie er die Treppe nach unten ging
und wie die Tür ins Schloß klappte. Dann beobachtete sie ihn hinter dem
Vorhang, wie er den Marktplatz überquerte.
Miß Linkerton griff nach dem Telefonhörer und
wählte mit ihren runzligen Fingern fahrig eine Nummer.
„Ja?“ meldete sich eine ruhige Stimme.
„Ich muß dir etwas erzählen, Jack. Dieser
Fremde war da, Brent.
●
Larry fuhr direkt zur Kapelle.
Er mußte die Scheinwerfer einschalten, so
düster war es.
Zahllose Gedanken drehten sich wie ein nicht enden
wollendes Karussell in seinem Kopf.
Noch mal die Gruft vornehmen, vielleicht auch
nach anderen geheimen Öffnungen unterhalb des Altars und der Treppen suchen ...
Schade, daß diese beiden entscheidenden
Seiten fehlten. McCorner konnte mit Sicherheit als der Besitzer ausgeschlossen
werden. Seine Wohnung war auf den Kopf gestellt worden.
Keine verdächtigen Funde gab es. Und doch
hatte dieser Mann etwas geahnt. Wen wollte er decken? War er sich zu unsicher
gewesen, daß er es nicht mal wagte, einen Verdacht auszusprechen?
Wer war in jener Nacht - außer McCorner - in
dem Schulgebäude gewesen? Wer hatte versucht, Peggy Langdon mit einem Beil zu
erschlagen?
Hatte Peggy Langdon mehr im Innern der
Kapelle wahrgenommen, als sie erzählt hatte? Erinnerte sie sich bloß nicht mehr
daran und fürchtete jemand, sie könne sich noch daran erinnern?
Larry Brent mußte wieder an die Gruft denken.
Die Leichen lagen noch darin. Daran würde
sich auch in den nächsten Tagen nichts ändern. Er mußte sich auf dieses makabre Speil einlassen, weil er kein Risiko eingehen
konnte.
Solange keine Gewißheit bestand, wie die
Dinge um die Kapelle wirklich standen, welche Kräfte hier freigelegt worden
waren, solange konnte er nicht weitere unschuldige Menschenleben aufs Spiel
setzen, solange mußten die
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