113 - Gebeine aus der Hexengruft
hintereinander machen, und als er dann immer noch
nicht außer Atem gekommen war, gab Kilroy es schließlich auf.
„Um Sie mache ich mir keine Sorgen. Sie sind
topfit. Trotzdem kann es nicht schaden, wenn Sie sich in den nächsten Tagen
sehr genau beobachten. Ermüden Sie schneller als sonst, fühlen Sie sich schlapp
und abgeschlagen, unkonzentriert?“
„Was wäre, wenn es dazu käme? Sie könnten mir
auch nicht helfen. Ebensowenig wie der kleinen Langdon.“
Kilroy zuckte die Achseln und meinte: „Es
gibt Dinge, da sind wir machtlos und hilft nur noch die Hoffnung auf ein
Wunder, und Wunder hat es in der Krankengeschichte schon mehr als einmal
gegeben.“
„Sie sehen also - wenn ich Ihre Worte richtig
interpretiere - keine Chance mehr, Peggy Langdon durchzubringen?“
„Wenn Sie mich so direkt fragen, muß ich mit ,nein‘ antworten, Mister Brent. Ihr Körper reagiert
nicht mehr normal. Sie ißt und trinkt ausreichend, hat kein Fieber, und doch
zehrt sie aus. Es gibt keine Erklärung für ein solches Verhalten, keine
Bezeichnung für diese Krankheit.“
„Wäre es nicht besser, sie in eine Klinik zu
überweisen?“ stellte Morna die Frage.
„Das sagte ich mir auch schon bei Mrs. Brown.
Ich machte ihr selbst den Vorschlag, aber davon wollte sie nichts wissen. Sie
sagte zu mir, entweder würde sie hier gesund oder sonst nirgendwo. Krankenhaus
kam überhaupt nicht in Frage. Wenn ich jetzt so zurückdenke, weiß ich, daß auch
Spezialisten ihr nicht helfen konnten. Eine Krankheit, die es nicht gibt, kann
man nicht heilen.“ Er seufzte, griff nach seiner Tasche und ließ den Verschluß
zuschnappen, nachdem er sein Stethoskop darin verstaut' hatte. „Aber warten wir
erst mal den morgigen Tag ab. Jeder Fall ist anders. Peggy Langdons Zustand hat
sich seit gestern nicht verändert. Er ist nicht besser, aber auch nicht
schlechter geworden. Und das ist eigentlich schon ein Silberstreifen am
Horizont.“
●
Unmittelbar nach Dr. Kilroys Abfahrt machte
auch Larry Brent sich auf den Weg.
Sein Ziel war die Apotheke. Dort wollte er
ein Rezept einlösen, das Dr. Kilroy für Peggy Langdon ausgeschrieben hatte. Ein
reines Kräftigungs- und Vitaminmittel. Mehr konnte er nicht tun.
Larrys Ziel wäre sowieso an diesem Vormittag
die Apotheke gewesen.
Der Inhaber war ein pausbäckiger Herr mit
streng gescheiteltem Haar. Er ging etwas gebückt. Offenbar hatte er ein
Rückenleiden.
Larry löste das Rezept ein und verwickelte
den Apotheker in ein Gespräch.
Er redete offen über seine Kenntnisse, daß er
zu Besuch sei bei Peggy Langdon und durch Kilroy gehört hätte, was vor einem
Jahr mit seiner Frau passiert sei. Larry wies auch darauf hin, daß er sich
vorgenommen habe, dem Spuk ein Ende zu bereiten. Wenn es wirklich übersinnliche
Vorgänge gab, dann wollte er sie klären.
. „Lassen Sie die Finger davon, tun Sie es
nicht“, warnte Mister Brown ihn. „Das haben schon andere versucht. Auch meine
Frau war sehr neugierig und hat ihren Wissensdurst mit dem Leben bezahlt.“
Sie kamen ins Gespräch, in dessen Verlauf der
Apotheker seinen Besucher in einen Nebenraum bat, in dem sie sich in Ruhe und
bei einem Sherry weite unterhielten.
Mister Browns Augen schimmerten feucht, wenn
er von seiner Frau erzählte und ihre Leiden schilderte.
Er zeigte Fotos.
Francis Brown war eine ausgesprochen hübsche
und attraktive Frau gewesen. Sie gefiel Larry auf den ersten Blick.
„Das sind Aufnahmen vom Sommer letzten
Jahres. Wir haben Urlaub in London gemacht.“
Drei Monate später folgten die letzten Fotos
der Kranken. Sie hatte eingefallene Wangen und tiefliegende Augen. Eine
Aufnahme entstand unter einem Birnbaum. Neben Mrs. Brown war ein Mann zu sehen.
Irgendwie kam Larry dieser Mann bekannt vor. Im ersten Moment wußte er nicht,
wohin er dieses Gesicht tun sollte. Doch plötzlich überlief es ihn siedendheiß.
Aber das konnte nicht sein! Dieses Bild mußte
doch viel älter sein und konnte unmöglich aus dem letzten Jahr stammen.
„Das ist Dr. Kilroy, den Sie auch kennen“,
erläuterte Apotheker Brown.
„Aber - darauf wirkt er so jung. Mindestens
zehn Jahre jünger. Und doch ist die Aufnahme gerade ein Jahr alt.“
Spannkraft und Elastizität strahlten von dem
Körper aus. Die Haut war frisch und glatt, das Haar grau, so wie heute.
Wie konnte ein Mensch innerhalb eines Jahres
in diesem Ausmaß altern?
„Kilroy ist ein guter Arzt“, fuhr Brown fort.
„Wir haben ständig miteinander zu tun, das
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