1132 - Hexenfalle Bamberg
bestimmt noch mal. Dann können wir auch ein Glas Bier zusammen trinken gehen.«
»Mal schauen.«
»Na ja, nun stellen Sie sich nicht so an, Herr Kommissar. Nehmen Sie es locker.«
»Ich bemühe mich.«
Der Richter winkte Uwe Hinz noch einmal zu. Er schnappte sich seine Aktentasche von einem Stuhl und verließ den Raum. Zurück blieb ein sehr nachdenklicher Kommissar, der sich fragte, ob er nicht Gespenster sah, wo es keine gab.
Das Anrufen des Teufels durch diese Person hatte ihn schon erschüttert. Das war verdammt tief gegangen, zu tief sogar. Er befürchtete, daß dieser Fall nicht beendet war und erst richtig begann oder in die zweite Phase eintrat.
Wie vor nicht allzulanger Zeit, als der Sensenmann erschienen war. Zuerst hatte er es auch nicht glauben wollen und war schließlich eines Besseren belehrt worden. Noch jetzt sah er sich über den Platz vor der Kirche gehen, die Sense geschultert. Mehr war von der schrecklichen Gestalt nicht zurückgeblieben. Und diese Sense stand nicht in einem Museum, wie er es eigentlich vorgehabt hatte, sie war in der Asservatenkammer der Polizei untergebracht worden.
Er hatte den Eindruck und darunter litt er beinahe, daß die Ruhe in der Stadt vorbei war und eine blutige Vergangenheit in die Gegenwart hineinstrahlte, denn hier hatte man die Hexenjagd als Gewerbe betrieben. Im Jahre 1652 war sogar für die verdächtigen Hexen ein Gefängnis gebaut worden. Das Haus gab es nicht mehr. Heute wurde an dieser Stelle der Markt abgehalten, und darunter befand sich eine Tiefgarage.
Loretta Lugner hatte sich selbst als Hexe bezeichnet. Drei Frauen waren ihr zum Opfer gefallen. Sie hatte auf besondere Art und Weise für deren Tod gesorgt. Die Umstände der Taten war mehr als rätselhaft gewesen. Noch heute waren sie nicht genau durchleuchtet worden. Doch das Geständnis hatte eben ausgereicht.
Der Fall würde noch ein Nachspiel haben. Da war sich der Kommissar sicher. Und es würde in eine Richtung laufen, die ihm und den anderen Menschen nicht gefallen konnte.
Man wußte auch zu wenig über die Person. Man kannte keine Hintergründe. Sie hatte auch dazu geschwiegen und nur zugegeben, daß sie die drei Frauen umgebracht hatte. Selbst über die Motive hatte sie keine Auskunft gegeben.
Nachdem ein langgezogenes Seufzen über seine Lippen gedrungen war, drehte er sich um und verließ den Saal. Er hoffte, daß ihm keine Presseleute auflauerten, denn er wollte an diesem Tag seine Ruhe haben, auch wenn diese trügerisch war…
***
Loretta Lugner hatte alles mit sich machen lassen. Sie war in den Transporter geführt worden, in dem sie allein auf der Bank saß. Man hatte sie nicht angekettet, aber die Handschellen waren schon geblieben. Und sie vergaß auch nicht die Blicke des Fahrers und des Beifahrers, die über ihren Körper geglitten waren. Ihre Gedanken konnte sie sich leicht vorstellen. Innerlich lächelte sie, äußerlich aber blieb sie gelassen.
Sie waren dann gefahren. Loretta saß im ausbruchsicheren hinteren Teil des Wagens und hatte den Blick erhoben, um zu den schmalen Fenstern zu schauen, die sich im oberen Drittel abmalten. Sie sah auch das Auge der Kamera, die jede ihrer Bewegungen überwachte. Der Beifahrer sah das Bild dann auf dem Schirm. Sie konnte sich vorstellen, wie er glotzte. Für einen Moment spielte sie mit dem Gedanken, sich auszuziehen und zumindest einen durcheinander zu bringen, aber das war nicht nötig. Für sie stand fest, daß sie das Zuchthaus nie erreichen würde.
Die graue Kleidung paßte ihr nicht. Die Jacke, die Hose, alles aus schwerem Stoff gefertigt. Da war sie andere Dinge gewohnt, wenn sie durch die dunklen Nächte gegeistert war und sich vom Mondlicht hatte baden lassen.
Jeder Mensch besitzt Helfer und Freunde. Das war auch bei ihr nicht anders. Nur war ihr Freund eben etwas ganz Besonderes. Und er hatte ebenfalls viele Freunde, die sie nicht im Stich lassen würden. Davon war sie überzeugt.
Der Fahrer fuhr nicht sehr schnell. Er hielt sich an das Tempolimit. Wenn sie durch das Fenster oben schaute, war nicht sehr viel zu sehen. Ein Stück grauer Himmel. Hin und wieder durchzogen von weichen Schatten. Wahrscheinlich das Astwerk irgendwelcher Bäume. Bamberg hatten sie schon verlassen, und Loretta wartete darauf, daß etwas passierte. Zu weit wollte sie auch nicht vom Ort weg sein. Um ihn herum gab es genügend Wälder, in denen sie sich für kurze Zeit verstecken konnte, bevor sie den zweiten Teil ihres Plans durchzog.
Etwas
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