1132 - Hexenfalle Bamberg
einige Sekunden ab, ob sich der Laut wiederholte, aber es tat sich nichts. Die Stille war zurückgekehrt.
Der Richter gehörte zu den gewissenhaften Menschen. Er wollte nachschauen, was da passiert war.
Da hier keine Kokospalmen wuchsen, die ihre Früchte abwarfen, mußte das Wagendach von einem anderen Gegenstand getroffen worden sein, und das wollte er herausfinden.
Schottenrammer schnallte sich los und stieß die Tür auf. Es war kalt, es war feucht. Ein leichter grauer Dunst hing über der Landschaft wie eine dünne Gardine.
Schwerfällig kletterte der Richter aus dem Wagen. In der Kühle fror er. Zwei Schritte ging er vom Wagen weg, schaute über das Dach und sah tatsächlich die Kratzer, die sich im dunkelblauen Lack abmalten. Da mußte etwas aus großer Höhe heruntergefallen sein, das er jetzt nicht mehr sah. Irgendein schwerer Gegenstand, den er suchen wollte. Nach dem Aufprall mußte er weggetickt sein und vielleicht noch in der Nähe liegen.
Er wollte um den Wagen herumgehen, erreichte auch die Höhe des Kofferraums, als er plötzlich von einer weiblichen Stimme angesprochen wurde.
»So sieht man sich wieder, Herr Richter!«
Schottenrammer hatte das Gefühl, innerlich zu Glas zu werden. Er konnte und wollte es nicht glauben. Diese verdammte Stimme, das… das… war unmöglich. Sie konnte nicht hier sein. Sie mußte längst eingeliefert worden sein.
Er hob den Kopf. Er hörte das Rascheln und sah, wie die Sprecherin aus dem Waldrand trat.
Es war Loretta Lugner!
***
Der Richter war zur berühmten Salzsäule erstarrt. Seine Gedanken überschlugen sich.
Ausbruch! Es mußte ihr gelungen sein, aus dem Transporter auszubrechen und die beiden Begleiter zu überwältigen. Und dann war sie… ja, was war dann geschehen? Wie hatte sie so schnell hierhin kommen können. Und vor allen Dingen: woher hatte sie gewußt, daß sie genau an diesen Ort gelangen mußte?
Es waren so viele Ungereimtheiten in seiner Rechnung enthalten, daß er nicht fähig war, zu einem klaren Ergebnis zu gelangen. Logisch und nachvollziehbar war dies nicht. Das mußte schon mit dem Teufel zugehen, das…
Er erschrak über sich selbst. Auch er hatte den Vergleich mit dem Teufel nicht gescheut. Und das wiederum erinnerte Schottenrammer an die letzten Worte der Mörderin.
Sie kam lächelnd näher. Sie stieg durch das Gras am Waldrand. Es waren Geräusche zu hören. Sie war also kein Geist und kein Gespenst, das sich lautlos bewegte.
Endlich konnte sich der Richter wieder bewegen. Er fühlte sich so verdammt einsam und verlassen.
Hilfe konnte er nicht erwarten, denn der Fahrer des geparkten Lastwagens schlief vermutlich tief und fest. Ein anderes Auto fuhr den Parkplatz nicht an.
Sie blieb lächelnd vor ihm stehen. »Damit hast du wohl nicht gerechnet, Richter?«
»N… ein…«, gab er zu.
»Ich weiß. Aber ich habe dir etwas versprochen oder gesagt. Dir und den anderen im Gerichtssaal. Genau das habe ich eingehalten. Man kann mich nicht einsperren. Man kann mich auch nicht so richtig töten, verstehst du das? Ich bin immer besser, denn ich stehe unter einem besonderen Schutz, unter dem des Teufels.«
»Hör auf damit.«
»Nein, warum?«
»Wie bist du freigekommen?«
»Das ist meine Sache. Aber du wirst es bald selbst erfahren.« Sie kam noch näher und schaute ihn aus ihren dunklen Augen an, als wollte sie auf den Grund seiner Seele blicken.
Schottenrammer konnte dem Blick nicht ausweichen. Er war so zwingend, und er wunderte sich nur, daß er ihm bei der Verhandlung noch nicht so aufgefallen war.
Dann blieb Loretta stehen. Sie stemmte die Hände in die Seiten. Der leichte Wind wehte gegen ihr langes schwarzes Haar und spielte damit.
Sie war eine verdammt attraktive junge Frau, aber sie war auch kalt wie Stein. »Niemand kann mich stoppen«, flüsterte sie. »Niemand. Ich habe mir geschworen, nicht eher aufzuhören, bis ich mein Ziel erreicht habe. Es ist wunderbar, wenn man das kann und dabei einen mächtigen Helfer zur Seite hat.«
Schottenrammer hatte sich wieder gefangen. Er war zwar stockkonservativ, aber auch ein Realist. Er hatte den ersten Schock überwunden und weigerte sich, darüber nachzudenken, wieso es der Person gelungen war, ihn zu finden. Das mußte alles genau geplant gewesen sein, und bestimmt hatte sie Helfer gehabt, denn so etwas schaffte man nicht allein. Eines stand für ihn fest. Sie durfte nicht länger in Freiheit bleiben und mußte dorthin, wo sie hingehörte.
»Gut«, sagte er, und seine
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