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1133 - Der Mönch mit den Totenaugen

1133 - Der Mönch mit den Totenaugen

Titel: 1133 - Der Mönch mit den Totenaugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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strecken. Er vertraute darauf, daß sein Besucher alles genau sehen konnte. Ihm machte die Dunkelheit nichts aus.
    Etwas Kaltes und zugleich Zähes kroch über die Handfläche des Mönchs hinweg. So etwas hatte er noch nie gefühlt, und er versteifte sich. Er konnte es auch nicht beschreiben, jedenfalls steckte er voller Ekel.
    »Es ist ein Pakt!« flüsterte der Teufel.
    »Ja, ich halte mich daran.«
    »Gut, Aslan. Und nun wirst du mir geben, was ich von dir verlange. Das war abgesprochen.«
    »Und was ist es?«
    »Deine Augen!«
    ***
    Aslan wollte schreien. Er war nicht einmal fähig, auch nur einen geringen Teil von dem zu glauben, was ihm sein unheimlicher Besucher gesagt hatte. Es war einfach zu furchtbar für ihn. Dieser andere wollte von ihm die Augen! Licht. Die Fähigkeit, sehen zu können. Unterscheiden, ob es hell oder dunkel war. Etwas Schlimmeres hätte er sich nicht ausdenken können.
    In einer ersten Reaktion riß Aslan die Hände vors Gesicht. Der Teufel lachte nur kalt.
    »Der Pakt ist geschlossen, Aslan. Du kommst nicht aus ihm heraus. Nicht mehr lebend. Ich kann dich auch töten. Jetzt und hier. Ich kann dich vernichten und dein Fleisch…«
    »Neinnnn!« brüllte der Mönch in die Finsternis hinein. »Ich will nicht sterben!«
    »Dann nehme ich mir deine Augen!«
    Der Mönch fühlte sich schwach. Er saß da, er schwankte. Eine wahnsinnige Angst spülte durch seinen Körper und raubte ihm jegliches Denkvermögen. Er war nicht mehr er selbst. Zuerst hatte die Zigeunerin ihr Netz gesponnen, und nun war der Teufel an der Reihe.
    Die Kälte hüllte ihn ein. Wieder war die Klaue da. Sie legte sich auf seine Brust und drückte den Gefangenen zurück, so daß er schließlich auf dem Rücken lag.
    Der Teufel war über ihm. Aslan sah ihn nicht, er spürte ihn nur. Es war der Druck ohne Körper, der eigentlich nur aus dieser nicht nachvollziehbaren Kälte bestand.
    »Zuerst die Augen, Aslan - deine Augen…« Die Stimme wehte über sein Gesicht hinweg.
    Im nächsten Augenblick erlebte der Mönch im wahrsten Sinne des Wortes die Hölle…
    ***
    Die Mönche hatten sich zur Beratung zurückgezogen. Im Kreis saßen sie zusammen. Es herrschte eiserne Disziplin, und niemand wagte es, das Wort zu ergreifen, weil der Abt es noch nicht erlaubt hatte.
    Sein Stuhl mit der hohen Lehne stand auf einem nicht sehr hohen Podest. Er brauchte nur eine Stufe zu gehen, um seinen Platz zu erreichen. Das düstere und bärtige Gesicht wurde selbst vom Schein der in den hohen Eisenhaltern stehenden Kerzen kaum erhellt, so daß die Gestalt mehr wie eine Schattenfigur wirkte. Eingefroren, ohne sich um einen Millimeter zu bewegen.
    Es herrschte tiefes Schweigen.
    Bis der Abt nickte. Er bewegte nur einmal seinen Kopf nach vorn, aber jeder der Wartenden glaubte, mit der Bewegung gemeint zu sein. Im Bartgestrüpp öffneten sich die Lippen.
    »Wir haben alles erlebt, wie unser Bruder Aslan gefehlt hat. Er wußte, was er sich und uns damit antat. Er kennt die Regeln, und er kennt auch die Strafen, die wir verhängen, wenn gegen diese Regeln verstoßen wird. Deshalb werden wir so vorgehen, wie es in den Statuten der Anfänge dieses Ordens niedergeschrieben wurde. Bruder Aslan wird nie mehr die Möglichkeit erhalten, je wieder einer weiblichen Person über den Weg zu laufen.«
    Nach dieser Einführung legte der Abt eine Pause ein. Er wollte die Worte einwirken lassen.
    Er forschte in den Gesichtern der anderen. Sie alle wurden vom Schein der Kerzen gestreift und nie deutlich aus dem dunkleren Hintergrund hervorgeholt. Dafür tanzten helle Flecken über den Steinboden hinweg und sahen manchmal aus wie im Material schwimmende Gestirne.
    Als ungefähr eine Minute vergangen war und niemand etwas gesagt hatte, stellte der Abt seine nächste Frage: »Hat jemand aus dieser Runde etwas zur Verteidigung unseres Bruders zu sagen?«
    Die Antwort bestand aus tiefem Schweigen.
    Der Abt wollte sichergehen, und deshalb stellte er die Frage ein zweites Mal. Niemand aus der Gruppe regte sich. Keine Hand wurde erhoben, keine Sandale scharrte über den Boden. Die Totenstille blieb.
    Abermals nickte der Abt. »Ich habe eure Reaktion verstanden. Sie ist eine Zustimmung. Bruder Aslan wird für seinen Frevel büßen. Er wird bis zu seinem Ableben im Verlies bleiben. Wir können nur den Allmächtigen bitten, seiner Seele gnädig zu sein, wir haben diese Macht nicht, denn wir sind Menschen. Aber wir sind auch Menschen mit festen Regeln, die schon seit Jahrhunderten

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