1135 - Cathys Friedhof
nicht verheiratet. Sie lebten auch nicht in einer normalen Beziehung.«
»Was heißt normal?« fragte ich.
»Nun ja. Sie hatten keine Frauen als Partner. Beide sind homosexuell gewesen.«
Suko und ich schauten uns an. Wahrscheinlich dachte Suko das gleiche wie ich. Da irrte ein Killer durch die Stadt, der es auf Homosexuelle abgesehen hatte. Wir konnten jetzt vermuten, daß auch Melvin Monkfort so gewesen war.
»Ein Killer, der schwule Männer tötet«, murmelte ich vor mich hin.
»Kein normaler, John.« Tanner hob einen Finger. »Ich habe einfach das Gefühl, daß diese Mordfälle für mich abgeschlossen sind. Hier geht es um andere Dinge. Wie gesagt, unsere Spezialisten haben keine Säurespuren entdeckt, und doch sehen die Toten so aus, als hätten sie ein Bad in Säure genommen. Das ist es, was mich bald wahnsinnig macht. Wir treten auf der Stelle.«
»Hast du mit Bekannten und Freunden gesprochen?« erkundigte sich Suko.
»Ja. Wir haben einige gefunden. Leider lebten beide Männer nicht in festen Beziehungen. Ihre lockeren Bekanntschaften gingen nicht tief in das Privatleben hinein. Irgendwie war doch jeder ziemlich allein.«
»Vielleicht haben wir bei Melvin Monkfort mehr Glück«, sagte ich.
»Ich drücke euch die Daumen.«
Da wir schon den Namen hatten, würde es nicht schwer sein, eine Adresse herauszufinden. Tanner versprach, uns auf dem laufenden zu halten, sollte sich etwas Neues bei ihm ergeben. So ganz aussteigen aus den Fällen wollte er nicht.
Suko und ich verließen den Fundort. Beide machten wir wenig fröhliche Gesichter…
***
Slade stand da und traute sich nicht, das Dach an einer bestimmten Stelle anzufassen. Deutlich sah er den Abdruck der Hand. Für ihn war er eine Warnung. Eine allerletzte.
Wie war es möglich, daß jemand so etwas hinterlassen konnte? Slade stand vor einem Rätsel. In seinem Kopf rumorte es. Er fühlte sich so hilflos. Er war zugleich wütend.
Auf der anderen Seite hatte er Cathy erlebt und damit auch ihren Zauber. Er war wahnsinnig stark gewesen. Er hatte diese Frau gemietet, denn sie lebte davon, Männer zu begleiten. Sie war so etwas wie eine Walkerin. Keine Hure, sondern eine Person, die mit zu Veranstaltungen ging. In die Oper, in das Theater, zum Konzert, zu Festen und Einladungen, wo Partnerinnen erwünscht waren. Er hätte sie noch gern mit ins Bett genommen, er hatte ihr sogar erklärt, sie heiraten zu wollen, obwohl er ein gebrannter Mensch hätte sein müssen, denn hinter ihm lagen einige kaputte Beziehungen. Es hatte nicht immer an ihm gelegen, auch die Frauen hatten einen gewissen Teil an Schuld getragen.
Slade schüttelte den Kopf. Der Mantel, den er trug, war nicht besonders dick. Der Stoff hielt die Kälte kaum ab. Sie kroch unter sein Jackett und auch unter das Hemd.
Bernie Slade war niemand, der so schnell kapitulierte. Auch jetzt wollte er das trotz dieser unwahrscheinlichen Begebenheit nicht tun. Die Frau mit dem Namen Cathy reizte ihn einfach. Sie beide waren als letzte Gäste gegangen. Bernie hatte so lange wie möglich bei ihr bleiben wollen.
Wenn ich mich jetzt in den Wagen setze und abfahre, ist die Sache gelaufen, dachte er. Dann sehe ich sie nie wieder und habe nur den Abdruck der Hand als Erinnerung auf meinem Wagendach.
Genau das wollte er nicht. Slade fühlte sich herausgefordert. Diese Frau sollte nicht verschwinden, als hätte es sie nie gegeben. Zudem noch auf einem alten Friedhof.
Deshalb gab er sich einen Ruck und nahm die Verfolgung auf. Friedhöfe waren ihm schon als kleiner Junge unheimlich gewesen. Das hatte ich bis heute nicht geändert. Allerdings war dieser hier kein normaler Friedhof. Mehr ein privater Platz für Tote, der einem Park glich. Hier wurde auch niemand mehr begraben.
Cathy war nicht mehr zu sehen. Die Dunkelheit und der Dunst hatten sie verschluckt.
Es war still um Slade herum. Nur die eigenen Schritte waren zu hören. Das Zerknirschen des gefrorenen Laubs kam ihm überlaut vor.
Die hohen Bäume waren zu Schattengestalten geworden, die auf ihn wie gefrorene Gespenster wirkten. Um diese Zeit verirrte sich niemand in diesen kleinen Park. Es war so anders geworden. Unheimlich. Er sah nichts Bedrohliches, trotzdem lag ein Schauer auf seinem Rücken. Er blickte sich beklommen um. Er rechnete mit dem Schlimmsten, und er hatte das Gefühl, die normale Welt hinter sich gelassen zu haben.
Cathy! Der Name ging ihm ständig durch den Kopf. Er wußte nicht einmal wie sie weiter hieß. Cathy hatte für den
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