1136 - Das Blut der Bernadette
Blicken kam die Reaktion. Sie merkte, welch ein Glück wir gehabt hatten, und dieses Wissen ließ sie zittern. Mir erging es ähnlich, denn auch ich hatte weiche Knie bekommen und stand nur mühsam auf.
Aber ich dachte auch an die Gestalt, die die verdammte Granate geschleudert hatte. Sie war wie ein Schatten gekommen. Ganz in schwarz. Ein horrorähnliches Monstrum. Vielleicht verkleidet oder wie eine Gestalt aus der Hölle.
Von der Eßecke war nicht mehr viel zurückgeblieben, Trümmer vom Tisch, den Stühlen und der Eßbank. Dazwischen lagen Scherben. Die Druckwelle hatte auch den Kamin geleert, aber nichts in Brand gesteckt. Auf dem Steinboden qualmte nur die heiße Asche.
Die Schränke hatten dem Angriff ebenfalls nicht standhalten können. Sie waren an den Vorderseiten zumindest zerfetzt, und die Wucht der Explosion hatte auch das Geschirr von den Regalen geholt und es auf dem Boden zerplatzen lassen.
Ich war sehr vorsichtig, als ich zu einem der zerstörten Fenster ging. Wir mußten damit rechnen, daß der Granatenwerfer zurückkehrte, um sich vom Erfolg seines Angriffs zu überzeugen, doch in den folgenden Sekunden tat sich nichts in dieser Richtung. Nur der Staub senkte sich allmählich, und mein Gehör verbesserte sich allmählich.
Zum Glück hatte ich in meiner Kindheit und auch in der Jugend Fußball gespielt. Nicht auszudenken, wenn es mir nicht gelungen wäre, die verdammte Handgranate schon beim ersten Tritt zu treffen. Da wären wir wirklich zerrissen worden.
Der Blick nach draußen war frei. Der leere Hof, etwas enttäuschend, doch ich hatte nichts anderes erwartet. Wenn der Werfer noch da war, hielt er sich versteckt. Das war leicht, denn er brauchte nur in den Geräteschuppen eingetaucht zu sein.
Nichts bewegte sich. Ich hörte Janes Schritte. Sie kam auf mich zu. Dicht hinter mir blieb sie stehen und legte mir eine Hand auf die Schulter.
»Ich sehe nichts.«
»Das wußte ich. Aber sie werden kommen. Oder er wird kommen. Er ist wie ein Schatten gewesen, und ich frage mich, ob ich ihn als Mensch ansehen muß.«
»Ich weiß es nicht, Jane. Ich habe das gleiche gesehen wie du und kann dir nicht mehr sagen.«
»Das waren Menschen, John.«
»Ja und?«
»Keine Dämonen.«
»Hast du damit gerechnet?«
»Ich rechne mit allem.«
Meine Augen waren in Bewegung, und ich ließ die Blicke bis hin zu den beiden parkenden Wagen gleiten. Sie standen einsam da und waren nicht angerührt worden. Ich sah auch kein drittes Fahrzeug. Wer immer die Granate geworfen hätte, er hatte sich angeschlichen oder war mit einem Fahrzeug gekommen, das irgendwo versteckt stand.
»Sie haben uns unter Beobachtung gehalten, John. Sie wußten über alles Bescheid. Vermutlich sind sie noch hier. Und es wird verdammt schwer werden, zu unseren Autos zu kommen.«
»Vielleicht können wir ihn oder sie auch hier stellen. Ich denke, daß sie sich davon überzeugen wollen, ob sie Erfolg gehabt haben.«
»Ich weiß nicht so recht…«
Bei den anderen war es einfacher gewesen. Rita hatte sich bestimmt nicht wehren können, und das Ehepaar auch nicht. Bei uns war es etwas anderes. Sie hatten sich nicht herangetraut. Deshalb auch die Handgranate.
Nach einer weiteren Minute wurde die Stille von einem Geräusch unterbrochen. Da es draußen aufgeklungen war, hörten wir es durch die offenstehende Tür.
Dort fuhr jemand weg. Nicht mit einem Auto, sondern mit einem Motorrad. Das Knattern war nicht zu überhören, aber der Schall wehte über den Geräteschuppen hinweg. Da irgendwo mußte das Motorrad geparkt worden sein.
Jane Collins stieß den Atem zischend aus. »Das ist es dann wohl gewesen«, sagte sie leise.
»Ich hoffe es.«
»Gehen wir?«
»Sicher. Das Kloster wartet.«
»Moment, John. Stell dir kein Klöster vor. Es ist mehr ein Heim. Es wird nur von Nonnen geleitet, wobei die Oberin Bernadette die Chefin ist. Wie alle anderen auch fungiert sie ebenfalls als Lehrerin und Verwaltungsperson. Sie gibt Unterricht, sie ist streng, aber auch menschlich, so kam sie mir zumindest vor.«
»Hast du deine Meinung geändert?« fragte ich.
»Nein. Zur Sache hat sie nicht viel gesagt. Das ist eben die andere Seite.«
»Und du bist überzeugt, daß sie mehr weiß.«
»Ich kann es mir vorstellen.« Jane zog die Tür weiter auf. »Hier liegen zwei Tote im Haus. Willst du die Kollegen rufen, damit sie herkommen und mit der Spurensuche anfangen?«
»Ich müßte es«, sagte ich.
»Schön. Aber tust du es nicht?«
»Nein, es könnte
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