1137 - Einer gegen Terra
Haystangir bekannt gemacht und fand sie ebenso zurückhaltend und scheinbar frei von menschlichen Emotionen wie Gunnyr.
Von Terrania aus waren inzwischen eine Reihe von Vorbereitungen getroffen worden.
Gunnyr Brindarsson standen sämtliche Hilfsmittel der örtlichen Sektion der Maritime Patrol zur Verfügung. Er sah sich im Lager für technische Geräte um und entschied sich für zwei Spezialroboter, die für den Einsatz auf dem Tiefseeboden konstruiert waren. Die Unterbringung der beiden Maschinen machte gewisse Umbauten an der ALSÖER erforderlich. Diese wurden binnen vierundzwanzig Stunden erledigt. Am Nachmittag des 26. Oktober stach das Tauchboot in See. Das Steuer überließ Gunnyr dem Autopiloten.
Die Daten des letzten Ausflugs in die unterseeische Berggegend südöstlich von Port Hobart waren noch vorhanden. Die ALSÖER ging auf zwanzig Meter Wassertiefe und strich mit einer Geschwindigkeit von achtzig Knoten dahin. Friiya Asgeirsson wich nicht von ihren Instrumenten. Gunnyr hatte ständig dies oder jenes zu tun und entledigte sich seiner Aufgaben, ohne ein einziges Wort zu sagen. Der einzige, der vorläufig alle Hände frei hatte, war Jallur Haystangir, ein knorriger alter Mann mit weißblondem Haar, gefurchter Stirn und wachen, hellblauen Augen.
Nachdem anderthalb Stunden vergangen waren, ohne daß jemand nur einen Laut von sich gegeben hatte, hielt Racquel es nicht mehr aus. Sie wandte sich an Jallur.
„Seid ihr immer so schweigsam?" fragte sie.
Er erwiderte ihren Blick ohne Verständnis.
„Kaffee?" sagte er. „Willst du Kaffee?"
Die Reaktion erschien ihr so komisch, daß sie hell auflachte. Friiya wandte sich um und musterte sie verwundert.
„Kaffee ist in Ordnung", sagte Racquel.
Jallur stand auf und zapfte einen Becher dampfender, brauner Brühe aus dem Getränkeautomaten. Er reichte ihn Racquel.
„Danke", sagte sie.
„Hmmmrrrmmm", machte Jallur.
Sie kostete das Getränk. Es war nicht besser und nicht schlechter als das Gesöff, das man anderswo aus billigen Automaten leierte. Sie unternahm einen neuen Versuch.
„Woher kommst du, Jallur?" fragte sie.
„Itseqqortoormiit", antwortete er.
Sie war nicht sicher, wie ernst die Antwort zu nehmen sei. Wollte er sie auf den Arm nehmen?
„Wo ist das?" erkundigte sie sich. „Island?"
„Ostgrönland. Hieß früher Scoresbysund. Vor langer Zeit."
„Man spricht dort nicht viel, wie?" Als sie sah, daß Jallur ihren Becher musterte, winkte sie lachend ab. „Nein, danke - ich hab' noch genug Kaffee."
„Du hast recht", meldete sich Friiya unerwarteterweise. Ohne den Blick von ihren Instrumenten zu wenden, fuhr sie fort: „Wir reden nicht viel. Du bist anders, nicht wahr?
Woher stammst du?"
„Armenien", antwortete Racquel.
„Heiß, temperamentvoll - gesprächig. Habe ich recht?"
Racquel antwortete nicht sofort. Sie lauschte hinter den Worten drein. War da eine Spur von Feindseligkeit? Schwer zu sagen. Konnte es sein, daß Friiya ihre Anwesenheit mißbilligte, weil sie ... weil sie selbst hinter Gunnyr her war? Es war nicht leicht, sich auszumalen, daß innerhalb dieser eisigen Gruppe zwischenmenschliche Neigungen sprießen könnten. Auf der anderen Seite: Es gab Nordmänner sehon seit fünftausend Jahren, und sie ließen keine Tendenz erkennen, daß sie in Kürze aussterben würden.
Irgendwie fanden nordische Frauen und Männer also doch zusammen. Wie wollte ausgerechnet sie beurteilen können, ob es zwischen Friiya und Gunnyr „etwas gab" oder nicht?
„Gesprächig auf jeden Fall", beantwortete sie Friiyas Frage.
„Ich wollte, wir könnten dich hier behalten", seufzte die hochgewachsene, kräftige Frau.
„Manchmal sehne ich mich nach ein paar Minuten belangloser Unterhaltung."
Racquel war überrascht. Das klang ehrlich. Sie hatte Friiya falsch eingeschätzt. Sie wollte antworten, aber Jallur Haystangir kam ihr zuvor.
„Hör auf mit dem Gewäsch, Mädchen", brummte er. „Siehst du das grüne Geblinke nicht?"
Der Autopilot zeigte an, daß die ALSÖER über dem Zielgebiet angekommen war. Jallur stemmte sich in die Höhe und nahm seinen Platz am Steuer ein.
*
Sie waren mit geringer Fahrt über die Stelle hinweggeglitten, an der das Robotboot sein unerwartetes Ende gefunden hatte. Die Trümmer waren inzwischen von der Maritime Patrol geborgen worden. Man wollte genau wissen, auf welche Weise das Fahrzeug zerstört worden war. Um den Ort, von dem der unidentifizierte Orterreflex kam, hatte sich die Patrol jedoch
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