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1139 - Das Herz der Jungfrau

1139 - Das Herz der Jungfrau

Titel: 1139 - Das Herz der Jungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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zwischen Himmel und Erdboden, wie die Seele eines Verstorbenen. Für einen Moment dachte er wirklich daran, dass es Gabrielas Seele war, die den Körper verlassen hatte und gen Himmel schwebte.
    Nicht bei diesem Licht. Sein Weg führte nicht von unten nach oben, sondern von oben nach unten. Es war jemand, der sich ihnen näherte, der noch weit entfernt, aber trotzdem so nah war und plötzlich hinter Jerome stand, wie zum Greifen nah.
    »Da… da …«, flüsterte der Schotte. »Sieh doch …«
    Die Worte erfüllten ihren Zweck. Auf der Stelle drehte sich Jerome herum. Seine Augen weiteten sich. Er schrie leise, dann begann er zu zittern, schlug die Hände vors Gesicht und fiel auf die Knie.
    Deans Blick auf die Gestalt war frei. Er sah sie vom Kopf bis zu den Füßen.
    Aber besaß sie beides überhaupt? Sie war kein Mensch. Sie war eine Gestalt im Licht. Sie war nicht männlich, nicht weiblich, sie war…
    Das plötzliche Begreifen packte ihn mit einer ungeheuren Wucht.
    Jetzt wusste er, wer da vor ihm stand, und er wusste auch, dass es keine Legende war, sondern der reinen Wahrheit entsprach. Er wusste, wer ihm geholfen und den Pfeil abgelenkt hatte.
    In der Tat kein Mensch, sondern ein Engel. Ein Beschützer, ein Erzengel sogar, der auf den Namen Michael hörte.
    Dieser Moment verursachte bei McMurdock einen Schwindel und einen Schauder zugleich. Er war im Moment völlig hilflos, und er dachte daran, auf die Knie zu fallen, beten, sein Haupt verbergen vor dieser wunderbaren Gestalt im strahlenden Licht, die selbst kaum dunkler war. Sie besaß den Körper eines Menschen, und trotzdem wurde sie von einem gewissen Licht durchflutet.
    Michael war der Fürst der himmlischen Heerscharen, der schon den Widersacher des Allmächtigen – Luzifer in die Verdammnis gestürzt hatte. Und er hatte – so erzählte man sich – Johanna von Orléans bei ihrem Kampf zur Seite gestanden. Letztendlich war er vielleicht der große Sieger gewesen. Aber vor dem schrecklichen Flammentod hatte er sie nicht retten können oder wollen.
    Für Dean McMurdock war dieser Jerome nicht mehr wichtig. Er dachte nicht einmal mehr daran, ihn zu töten. In seiner rechten Hand hielt er das Schwert, und er hätte es auch ebenso gut wieder zur Seite werfen können.
    Von der Lichtgestalt ging eine Kraft aus, die für Dean nicht zu begreifen war. Ein Strahlen, nur für das Auge sichtbar. Dahinter jedoch verbarg sich etwas anderes, für das es keine Erklärung gab.
    Nicht für McMurdock. So groß war sein Geist nicht, und er gehörte auch nicht zu den Geistlichen und hohen kirchlichen Würdenträgern, die einen besseren Kontakt zu den Lichtgestalten aufweisen konnten.
    Der Engel schaute auf beide herab. Er war der Sieger, aber er trug weder ein Schwert noch eine Lanze. Waffen, mit denen er sonst abgebildet wurde.
    Beide Männer waren stumm geworden. Die Dunkelheit der nur allmählich fliehenden Nacht lag noch wie ein großer Vorhang hinter der Gestalt des Engels.
    Über Jeromes Lippen drang ein jammernder Schrei, bevor er seine Hände über den Kopf hob und zu einer flehenden Geste zusammenlegte. Er hatte die Augen verdreht, und doch war er gezwungen, auf die Lichtgestalt des Erzengels zu schauen. Etwas anderes gab es für ihn nicht. Er wusste auch, dass er ein Sünder war, der Mörder, und jetzt, wo er spürte, dass jemand erschienen war, um abzurechnen, da schaffte er es nicht mehr, sich auf den Beinen zu halten. Sie knickten unter ihm weg, als hätte er einen harten Schlag erhalten. Vor seinen Augen drehte sich die Welt, und er fiel auf die Knie wie jemand, der um Gnade winselt.
    Der Engel schaute ihn nur an. Er hatte seinen Kopf leicht gesenkt.
    Sehr deutlich erschienen in seinem Gesicht die Augen, die noch heller waren als seine normale Gestalt. Sie glichen Dolchen, deren Metall geschliffen worden war. Augen, die ein Ziel gesucht und gefunden hatten. Die auch strafen konnten.
    Wäre Jerome dem Blick begegnet, er hätte sicherlich geschrieen, so hart war der Ausdruck, doch er hielt sein Gesicht verdeckt und entging der Bestrafung nicht.
    Der Erzengel hatte seinen rechten Arm wie eine Waffe schräg nach vorn gestreckt. Ob er einen der Finger bewegt hatte, das konnte auch McMurdock nicht sagen, aber er sah den Blitz, der gezackt aus der Hand des Strafenden fuhr und den am Boden knieenden Menschen traf. An verschiedenen Stellen des Körpers jagten die Blitzspitzen hinein. Jerome sah aus, als wollte er in die Höhe schnellen, aber er blieb auf den Knien und

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