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1139 - Das Herz der Jungfrau

1139 - Das Herz der Jungfrau

Titel: 1139 - Das Herz der Jungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Lichtgestalt nachschauen. Für ihn war sie nach wie vor ein Wunder.
    Der Engel schwebte zurück. Er glitt lautlos in die Höhe und dabei in die graue Dämmerung des Morgens hinein. Seine helle Gestalt löste sich immer mehr auf, bis sie nur noch ein Fleck war, der zwischen dem grauen Licht schwamm und von ihm aufgesaugt wurde.
    Dean McMurdock, Schotte und Templer zugleich, hielt den Kopf noch immer schräg in die Höhe gerichtet. Sein Gesicht spiegelte tiefe Ehrfurcht wieder.
    Schließlich schaffte er es wieder, sich zu bewegen. Er schüttelte den Kopf. Es war die erste, normale Reaktion. Plötzlich merkte er, dass er noch lebte. Dass er weiterhin auf der gleichen Stelle stand und ihm nichts passiert war.
    Jubelschreie durchtobten ihn. Seine Augen glänzten, als hätten sie etwas von der Strahlenkraft des Engels zurückbehalten. Es war einfach wunderbar für ihn, und er schwor sich in diesem Augenblick, die Aufgabe zu erfüllen.
    Dennoch überlegte er, ob er nicht doch einen Wahrtraum erlebt hatte. Aber er brauchte nur einen Blick nach links zu werfen. Dort lag jemand, der einmal ein Mensch gewesen war. Nun gab es nur einen Rest von ihm. Graue Asche.
    Ihm fuhr durch den Kopf, was er über Engel wusste. Abgesehen davon, dass sie ihm einen gehörigen Respekt einflößten, sah er sie, wie auch die Bibel, als Boten Gottes. Wenn die Seele zum Himmel steigt, so hatte er gehört, fliegen die Engel als Geleitschutz mit.
    Wer aber zur Hölle fährt oder die Qualen des Fegefeuers erleiden soll, hat ebenfalls mindestens einen von ihnen zur Seite. Aber als Racheengel, der sich auch als Engel des Zorns an der Bestrafung der Sünder beteiligte.
    Ihn schauderte wieder, und er blickte sich scheu um. Es war alles, noch so wie er es verlassen hatte. Auch die Reste der Nacht wurden vertrieben. Der Himmel war im Osten schon hell geworden, denn dort breiteten sich die Strahlen der Sonne aus. Aus dem grauen Licht hervor waren auch die Umrisse der Hütte getreten, die er jetzt deutlicher wahrnahm. Er hatte nicht vergessen, was ihm der Engel gesagt hatte. Gabriela wusste mehr. Sie würde ihm sagen können, wo er suchen musste, um das Herz der Johanna zu finden.
    Er ging mit steifen Schritten auf die Hütte zu. Die Hüttentür war fest geschlossen. Wieder musste er sie mühsam aufzerren.
    Die alte Gabriela lag rücklings auf dem Boden und bewegte sich nicht mehr. Aus ihrem Hals ragte der Schaft eines Pfeils!
    Sie ist tot! dachte McMurdock. Sie kann nicht mehr leben! Es ist unmöglich. Jerome hat ihr den Pfeil durch den Hals geschossen. Sie kann nicht mehr leben, der Engel hat sich geirrt. Niemand lebt mehr, wenn er einen Pfeil durch den Hals geschossen bekommt.
    Trotzdem ging McMurdock näher an die Tote heran. Er wusste selbst nicht, weshalb er es tat. Vielleicht wollte er ihr die Augen schließen, um sie nicht mit diesem leeren Blick begraben zu müssen.
    Das sah er einfach als seine Christenpflicht an.
    Die leisen Echos seiner Tritte begleiteten in auf seinem schweren Gang. Es war Zufall, dass Gabriela an einer bestimmten Stelle und in einem bestimmten Winkel zum Fenster lag, das mehr Helligkeit hindurchließ als die anderen Öffnungen. So wurde auch ihr Gesicht getroffen.
    Er kniete sich nieder, und seine Lippen waren hart zusammengepresst. Der Pfeil steckte tief in der schmalen Kehle mit der nicht mehr straffen Haut. Wahrscheinlich war er an der anderen Seite mit der Spitze wieder ausgetreten, das sah Dean McMurdock nicht.
    Aber er sah das Blut, das sich um die Einschussstelle gesammelt und schon eine Kruste gebildet hatte. Zudem war es an beiden Seiten des Halses herab geronnen und berührte den Boden.
    McMurdock nahm sich vor, der alten Frau die Augen zu schließen, dann erst wollte er versuchen, ihr den Pfeil aus der Kehle zu ziehen.
    Seine rechte Hand schwebte bereits über dem Gesicht der alten Gabriela, als er plötzlich einen Schrei ausstieß.
    Die Tote hatte sich bewegt!
    Eine schreckliche Angst lähmte den Kämpfer. Die schlimmsten Geschichten wurden von den Toten erzählt, die nicht tot waren, sondern als scheintot beerdigt wurden. Oder von Toten, die der Teufel persönlich nicht haben wollte und sie in ein unheiliges Leben gehüllt wieder zurück aus der Hölle in das Diesseits hineinstieß. Als er wieder hinschaute, sah er, dass ihre Lippen zuckten und sie ihn anlächelte.
    »Danke, dass du gekommen bist«, sprach ihn die alte Frau an. »Ich freue mich darüber.«
    »Ja, ja.« McMurdock fand plötzlich die Sprache wieder.

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