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114 - Sylphidas Rachegeister

114 - Sylphidas Rachegeister

Titel: 114 - Sylphidas Rachegeister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Brent
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widersprach allen
physikalischen Gesetzen.
    Wer die Geisterwelt aber zu kennen glaubt,
behauptet, daß es in der natürlichen Umgebung unterschiedliche Zeitbegriffe
gab.
    Shawn Reef war das lebende - nun tote -
Beispiel dafür, daß es stimmte.
    Er hatte, bevor Andy Reefs Worte ihn
schockten und ihm die grausame Wirklichkeit vor Augen führten, geglaubt, nur
für einige Stunden fort gewesen zu sein ... Hundertfünfzig Jahre waren daraus
geworden!
    Wo hatte Shawn Reef diese Zeit verbracht? Wie
hatte er sich ernährt?
    Es gab Geisterhöhlen und Geisterinseln ...
War er dort gewesen und hatte seine Zeit mit jenen Wesen verbracht, die sich
den einen zeigten, den anderen aber nicht?
    Reef verließ das Haus im Morgengrauen.
    Die ganze Nacht hatte er schlecht geschlafen,
weil ihn zahllose Gedanken quälten.
    Er stand an der Stelle vor der Haustür, wo
der Alte in der Nacht zuvor aufgetaucht war.
    Andy Reefs Blick ging unwillkürlich auf den
feuchten Boden. In der Nacht hatte es geregnet. Von dem mehlfeinen Staub, der
kurzfristig vom Zerfall des Heimkehrers übrigblieb, war nichts mehr zu sehen.
Regen und Wind hatten die Spuren verwischt.
    Der Maler zog die Tür ins Schloß.
    Er trug einen Regenmantel mit Kapuze.
    Die Luft war trüb und neblig, und vom Meer
wehte eine kühle Brise. Es roch nach Salz.
    Andy Reef ging ums Haus und setzte sich in
das alte, wiederhergestellte Taxi.
    Ratternd sprang der Motor an.
    Reefs Ziel war nicht der Weg zum nahen Meer,
sondern die Straße, die nach Navan führte.
    Dort und in Drogheda hatte er viele Freunde.
    Nach dem nächtlichen Erlebnis hatte er sofort
einige aufgesucht und mit ihnen gesprochen, um ihre Meinung .zu hören. Einer
seiner Gesprächspartner war Pater Patrick gewesen.
    Patrick wohnte im Haus des Gemeindepfarrers,
hielt an Sonn- und Feiertagen manchmal für diesen die Messe und war eine
stadtbekannte Persönlichkeit.
    Er führte ein heiligmäßiges Leben, erzählte
man. Er lebte asketisch, betete mehrere Stunden täglich und hatte vor zwei oder
drei Jahren bei einer Besessenen einen Exorzismus durchgeführt. Erfolgreich
natürlich. Die Frau war seither geheilt und tobte nicht mehr. Der Teufel war
ausgefahren.
    Noch am gleichen Abend, unmittelbar nach der
Auflösung des Heimkehrers, hatte Andy Reef den Pater aufgesucht und ihm alles
berichtet. Patrick war daraufhin mitgekommen, hatte aber keine Spuren des Toten
mehr entdeckt. Etwas verwundert äußerte der Pater sich darüber, und es schien,
als könne er Reefs Schilderung nicht für bare Münze nehmen.
    Alle diese Dinge gingen dem Maler durch den
Kopf, während er sein klappriges, lautstarkes Vehikel durch den trüben Morgen
steuerte.
    Die Wolken hingen tief über den Felsen und
dem bleigrauen Meer.
    Die Straße von der Bucht in die Stadt lag wie
ausgestorben vor ihm.
    Zumindest in den ersten Minuten nach der
Abfahrt.
    Das änderte sich, als Andy Reef die dritte.
Kurve der schmalen Straße hinter sich brachte, die zu beiden Seiten von Alleebäumen
gesäumt wurde.
    Dahinter breitete sich das bewaldete,
hügelige Land aus.
    Andy Reef hatte die Scheinwerfer
eingeschaltet.
    So erblickte er die Gestalt am Wegrand sehr früh ...
    Dort stand ein Mann.
    Das Licht der Scheinwerfer erfaßte ihn und
riß die Gestalt aus dem dräuenden Dunkel.
    Andy Reef stöhnte.
    Der Mann, der dort stand, war niemand anders
- als Shawn Reef !
     
    ●
     
    Der Maler glaubte, eine eisige Hand ergreife
sein Herz.
    »Das gibt es nicht !« entfuhr es ihm. Noch nie im Leben hatte er Selbstgespräche geführt, und es
entging ihm, daß er es tat.
    Er trat auf die Bremse.
    Das schwarze Auto, frisch lackiert und die
chromblitzenden Teile auf Hochglanz poliert, kam drei Meter vor der am
Straßenrand stehenden Gestalt zum Stehen.
    Zwei bis drei Sekunden starrte Andy Reef noch
auf die Erscheinung, die sich von der, die vorletzte Nacht in sein Haus kommen
wollte, nicht im geringsten unterschied.
    Die gleiche zerschlissene Kleidung, Haupthaar
und Bart verfilzt, lang und verwildert...
    Shawn Reef, der Verschollene, der nur für
einige Stunden aus dem Haus gegangen war, um dann nach über hundertfünfzig
Jahren wiederzukommen.
    Der Bärtige auf der Straße starrte in das
Licht, das plötzlich schwächer wurde. Die Lampen verloren an Helligkeit, und
die Erscheinung stand im Halbdunkeln nahe am Straßenrand vor den Bäumen und
verschmolz mit den Schatten.
    »Sylphida ...«, hörte Andy Reef die Stimme des
Mannes, als er atemlos, aber ohne besondere Hast aus dem Auto

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