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114 - Sylphidas Rachegeister

114 - Sylphidas Rachegeister

Titel: 114 - Sylphidas Rachegeister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Brent
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besser.
    Schemenhafte Umrisse zeigten den massiven Bau
auf dem Hügel. Davor war ein breiter Weg, links und rechts gesäumt von einer halbhohen
Mauer, davor wieder ein riesiges Gittertor.
    Der Waldweg führte von der Seite zur
Hauptzufahrt, auf der es Richtung Navan ging.
    Hinter einigen Fenstern des Schlosses
brannten schon Lichter. Schemenhaft waren zwei große der insgesamt fünf Türme
zu erkennen, die dem Castle sein trutziges und unverwechselbares Aussehen
verliehen. Von einer bestimmten Sicht aus vermittelte es den Eindruck, als
hätte ein Zauberer aus dem Märchen bei der Gestaltung der bizarren Schloßanlage
seine Hände im Spiel gehabt und nicht ein rationell denkender Architekt oder
Baumeister.
    Im Halblicht des beginnenden Tages und
steigenden Nebels nahm Andy Reef wahr, daß das kleine Seitentor offenstand.
    Die Schritte, die er verfolgt hatte, waren
längst verebbt.
    Er war nicht mehr sicher, ob der geheimnisvolle
Flüchtling sich in Richtung Castle bewegt hatte oder nicht. Zu sehen war
jedenfalls nichts mehr.
    Doch - da vorn... am Eingang!
    Reef registrierte eine schattenhafte
Bewegung, dann sah er die weiße Gestalt am Tor: eine junge Frau, bildschön in
ihrem goldfarbenen, voll ausgekämmten Haar, das bis zu den Hüften reichte.
    Die schöne Fremde trug ein weich fließendes,
weißes Kleid, das jede ihrer Formen betonte.
    Reef blieb unwillkürlich stehen und konnte
den Blick nicht wenden von dieser jungen Frau, die leichtfüßig auf die Lichtung
sprang und leise ein Lied vor sich hinsang.
    Reef hielt sich hinter den Bäumen der letzten
Reihe auf und starrte auf die Fremde, die nichts von seiner Anwesenheit ahnte,
die selbstvergessen spazierenging, dem Zwitschern der Vögel lauschte und sich
rasch dem nahe der Mauer liegenden Hochstand näherte.
    In Waldrandnähe waren Rehe zu sehen, die
flüchtig aufschauten, als das Mädchen näher kam.
    Wahrscheinlich hatte die Fremde sich
verspätet und kam morgens sonst früher, um das Erscheinen des ersten Wildes
abzuwarten.
    Die Tiere waren nicht scheu, ließen sie bis
auf zehn Schritte herankommen und tauchten dann erst ohne besondere Eile im
Wald unter.
    Andy Reef hatte das Gefühl, zu träumen.
    Vielleicht war alles - angefangen von der
ersten Begegnung zwischen seinem Urahn und ihm - bisher nichts weiter als ein
Traum. Er hatte es nur noch nicht bemerkt...
    Da kniff er sich in den Oberarm und spürte
den Schmerz.
    Nein, er war wach und erlebte diese seltsame
Szene wirklich.
    Die schöne Unbekannte - offenbar eine Tochter
des Lords - wandte sich wieder um. Sie hatte es nicht sehr eilig.
    Reef wunderte sich, daß die Spaziergängerin
so nachlässig gekleidet war. Die Luft war kalt, aber die Fremde trug nur dieses
Kleid aus dem dünnen, fast durchsichtigen Stoff, und sie bewegte sich mit einer
Leichtigkeit und Grazie, daß er einige Male das Gefühl hatte, sie würde den
Boden mit ihren Füßen überhaupt nicht berühren.
    Aber das war natürlich Unsinn.
    Sie war wie eine Fee, wie eines der
flüchtigen Wesen, das er so gerne zeichnete. Sie hätte sein Modell sein können.
    Er merkte nicht, daß er in seiner Faszination
- hervorgerufen durch den Anblick der schönen jungen Frau - aus dem Schatten
der Bäume getreten war.
    Und - da sah sie ihn!
    Er bemerkte, wie sie zusammenfuhr.
    Dann rannte sie los, auf das schmiedeeiserne
Tor zu.
    Ohne es eigentlich zu wollen, lief auch Reef
los.
    »Warten Sie! Bleiben Sie doch stehen! Sie
brauchen sich nicht zu fürchten ... Ich wollte sie nicht erschrecken .«
    Leichtfüßig wie ein Reh verschwand sie auf
dem Seitenweg und schlug das Tor zu. In der Stille war das harte, knackende
Geräusch zu hören, als sie den Riegel nach vom schob.
    »Warten Sie doch !« rief Andy Reef und überquerte die Lichtung. Der feuchte Grasboden schmatzte
unter seinen Füßen. »Ich habe eine Frage an Sie .«
    Die Fremde war verängstigt, aber auch
neugierig.
    Wie ein Tier, das sprungbereit zum Fliehen
war, stand sie ein wenig geduckt hinter dem schmalen Tor.
    »Wer sind Sie? Wie kommen Sie hierher ?« redete sie ihn an, als er näher kam und ihr seine offenen
Hände zeigte. Er tat es ganz automatisch, wie um sich zu rechtfertigen und
nachzuweisen, daß er keine Waffe in der Hand hielt und nicht mit böser Absicht
hierherkam.
    Er stand ihr genau gegenüber und nannte
seinen Namen. »Ich habe einen Mann verfolgt, einen alten Mann ... Er ist -
verwandt mit mir...« Es stimmte, was er sagte, und doch war es verkehrt. Aber
es wäre zu absurd gewesen,

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