1148 - Der Butler
sein.«
»0 Scheiße!« sagte der Wirt.
Chris' Freunde hielten in den nächsten Sekunden still. Auch sie mussten sich wieder fangen. »Was hier abläuft, ist doch eine Verarsche oder nicht?«
»Weiß ich nicht.«
»Sein Großvater schickt einen, der vielleicht selbst tot ist. Das packe ich nicht!« Der Typ neben Chris wäre beinahe mit dem Stuhl umgekippt, als er sich etwas zu heftig nach hinten lehnte und dabei gegen seine Stirn schlug. »Willst du dich verarschen lassen, Chris?«
»Nein.«
»Dann tritt den Stockfisch in die Nüsse. Wir schaffen ihn gemeinsam nach draußen.«
Chris überlegte noch. Er drehte erst wenig später den Kopf, um Edward anzuschauen. Er kannte ihn ja. Edward hatte praktisch zur Familie gehört. Er war schon Butler bei seinem verstorbenen Großvater gewesen und auch bei den Eltern.
Beide trennten Welten. Chris mochte den Butler nicht. Er lebte völlig anders, was seiner Art, das Leben zu gestalten, auf keinen Fall entgegenkam. Überhaupt war seine gesamte Familie in Konventionen erstarrt. Das war ihm schließlich so auf den Senkel gegangen, dass er seine Familie verlassen hatte, um sich als Typ, wie er sagte, durchzuschlagen. Er hatte jetzt Kumpane und Freunde gefunden, die voll und ganz auf seiner Seite standen, weil sie ein ähnliches Leben führten. Chris dachte nicht im Traum daran, noch einmal in sein Elternhaus zurückzukehren. Das war für ihn vorbei. Es interessierte ihn auch nicht, dass es dort etwas zu erben gab, er wollte sein eigenes Leben führen, und damit hatte es sich.
Der Butler räusperte sich. »Ich möchte nicht drängen, Chris, aber ich denke, es wird Zeit.«
»Ha - Zeit?«
»Ja, wir sollten gehen.«
»Wohin?«
»Zu deinem Großvater.«
»Toll, echt. Auf den Friedhof, wie?«
»Genau dorthin.«
Die Antworten waren in einem so großen Ernst gesprochen worden, dass Chris nicht darüber lachen konnte. Er fühlte sich auch von seinen Freunden beobachtet und wusste genau, dass es in den folgenden Sekunden auf ihn ankam. Alle warteten darauf, dass er reagierte, und die Antwort wäre ein glattes Nein gewesen.
Wäre - wenn ihn da nicht ein komisches Gefühl überfallen hätte. Er spürte plötzlich einen gewissen Druck in sich, und es stellte sich die Frage, ob das Ganze nicht mehr war als ein Schauspiel. Vielleicht steckte doch etwas dahinter. Weil Edward mit einem so großen Ernst zu ihm gesprochen hatte.
Chris schielte ihn von der Seite her an. Edward stand dort wie ein Fels. Er war auch nicht älter geworden. Er hatte sich seit Chris' Verschwinden aus dem Haus um keinen Deut verändert. Noch immer wuchs das dunkle Bärtchen über seiner Oberlippe, das wie ein schwarzer Strich wirkte. Die dunklen Augen, die hohe Stirn, und immer der etwas überhebliche Gesichtsausdruck.
Der Großvater hatte den Butler gemocht. Die beiden waren stets eine verschworene Gemeinschaft gewesen, worüber sich die eigentliche Familie manchmal geärgert hatte.
Der Großvater war tot. Und sein Butler lebte, auch wenn er nicht gealtert war.
Edward blieb freundlich, als er sagte: »Ich denke, wir sollten jetzt gehen, Chris.«
Der Angesprochene sagte nichts. Statt dessen flüsterte eine Stimme über den Tisch hinweg: »Willst du das wirklich tun? Willst du dem Stockfisch folgen?«
»Nein, will ich nicht.«
»Wir können ihn in die Mangel nehmen.«
Chris schüttelte den Kopf. »Noch nicht, er soll nur verschwinden, das ist am Besten.«
Edward tat genau das Gegenteil. Er hatte bisher einen gewissen Abstand zum Tisch der vier Gäste gehalten. Jetzt trat er näher und blieb auch direkt neben, Chris stehen, um auf ihn herabzuschauen.
»Komm jetzt, bitte.«
»Ich bleibe!«
Edward sah beinahe traurig aus, als er den Kopf schüttelte. »Nein, du musst mitgehen. Ich habe es deinem Großvater versprochen.« Um die anderen kümmerte sich der Butler nicht. Er beugte sich vor, legte eine Hand auf Chris' Schulter und stemmte die andere, die rechte, auf die Tischplatte. Um die anderen drei Typen kümmerte er sich nicht. Sie waren für ihn gar nicht da.
Chris drehte den Kopf nach rechts. Die beiden schauten sich jetzt direkt an. Der Junge spürte die Nähe des Butlers, auch den Druck seiner Hand auf der Schulter, und plötzlich war ihm kalt. Die Haut am Rücken zog sich zusammen, und im Nacken schienen sich die Härchen aufrichten zu wollen. Er verstand sich selbst nicht. Nie hatte er sonst diese Reaktion gezeigt. Das hier war ihm völlig neu.
Er hatte nie einen sehr großen Kontakt zu
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