115 - Die Herrin des Sumpfes
nur die Muskelkraft.
Nelcina erschien. Ich fragte sie, wie es Pablo ginge.
»Er hat hohes Fieber«, sagte die Geliebte von Capo. »Ich werde einen Tee kochen, der fiebersenkend wirkt und unschädlich ist,«
»Sie halten nichts von Tabletten, wie?«
»Nein. Was uns die Natur anbietet, ist besser als das Zeug von der Chemie«, sagte Nelcina.
Ich war ganz ihrer Meinung - und nicht nur ich. »Müssen Sie die Ingredienzien erst im Urwald suchen?« fragte ich sie.
»Es befindet sich alles in Vascos Hütte«, sagte Nelcina.
»Dann ist es gut«, erwiderte ich. »Sonst hätten Mr. Silver oder ich Sie begleitet. Es ist nicht mehr ratsam, sich von der Siedlung zu entfernen. Wir müssen beisammen bleiben. Je besser einer auf den anderen aufpaßt, desto schwieriger hat es Kogora, gegen den einzelnen etwas zu unternehmen.«
»Ich habe Angst vor Kogora«, sagte Nelcina ehrlich. Sie senkte verlegen den Blick.
»Sie brauchen sich deswegen nicht zu schämen«, sagte ich. »Ihre Furcht ist eine völlig normale Reaktion auf diese Bedrohung.«
»Müssen wir wirklich alle sterben? Glauben Sie das?«
Ich lächelte, um ihr Mut zu machen. »Es wird nichts so heiß gegessen, wie es vom Herd kommt, Nelcina. Kogora ist stark, das hat sie bewiesen. Sie hat uns vom Himmel geholt. Aber Mr. Silver und ich werden ihr die Stirn bieten. Sie ist nicht die erste Hexe, gegen die wir vorgehen. Wir hatten schon einige Male mit Teufelsbräuten zu tun, und… wie Sie sehen, leben wir noch.«
Nelcina sah mich an wie ein Weltwunder. Was ich gesagt hatte, schien sie kaum glauben zu können.
Ich bat sie, Vertrauen zu uns zu haben.
»Ich muß den Tee kochen«, sagte sie, wandte sich um und eilte auf Vasco da Voltas Hütte zu.
***
Kogora kannte viele magische Tricks, und sie konnte mit ihrer Hexenkraft Dinge in die Wege leiten, die für die Garimpeiros verhängnisvolle Folgen haben würden. So zum Beispiel brauchte nicht tot zu bleiben, was tot war…
Es gefiel der Sumpfhexe, die Naturgesetze zu manipulieren, sie auf den Kopf zu stellen. Ian Wayne hatte für sie getötet, und sie war imstande, den Mord rückgängig zu machen. Mit anderen Worten: Sie konnte Nico Vega wieder zum Leben erwecken - allerdings zu einem anderen Leben.
Zu schwarzem, unseligem Leben!
Sie war in der Lage, aus dem Mann einen gefährlichen Zombie zu machen!
Deshalb erschien sie dort, wo die Leiche lag. Sie starrte mit ihren flammenden Augen auf den Toten, flüsterte magische Worte, und grauer Rauch stieg von ihren Händen auf.
Sie schickte den Rauch zu Vega. Die Schwaden krochen ihm in den Mund, und von diesem Moment an hatte der Tote wieder eine »Seele«.
Vega gehörte nun ihr. Sie hatte ihn zu ihrem Werkzeug gemacht. Wenn sie ihn in die Siedlung zurückschickte, würde er gehen, und er würde töten - für sie. Und wenn sie es wollte, würden die von ihm getöteten Menschen ebenfalls zu Zombies werden und über die Lebenden herfallen.
Und Kogora würde die Kraft aller Getöteten in sich aufsaugen wie ein Schwamm.
Bald würde es in der Siedlung nur noch Zombies geben - lebende Leichen! Eine Armee des Schreckens, die Kogora vielleicht losschicken würde, um andere Garimpeiro-Siedlungen zu überfallen.
Dieser Gedanke gefiel ihr immer besser, je länger sie darüber nachdachte.
Eine Zombie-Armee!
Sie lachte grausam. Oja, das war eine großartige Idee.
Nico Vega regte sich. Er öffnete die Augen. Sein Blick war gebrochen. Obwohl er sich bewegte, war unschwer zu erkennen, daß er tot war. Erstens verrieten das seine Augen, und zweitens… mit einer so schweren Kopfverletzung konnte kein Mensch leben.
Die Hexe grinste boshaft. »Du wirst das Grauen in die Siedlung tragen, wirst Angst und Schrecken verbreiten. Du wirst töten, und jene, die du getötet hast, werden sich als Untote erheben, so wie du in diesem Augenblick. Steh auf, Nico Vega. Geh zurück zu deinen Kumpanen, und nimm ihnen, was du nicht mehr besitzt: das Leben!«
Vega gehorchte. Er zog die Beine an, stützte sich mit den Händen ab, erhob sich schwerfällig. Es hatte den Anschein, seine Gelenke wären eingerostet, steif geworden.
Die Hexe wies in die Richtung, in der sich die Siedlung befand. »Geh!« befahl sie.
Und Nico Vega ging.
Man konnte ihn mit einem abgeschossenen Torpedo vergleichen. Unbeirrbar näherte er sich seinem Ziel. Nichts konnte ihn davon abbringen.
Als die Hütten in Sicht kamen und der Lärm zu hören war, den die arbeitenden Garimpeiros verursachten, schwenkte Nico Vega zum
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