1150 - Die Dunklen Apostel
als kühle Frauenfinger über meine Haut an der rechten Wand strichen. Da öffnete ich die Augen und sah Karina Grischin direkt vor mir stehen. Ich bemerkte auch ihren besorgten Blick.
»Ist alles in Ordnung, John?«
Als ihre Hand mich losließ und nach unten sank, fasste ich sie an den Fingern an und hielt sie fest.
»Ja, es ist alles in Ordnung, Karina, es ist alles okay.«
»Nein, das scheint mir nicht so.« Sie schaute sich um. »Moment mal.« Dann ließ sie meine Hand los und ging durch die offene Tür zurück ins Freie. Ich folgte ihr nicht und blieb weiterhin an der Wand gestützt stehen, wobei ich darauf hoffte, dass meine weichen Knie bald wieder normal wurden.
Eine leere Kirche. Ein Raum, in dem ich Minuten zuvor noch in höchster Lebensgefahr geschwebt hatte. Jetzt war alles verschwunden, wie weggeblasen.
Das schien mir der richtige Ausdruck zu sein. Weggeblasen. Einfach nicht mehr da. Als hätte es das alles nicht gegeben. Es war kein Traum, denn ich hatte mir bestimmt nicht selbst das verdammte Seil um den Körper gebunden.
Karina Grischin kehrte zurück. Schon beim ersten Blick in ihr Gesicht wurde mir klar, dass etwas passiert sein musste, mit dem sie nicht zurechtkam. Sie starrte ins Leere, schüttelte den Kopf und flüsterte Worte, die sich fast anhörten wie ein Fluch, obwohl ich nichts verstand.
»Was hast du? Was ist los mit dir? Du bist so anders. Was ist denn geschehen?«
Karina drehte sich langsam um. Sie schaute mich jetzt an. Auf ihrer Stirn lag ein Muster aus Falten.
Und sie hob die Schultern, weil sie noch nicht in der Lage war, etwas zu sagen. Schließlich brachte sie die ersten Worte hervor. »Das verstehe, wer will, John, ich leider nicht. Es ist mir unbegreiflich.«
»Was meinst du denn?«
»Er ist weg.«
»Von wem redest du?«
»Von Dimitri. Du kennst ihn. Er war derjenige, der den Sarg weggeschleppt hat.«
»Ja, als wir an Land gingen.«
»Genau. Und jetzt ist er nicht mehr da. Er hat mich begleiten müssen, wobei die anderen…«
Karina sprach in Rätseln, und ich bat sie, mir alles von vorn zu berichten.
»Ja, John. Das werde ich auch machen. Aber zuvor muss ich mich ein wenig umschauen.« Sie schlug gegen ihre Stirn und schüttelte den Kopf.
Dann ging sie durch die Kirche. Sie sah nichts. Keinen einzigen Zombie, aber sie meldete sich aus dem Hintergrund und sprach davon, dass sie Holztrümmer gefunden hatte.
Karina stellte keine Fragen. Sie kam zu mir zurück. »Es tut mir ja leid, John, aber ich habe damit gerechnet, Zombies zu sehen.«
»Die waren auch hier. Und jetzt sind sie weg. Ebenso wie dieser Dimitri.«
»Warum?«
»Fang du an. Vielleicht fällt es dir leichter, danach meinen Part zu begreifen.«
»Wie du willst.«
Ich erfuhr ihre Geschichte und konnte nur anerkennend nicken, als ich hörte, wie sie es geschafft hatte, den Zombies zu entkommen. Was danach allerdings passiert war, das passte für mich in keine Regel hinein. Das war einfach nicht zu begreifen.
»Und du hast dich wirklich nach diesem Dimitri umgeschaut?«
»Ja, John, ich schwöre es.«
»Dann ist er auch in die Magie meines Kreuzes hineingeraten.«
Nach diesem Satz konnte Karina wieder lachen. Aber sie schüttelte dabei den Kopf. »Nein, nein, das kann ich nicht fassen. Dann müssten ja beide auf einer Seite stehen. Glaubst du das?«
»Ich glaube zunächst einmal gar nichts, Karina. Ich weiß nur, dass hier etwas passiert ist, gegen das wir nur kleine Geister sind. Und es war verdammt knapp für mich.«
»Sag es endlich!«
Sie erfuhr meine Geschichte, und sie sah auch den Beweis dafür, der um meinen Bauch geschlungen war. Das Ende des Seils lag neben mir wie eine Schlange auf dem Boden.
Verunsichert trat sie einen Schritt zurück. »Dann haben dich diese Apostel angebunden, damit du so etwas wie ein Köder für die verfluchten Zombies warst.«
»Davon gehe ich aus.«
Karina ballte die Hände zu Fäusten. »Herr im Himmel, warum das alles? Was wird hier gespielt? Plötzlich habe ich das Gefühl, allein oder nur mit dir zusammen auf dieser verdammten Insel zu sein. Oder sehe ich das falsch?«
»Es kann möglich sein.«
»Was?«
»Dass wir allein auf der Insel sind.«
Sie verengte die Augen. »Und warum?«
»Keine Ahnung.«
»Sag nicht so was.«
»Das Kreuz, wenn es dir als Antwort reicht. Es hat dafür gesorgt und alles andere weggescheucht.«
»Was ich überhaupt nicht begreife.«
»Du wirst lachen, ich auch nicht.«
»Und was machen wir jetzt?« Karina lachte,
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