1151 - Das Babel-Syndrom
Leitende Psioniker wirkte so durchtrainiert wie immer, aber unter seinen Augen lagen dunkle Schatten. Da er als Koordinator und Verstärker der mentalen Energien des PSI-TRUSTS unentbehrlich war, hatte er während der Angriffe des Maahks ununterbrochen im Einsatz gestanden, während die anderen Psioniker umschichtig arbeiten konnten.
„Wir sind bereit", erklärte er. „Auch diesmal werden die versammelten Psioniker zusätzlich durch besonders sensible Begabte unterstützt, die aus ihren Einzelkammern mitwirken." Er stockte, dann fragte er: „Wie sieht es draußen aus?"
„Keine Spur von Vishna oder von verdächtigen Aktivitäten", antwortete Bull. „Die Stationen des Frühwarnsystems lauschen mit ihren Ortungsgeräten weit hinaus ins All, aber dort rührt sich nichts. Vorsichtshalber haben wir die Verbände der Heimatflotte in die Bereitstellungsräume geschickt."
Keen entspannte sich etwas.
„Gut. Wir fangen in fünf Minuten an. Sollte ich feststellen, daß die mentale Energie in eine Barriere fließt und kein Zeitdamm errichtet werden kann, breche ich den Einsatz sofort ab."
„Wir werden dir nicht in deine Arbeit hineinreden", erklärte Deighton.
Keen nickte ihm und Bull zu, dann begab er sich in die Schallschutzschleuse des Denkkessels.
Deighton und Bully gingen ruhelos auf und ab. Für sie war es am schlimmsten, daß sie von dem Einsatz des PSI-TRUSTS weder etwas sehen noch hören noch sonst wie wahrnehmen würden.
Es sei denn, die Reaktivierung des Zeitdamms gelang zwar, aber nur unvollständig.
Dann mußte es zu Zeiteinbrüchen mit ihren chaotischen Folgen kommen, die sich auch auf Shisha Rorvic und sie selbst auswirken konnten.
Als fünf Minuten um waren, wischte sich Reginald Bull den Schweiß von der Stirn. Sonst zeigte er keine Reaktion, und Galbraith Deighton beherrschte sich noch besser.
Eine Minute später öffnete sich das Schott der Schallschutzschleuse erneut. Bull und Deighton blieben gleich zwei deaktivierten Robotern stehen und blickten in die Öffnung.
Stronker Keen kam heraus, in aufrechter Haltung zwar, aber das Gesicht von Erschöpfung und Enttäuschung gezeichnet.
„Nichts zu machen", erklärte er tonlos. „Diese verdammte Barriere saugt jedes Psion in sich auf und überschüttet unsere Gehirne mit Grauen."
Er wankte.
Bull und Deighton waren sofort bei ihm. Sie stützten ihn und geleiteten ihn zu einem Sessel. Behutsam ließen sie ihn hineingleiten.
„Es tut mir leid, daß wir euch das zumuten mußten", sagte der Gefühlsmechaniker.
„Ich danke euch", sagte Reginald Bull, darum bemüht, sich seine Verzweiflung nicht anmerken zu lassen. „Richte das bitte deinen Psionikern aus, Stronker. Wir werden eben zusehen, wie wir auch ohne Zeitdamm zurechtkommen."
*
Bull und Deighton über Transmitter ins Hauptquartier der Kosmischen Hanse zurückkehrten, erlebten sie verwundert, wie der Transmittertechniker sich heftig mit einer Frau mittleren Alters stritt. Nur undeutlich waren die erregten Worte durch die halbgeöffnete Tür der Schaltkabine zu hören. Um so deutlicher sahen die beiden Männer durch die transparente Wand die heftigen Gesten, von denen der Streit begleitet war.
Als die beiden Menschen die Ankömmlinge bemerkten, verstummten sie und senkten verlegen die Köpfe.
Bull schmunzelte, winkte ihnen zu und steckte seinen Kopf durch die Tür: „Ein kleiner Streit zur rechten Zeit entspannt und schafft Gemütlichkeit!" rief er mit gutmütigem Spott.
Die Frau und der Mann drehten die Köpfe und blickten synchron auf den kleinen Display, der die Standardzeit anzeigte.
„Wann, bitte, ist die rechte Zeit?" fragte die Frau.
Bull blinzelte verdutzt, dann erwiderte er: „Ihr solltet nicht alles wörtlich nehmen, sonst ladet ihr euch Probleme auf, die gar keine sind."
Er nickte ihnen noch einmal zu, dann gesellte er sich zu Deighton, der unterdessen mit seinem Armbandgerät ein kurzes Funkgespräch geführt hatte.
„Im Bienenkorb weint man schon nach uns, Bully", teilte der Gefühlsmechaniker ihm mit.
Reginald Bull lächelte, denn er wußte, daß mit „Bienenkorb" der Konferenzraum gemeint war, in dem der Notstandsrat der Hansesprecher permanent tagte und in dem es zuging wie in einem Bienenkorb, auch wenn das ständige Kommen und Gehen nur selten körperlich erfolgte, sondern in den meisten Fällen über die Holovideofelder der zahlreichen Kommunikationsgeräte.
Doch dann runzelte er die Stirn.
„Wieso weint man?" fragte er erstaunt. „Willst du
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