1153 - Die Gruftie-Girls
wie sehr die Two Sins geliebt werden. Sie sind einmalig. Sie werden bald eine große Karriere machen. Man wird die CDs dann überall hören, und man wird in wahre Jubelstürme verfallen.«
»Treten die beiden schon lange auf?«, fragte Suko.
»Nein oder Ja. Was ist schon Zeit?«
»Da hast du Recht.«
»Ich liebe sie.«
»Und was tust du sonst?«
»Ich arbeite in der Uni. Da sehe ich anders aus. Fast jeder von uns hier führt zwei Leben. Das richtige kommt erst bei Dunkelheit zum Vorschein. Erst da können wir uns dann richtig wohl fühlen. Ansonsten müssen wir in den Trott und die Hektik.«
Sie hatte gesprochen, und wir hatten uns dabei umgeschaut, ob die Schwestern sich unter die Gäste gemischt hatten. Es war nicht der Fall, aber es war auch zu dunkel. Da verschwammen die Gesichter, tauchten auch ab, sahen alle ziemlich gleich aus, und manche Gäste waren nur an ihren unterschiedlichen Haarfarben zu unterscheiden.
Von irgendwoher wurde kalte Luft in den Raum geblasen, durchdrungen von diesem alten Friedhofsgeruch, der den Gästen erst das richtige feeling gab.
Ich sah, dass unsere schöne Prinzessin an uns vorbei schaute und lächelte.
Ich drehte mich um.
Ein junger Mann mit roten Haaren kam an den Tresen und damit auch auf uns zu. Ob die Farbe echt oder die Haare gefärbt waren, konnte ich nicht erkennen. Er ging eigentlich wie alle anderen - sehr langsam, müde, als wollte er einschlafen -, aber er unterschied sich doch von den übrigen Gästen, denn ich wurde den Eindruck nicht los, dass er uns schon jetzt sehr genau beobachtete.
Auch Suko hatte etwas bemerkt und flüsterte: »Achtung…«
Bevor der neue Gast die Theke erreicht hatte, fragte ich die Bedienung. »Kennst du ihn?«
»Warum?«
»Du hast gelächelt.«
Jetzt lächelte sie wieder. Sogar noch intensiver. »Ja, ich kenne ihn. Er ist fast immer hier. Ein Stammgast. Ich habe mich oft mit ihm unterhalten. Ihn treibt die Sehnsucht umher, versteht ihr?«
»Nicht direkt«, sagte Suko.
»Er ist auf der Suche. Wir alle sind auf der Suche. Aber Nick treibt es intensiv…« Sie konnte weiterreden, weil dieser Nick inzwischen einen Bekannten getroffen hatte, mit dem er sich unterhielt. Es war ein junger Mann, dessen Pullover mit schwarzen Federn geschmückt war. Ein paar Mal deutete er zur Bühne hin, und Nick gab ihm Recht.
»Was sucht er denn?«, fragte ich.
»Die Bestimmung. Er will herausfinden, ob die dunklen Seiten überwiegen.«
»Tun sie denn?«
»Fragt ihn.«
»Dann scheint er doch etwas Besonderes unter all den Gästen hier zu sein.«
Ich ließ nicht locker. Die Schöne der Nacht merkte auch nicht, dass sie indirekt ausgefragt wurde. Nach meiner letzten Bemerkung nickte sie uns zu. »Ja, für viele hier ist Nick ein besonderer Typ.«
»Auch für dich?«
»Klar, ich gehöre dazu.«
»Warum?«
Sie überlegte und musste sich die Antwort erst abringen. Nach einer Weile meinte sie dann: »Er ist einer der wenigen, die es geschafft haben, in ihre Nähe zu gelangen.« Sie beugte sich weiter vor, und jetzt sah ich den Silberflimmer um ihre Augen liegen. »Du verstehst?«
»Im Moment noch nicht.«
»Ich meine Julia und Wiebke.«
»Ahhh…« Ich staunte. »So ist das also. Er hat Kontakt zu den Stars aufgenommen.«
»Kann man so sagen. Aber er hätte es nicht geschafft, wenn sie es nicht gewollt hätten. Die beiden sind schon eigen und haben ihren eigenen Kopf, das weiß jeder. Sie haben einen Blick für Leute, und sie suchen sich aus, wen sie an sich herankommen lassen.«
»Ist ja interessant«, sagte ich leise.
Ich hörte ihr Lachen. »Sag jetzt nur nicht, dass du auch an die beiden herankommen willst.«
»Moment, nicht so hastig. Denk einfach mal daran, dass wir ihretwegen gekommen sind. Mein Freund und ich sind Fans. Das werden wir ihnen auch heute sagen.«
Die Prinzessin der Nacht zog die Nase kraus. »Das reicht aber nicht, ehrlich.«
»Warum nicht?«
Wieder beugte sie sich vor, und ich nahm den Duft ihres Nachtparfüms wahr, das auf mich allerdings wenig erotisch wirkte, und mich mehr an die Nähe irgendwelcher Ghouls erinnerte. »Ihr müsst auch bereit sein, Freunde.«
»Für die Sünde.«
»Nein!«
»Doch!«, bestätigte sie. »Das ist wichtig. Sogar sehr wichtig.«
Ich befand mich in einem tollen Fahrwasser und fragte sofort mit leiser Stimme nach: »Und worin äußert sich das? Wie ist man bereit für die Sünde?«
Mein schön-morbides Gegenüber hob bedauernd die Schultern. »Da kann ich dir auch nicht
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