1157 - Der PS-Teufel
er auch aus London verschwinden. Er und sein Bruder hatten einiges an Geld zur Seite geschafft und auch gut an der Börse spekulieren können. Damit ließ es sich schon für eine Weile leben, wenn man es richtig anstellte.
Saxon hob den Kopf!
Etwas hatte ihn gestört. Seine Gedankenkette riss. Er wusste nicht, was ihn aus dem Rhythmus gebracht hatte, aber irgend etwas musste es gewesen sein.
Es war nicht gut, dass er in oder an der Lichtinsel saß. Alles andere in seiner Umgebung war eingetaucht in graue Schatten, so dass ihm das Büro sogar fremd vorkam.
Und nun dieses Geräusch…
Melvin Saxon blieb starr sitzen. Er wagte kaum zu atmen. Er spürte, dass etwas Unheilvolles auf ihn zukam. Es war noch nicht zu sehen, es war mehr ein Schatten, der heranschlich und die Deckung ausnutzte.
Dann weiteten sich seine Augen. Ein leiser Schrei entfuhr seinem Mund. Er hatte den Schatten gesehen, der sich aus dem Grau hervorschob und auf den Schreibtisch zuging.
Ein Mensch und trotzdem kein normaler!
Saxon sah ihn als eine dunkle, hochgewachsene Gestalt, die einen ungewöhnlich großen und runden Kopf besaß. Es lag allein daran, dass dieser Kopf von einem Helm bedeckt war. Von einem Helm, wie ihn auch der Killer getragen hatte.
Melvins Herz schlug schneller. Er kam sich vor, als hätte er seinen eigenen Körper verlassen. Er wünschte sich, einfach nur zu träumen, aber er wusste, dass dieser Wunsch sich nie erfüllen würde.
Was er hier sah, war die brutale Wahrheit. Mit jedem Schritt, den die Gestalt näher auf ihn zukam, fürchtete er mehr um sein Leben.
Er hatte mal den Film Robocop im TV gesehen. So wie er sah auch die näherkommende Gestalt irgendwie aus. Und der Robocop hatte ebenfalls keine Gnade gekannt.
Saxon fing an zu zittern. Dabei drückte er sich so weit wie möglich in seinem Stuhl zurück, doch das brachte ihn auch nicht weiter. Der andere ließ sich nicht stoppen. Er hatte sein Ziel klar erkannt und blieb so dicht vor dem Schreibtisch stehen, dass er ihn beinahe berührte.
Saxon stöhnte auf. Das Licht warf Reflexe auf den Helm, bei dem das Visier nach unten geklappt worden war. Dahinter schimmerte ein gelbes Gesicht, aber Saxon wusste sehr genau, dass es kein Gesicht war, sondern ein Totenschädel.
Shakko sagte nichts. Er stemmte die Hände auf die andere Seite des Schreibtisches und senkte den Kopf so weit, dass er Saxon direkt in die Augen schauen konnte.
Mit Augen? Hat er Augen?, schoss es dem Bestatter durch den Kopf. Hat er wirklich Augen in seinem verdammten Schädel?
Melvin wusste es nicht genau. Er hatte sich zwar um die Person gekümmert, auch mit ihr gesprochen und ihr Unterschlupf gewährt, aber so direkt hatte er sie nicht angeschaut. Davor hatte er sich einfach gefürchtet.
Mit der linken Hand schob Shakko das Visier in die Höhe. Ein leeres Fenster entstand, und Saxon starrte direkt auf den gelben Totenschädel, der an gewissen Stellen geschwärzt war und deshalb aussah wie leicht verbrannt.
Auch ein kalter Brandgeruch ging von ihm aus und wehte über den Schreibtisch hinweg.
Melvin sagte nichts. Er saß einfach nur auf dem Stuhl wie eine Statue. Er hätte auch nicht gewusst, was er sagen sollte. Die Angst hatte ihn willenlos gemacht.
Keine Lippen, dafür ein breites Maul mit kleinen dicken Zähnen. Dahinter die Öffnung. Der Rachen wie ein Schlund, aus dem jetzt die Frage drang und Saxon zusammenschrecken ließ.
»Warum habt ihr mich verraten?«
Saxon wand sich wie ein Wurm. »Nein, nein!«, keuchte er, »ich habe dich nicht verraten. Warum sollte ich? Ich… ich… konnte es doch gar nicht.«
»Doch, du hast mich verraten. Du und dein Bruder, verdammt noch mal.«
»Aber nein!«, greinte Saxon und schüttelte den Kopf. »Es ist alles ganz anders gewesen. Ich kann es dir erzählen.«
»Gut, ich höre.«
Saxon nickte. Er war bereit. Er suchte nur nach den richtigen Worten. Er wusste auch nicht, wie und wo er beginnen sollte. Seine Lippen zuckten ein paar Mal, er nahm Anlauf und konnte dabei den Blick nicht von diesem gelblichen Totenschädel abwenden, der sich innerhalb des offenen Visiers zeigte.
Mit einem Mal sprudelte es aus ihm heraus. Er verschwieg nichts. Er schrie die ganze Wahrheit. Er weinte, er flehte und schaffte es, die Gefühle so darzulegen, dass der andere einfach Erbarmen haben musste.
Shakko hörte zu. Er sprach nicht. Er bewegte sich auch nicht. Er war einfach nur präsent. Er musste sehen, wie dem anderen der Schweiß aus allen Poren brach. Wie er
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