1163 - Der Blut-Galan
noch?«, fragte sie. »Geht ihr heute Abend ins Krankenhaus zu Sarah?«
Ich hatte mich auf dem Stuhl gedreht und nickte ihr zu.
»Ach«, sagte sie, schob sich in den Raum und schaute mich dabei böse an. »Mir sagt keiner Bescheid? Es hätte ja sein können, dass ich ebenfalls gern mitgekommen wäre.«
»Schon, aber…«
»Hör mit deinem Aber auf, John.«
»Bist du nicht heute Abend im Fitness-Center?« verteidigte ich mich.
»Ja.«
»Eben.«
»Moment, John, es gibt schließlich Ausnahmen. Und Lady Sarah ist eine solche. Ich werde also mit euch fahren. Wann habt ihr euch verabredet?«
»Wir sind gegen zwanzig Uhr im Krankenhaus.«
»Okay, dann treffen wir uns dort.« Glenda verabschiedete sich von Sir James und auch von Suko.
Mir warf sie nur einen vernichtenden Blick zu.
»Ich mal wieder«, sagte ich und schüttelte den Kopf.
»Das hätten Sie Glenda aber auch sagen können«, stand Sir James ihr bei.
»Daran habe ich zwar gedacht, aber ich weiß, dass sie einmal in der Woche ins Fitness-Center geht, und dieser Tag ist heute.«
»Ja, dann sind wir wohl hier fertig«, sagte unser Chef. »Wir sehen uns ja später noch.«
Suko und ich verließen das Büro. Es war schon außergewöhnlich, dass Sir James sich zu einem Besuch im Krankenhaus entschlossen hatte. Das war sonst nicht sein Fall. Auch wenn er es nicht zeigte, irgendwie mochte er Sarah Goldwyn, die Horror-Oma.
Ich wollte noch mal kurz in mein Büro rüber und hatte auch vor, etwas für Sarah zu besorgen. Keine Blumen, vielleicht ein Buch oder einen Film, das wusste ich selbst noch nicht. Deshalb sollte Suko schon zu Shao fahren. Ich würde später mit der U-Bahn nachkommen. Gemeinsam würden wir uns dann auf den Weg zum Krankenhaus machen.
Am Aufzug trennten wir uns. Suko fuhr nach unten, ich ging weiter und drückte die Tür zum Vorzimmer auf, in dem Glenda residierte. Sie war nicht mehr da, aber sie hatte eine Erinnerung hinterlassen, denn im Büro roch es leicht nach Kaffee und nach dem Parfüm, das sie noch aufgetragen hatte.
Im Büro nebenan, das ich mit Suko teilte, hing noch meine Jacke. Ich hatte sie soeben vom Ständer genommen, als das Telefon klingelte. In meinem Gesicht breitete sich ein säuerlicher Ausdruck aus.
Ich stand zwischen den Fronten. Abheben oder verschwinden?
Der innere Schweinehund siegte nicht. Ich hob ab und hörte die Stimme meines Chefs.
»Gut, dass Sie noch da sind, John.«
»Ich war schon fast weg, Sir. Sie wissen ja, ich wollte Sarah noch etwas besorgen.«
»Damit können Sie noch warten. Ich habe hier jemand in der Leitung, der Sie sprechen möchte. Ein Kollege, aber nicht von der uniformierten Truppe. Er arbeitet als ziviler Fahnder.«
»Worum geht es denn?«
»So genau hat er das nicht gesagt. Er klang allerdings sehr gestresst. Ich denke schon, dass Sie sich mal anhören sollten, was er zu sagen hat.«
»Okay, ich nehme an.«
Wenig später drang die andere und fremde Stimme an mein Ohr. Ich gab Sir James sofort Recht.
Der Mann, der Cash Milton hieß, sprach nicht normal. Seine Stimme klang tatsächlich gepresst. Er hatte auch Mühe, zu einer Erklärung anzusetzen.
»John Sinclair?«
»Ja, verbunden.«
»Ich befinde mich hier in einer alten Toilette in einer U-Bahn-Station. Lachen Sie mich nicht aus, aber ich habe das Gefühl, eine Vampirin angeschossen oder getötet zu haben.« Jetzt lachte er. »Hört sich komisch und unglaubwürdig an, stimmt aber. Ich versuche nicht, Ihnen einen Bären aufzubinden. Ich weiß auch nicht, an wen ich mich wenden soll. Aber schauen Sie sich die Sache mal an. Ich werde hier unten auf sie warten.« Er gab mir die Adresse durch.
Überzeugt hatte mich der Kollege nicht. »Sie glauben tatsächlich daran, einen weiblichen Vampir angeschossen zu haben.«
»Ja.«
»Mit einer normalen Kugel?«
»Ja. Die Frau liegt neben mir und rührt sich nicht mehr. Vielleicht habe ich sie auch getötet.«
»Nicht mit einer normalen Kugel. Mr. Milton. Das muss ich Ihnen mal sagen.«
»Das dachte ich irgendwie auch. Aber ein Scherz ist das nicht. Warten Sie noch eine Minute, bevor Sie sich entschieden. Dann habe ich Ihnen alles erzählt.«
»Okay, ich höre.«
Was ich dann zu hören bekam, klang gar nicht gut. Wenn sich jemand eine derartige Geschichte ausdachte, musste er viel Phantasie besitzen. Nichts gegen den mir unbekannten Kollegen, ich jedenfalls glaubte nicht daran, dass er soviel Phantasie hatte. An dieser Geschichte musste schon einiges wahr sein.
»Jetzt liegt es
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