1164 - Vishna-Fieber
Baches dirigierten und ihn immer tiefer hinunterdrückten. Hatten sie vor, die Hornissen zu ersäufen?
Die beiden Männer erhielten keine Gelegenheit, diese Frage zu beantworten.
Ein Bersten und Krachen war plötzlich unmittelbar neben ihnen. Sie sprangen hastig zur Seite.
Einer der Bäume schien zu explodieren. Sein Holz wölbte sich nach außen und splitterte nach allen Seiten davon. Adams spürte einen leichten Schmerz an der Stirn, wo ihn ein winziger Splitter getroffen hatte. Der Baum drehte sich in sich selbst und stürzte um.
Über das Gras zog sich eine Furche bis zum Bach. Auch hier flog alles Mögliche davon, Steine, Erdreich und fette Würmer.
Der Bach erhielt einen Riß, und der Hornissenschwarm einen Meter darüber zerfledderte wirr und geriet in einen Luftwirbel, der Adams an einen Minitaifun erinnerte.
Für einen kurzen Augenblick glaubte der Hanse-Sprecher einen Schatten zu sehen, der durch das Wasser glitt. Dann aber war die Erscheinung verschwunden.
Auch der Hornissenschwarm und die Insekten-Hirten waren fort. Nur der Baum lag da, und die Bodenfurche zog sich quer durch den Bach und animierte ihn, sein Bett auszuweiten.
„Chthon!" flüsterte Adams verwirrt. „Warst du das?"
Es konnte nicht sein. Der Schatten war eine friedliche Erscheinung. Und er war nur halbstofflich. Er konnte so etwas nicht vollbringen.
Automatisch wanderten die Augen des Hanse-Sprechers zum Himmel empor. In dem Grau lag ein leichter, blauer Schimmer. Sonst hatte sich nichts verändert.
„Verflucht!" stieß Adams hervor. „Das hat noch gefehlt. Die nächste Plage beginnt, und wir haben keine Ankündigung durch den Korridor erhalten!" Und in einem Anflug von Sarkasmus fügte er hinzu: „Nicht einmal auf Vishna ist mehr Verlaß!"
Timo Erhard folgte ihm hastig und schweigend in den Schweber.
*
In Terrania wurde der Untergang der Erde verwaltet. Die Bemühungen aller Menschen, einen Rhythmus in die Wiederherstellung ihrer Welt zu bringen, scheiterten oft an unüberschaubaren Problemen. Neben materiellen Dingen wie Baumaschinen oder Roboterprogrammen mangelte es meistens an der Motivierung der Menschen.
Das brauchen wir mehr als alles andere, dachte Julian Tifflor. Der Erste Terraner saß an seinem Schreibtisch und hielt den Kopf in die Hände gestützt. Nicht, daß Tifflor ein besonders ausgeprägter Schreibtischmensch war, aber bei ihm und Bully liefen alle Fäden dieser Welt zusammen, und es verging keine Stunde, da sie sich nicht miteinander in Verbindung setzten oder mit NATHAN konferierten.
Nach wie vor herrschte Alarmzustand auf der Erde und dem Mond. Die 5. Plage war kaum dreißig Stunden vorbei, und überall befanden sich die Notdienste im Einsatz. Es galt, rund zweihundert Millionen Menschen zu versorgen und teilweise in Hypnoverfahren von den Folgeschäden der geistigen und seelischen Qual zu heilen, die ihre Entführung in die Körper der Feen und in das Reich der Fairy Queens hervorgerufen hatten.
Der größte Teil der Menschen war zurückgekehrt, bevor die zurückgelassenen Hüllen der Körper abgestorben waren.
Tifflor ertappte sich dabei, daß er sich auszumalen versuchte, wie es denen erging, deren Bewußtsein nicht hatte zurückkehren können. Er fror bei dem Gedanken, daß auch er leicht hätte dazugehören können.
Die Hand des Ersten Terraners fuhr zur Brust hinab, wo der Zellaktivator hing, der ihn zu einem relativ Unsterblichen machte. Seine Zellen alterten nicht. Sie regenerierten sich wie von selbst, und er fragte sich, ob der Aktivator durch die unbekannten Einflüsse des Grauen Korridors nicht Schaden davontragen könnte.
So unheimlich die Vorstellung war, nur noch knapp über sechzig Stunden leben zu können, wenn er ausfiel, so tröstlich war es in diesen düsteren Tagen und Wochen für Tifflor, zu wissen, daß auch er nur ein Mensch war, der unter Vishnas Plagen ebenso zu leiden hatte wie alle anderen Menschen auch.
Der Erste Terraner las die Meldungen durch, die der Computer in den letzten zehn Minuten auf seinen Schreibtisch befördert hatte. Sie gaben ein ungefähres Bild über die Lage auf der Erde und dem Mond.
Die Unzufriedenheit, die nach den ersten drei Plagen unter den Menschen geherrscht hatte, war längst einer Stimmung des stillen Duldens gewichen. Kein Mensch glaubte noch, daß jemand in der Lage sein könnte, die Erde zu retten.
Auch der Mond war keine Zuflucht mehr, seit die Fairy Queens gezeigt hatten, daß sogar NATHAN ausgeschaltet werden
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