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1164 - Vishna-Fieber

Titel: 1164 - Vishna-Fieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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den Weg zu Chthons Kabine. Nach wenigen Metern blieb er jedoch abrupt stehen.
    Der Hanse-Sprecher fand sich plötzlich in der Bodenlosigkeit schwebend. Um ihn herum war es blendend hell, und ganz in der Nähe erkannte er runde und ovale Objekte unterschiedlicher Größe. Sie trieben gleichmäßig dahin. Manche standen auch still. Ein paar schossen lange, weiße Gebilde einem kaum wahrnehmbaren Vorhang entgegen. Die Gebilde drangen in ihn ein und bildeten eine Brücke.
    Im nächsten Augenblick war der Spuk vorbei.
    Bully lehnte sich an die Korridorwand und atmete tief durch. Er ahnte, daß die Erscheinung mit der nächsten Plage zu tun haben mußte, aber er wartete vergebens auf den akustischen Ton, der sie ankündigte.
    Er ging eilig weiter. An einer Biegung glaubte er für einen Moment, einen schwarzen, drohenden Schatten hinter sich zu sehen. Er blinzelte, aber da war die Erscheinung vorbei.
    Nochmals setzte sich Bully mit der Zentrale in Verbindung und berichtete von seinen Eindrücken.
    „Chthon weiß um unseren Verdacht", sagte er. „Er beginnt zu reagieren!"
    „Wir glauben nicht", kam die Antwort „Auch hier unten hat es seltsame Erscheinungen und Halluzinationen gegeben. Chthon dürfte kaum dafür verantwortlich sein!"
    Bully strich sich die Kombination glatt und schritt weiter. Noch einmal glaubte er, hinter sich etwas Undefinierbares zu sehen. Vor Chthons Kabine blieb er unschlüssig stehen.
    Dann legte er die Hand auf den Wärmekontakt-Signalgeber.
    Die Tür ging auf. Chthon stand mitten im Zimmer und blickte in eine andere Richtung.
    Als er ein Geräusch hörte, drehte er sich um.
    Ja, das war tatsächlich der Schatten.
    Zuerst glaubte Bully, sich selbst zu sehen, sein eigenes Gesicht. Er kannte diesen Eindruck bereits, den jeder hatte, der Chthon gegenübertrat. Sofort trat das eigentliche Gesicht des Schattens hervor.
    Gesicht, Haut und Haar Chthons waren farblos, die Gesichtszüge seltsam unbestimmt, wie verwaschen. Dominierend waren die Augen. Die Augäpfel waren völlig schwarz und schienen das Licht aufzusaugen. Die Pupillen dagegen leuchteten strahlend weiß.
    Bekleidet war Chthon mit seinem Nebelwams, einem overallähnlichen, rauchigtrüben Kleidungsstück.
    Das Nebelwams leuchtete kurz auf, dann verlor es an Leuchtkraft und wurde matt und stumpf. Chthon bewegte sich hastig seitwärts, als wolle er an Bull vorbei zur Tür sehen.
    Ein mentaler Schrei starker Intensität hallte in Bully auf. Er zuckte zusammen und riß die Augen auf. Chthon wich vor ihm zurück, und ein zweiter Schrei folgte.
    „Was...", würgte Bully hervor, aber ein fürchterlicher Schlag einer unsichtbaren Kraft fegte ihn von den Füßen und schmetterte ihn zwischen die Sitzmöbel hinein. Aus den Augenwinkeln heraus sah er ein drachenähnliches, feuerglühendes Monstrum von über zwei Meter Größe, dessen Umrisse sich aus dem Nichts schälten. Das Monstrum warf sich Chthon entgegen, der bis zur Wand zurückwich.
    „Chthon!" ächzte Bully. „Was ist das?" Krampfhaft versuchte er, zwischen den beiden Sesseln hervorzukommen.
    Ein Gedankenimpuls des Schattens erreichte ihn. Er war verstümmelt und unklar. Bully konnte ihn nicht deuten. Er hatte etwas mit Flucht und Untergang zu tun.
    Vor seinen Augen löste sich der matte Schatten auf, und ganz kurz war der Hanse-Sprecher mit dem schaurigen Ungetüm allein.
    Dann verschwand auch dieses, und ein heftiger Leuchtwirbel stieg hinauf zur Decke und durchdrang sie.
    Bully richtete sich stöhnend auf. Das Ganze hatte keine fünf Sekunden gedauert.
    Er schob sich zwischen den Sesseln hervor und tappte schwerfällig zum Interkom.
    „Hier Bull", gab er durch. „Hanse-Alarm auslösen!"
    Es war etwas geschehen, er hatte es erlebt. Er wußte nicht, was es bedeutete. Er konnte es sich aber denken.
    Die Verschnaufpause war vorbei.
    Bully konnte die 6. Plage förmlich riechen.
     
    3.
     
    Legger Finch vermißte die Sonne nicht nur wegen ihrer astronomischen und biologischen Bedeutung für die Erde. Er war ein Mann, der den größten Teil seines Lebens in den Observatorien und Forschungsanlagen des Mondes zugebracht hatte. Bei seinem Alter von 202 Jahren wollte das etwas heißen.
    Nein, Finch ärgerte sich vielmehr darüber, daß es auf dem Mond die „Gezeiten" nicht mehr gab. Der NATHAN-Astronom startete durch die Kuppel des Nebenobservatoriums auf dem Monte Cassini in die Dämmernis hinaus, die Luna wie ein Leichentuch überzog und den Unterschied zwischen Tag und Nacht vergessen

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