1167 - Bettler des Vakuums
überlassen, die betreffenden Völker auf den rechten Weg zurückzuführen."
Indem sie sie tötet?
Der Hüter erschauerte.
„Sie ist eine gerechte Herrscherin", stammelte er. „Sie ist die Güte und die Ordnung und die Wahrerin des Lichts..."
Bomra erkannte, daß der Hüter Formeln plapperte. Es war eine meditative Übung, mit der dieses Wesen sich selbst dazu zwang, alle unerlaubten Gedanken auszuschließen.
Aber unter den Formeln lag das Wissen, daß Seth-Apophis die rebellischen Völker nicht tötete - es wäre unökonomisch gewesen. Aber manchmal, wenn ihr Zorn allzu groß war, konnte es vorkommen, daß sie trotzdem ein ganzes Volk auslöschte. Das war auch mit dem Volk des Hüters geschehen, und er, als der letzte Überlebende, stand nun so fest in Seth-Apophis' Bann, daß er sich dieser Erinnerungen nicht einmal mehr bewußt war.
Bomra, dessen Weltbild sehr beschränkt war, empfand ein leises Unbehagen angesichts dieser neuen Informationen. Er stand jenseits von Gut und Böse, denn er war ja gerade erst geboren worden und konnte das moralische Gewicht einer Tat oder einer Sache nicht einordnen. Außerdem hatte er keine Beziehungen zur körperlichen Welt, die der seinen so fremd war. Bis zu dem Augenblick, als er die von der explosiven Dekompression gräßlich verunstalteten Leichen gesehen hatte, war ihm nicht einmal klar gewesen, was er sich unter dem Wort „Tod" vorzustellen hatte. Er wußte, daß körperliche Wesen im allgemeinen gewissen Beschränkungen unterlagen, was ihre Reichweite in Raum und Zeit betraf - so hatte Seth-Apophis es ihn gelehrt, als sie ihn von der Sonne, die ihn geboren hatte, an ihren Wohnsitz holte. Sterblichkeit war für Bomra ein abstrakter Begriff. Jetzt plötzlich ging ihm auf, daß Körperlichkeit auch das Vorhandensein bestimmter Gefühle einschloß, für die ein Wesen wie Bomra aus verständlichen Gründen nicht empfänglich war. Eines dieser Gefühle war Schmerz, ein anderes Furcht, und beide standen in enger Verbindung mit dem Begriff Tod.
Die Wesen, die dort draußen dem Tod begegnet waren, hatten Schmerz und Furcht empfunden, das wußte Bomra, wenn er auch nicht hätte sagen können, woher ihm dieses Wissen kam. Wahrscheinlich handelte es sich wieder einmal um eine jener uralten Erinnerungen, die er nicht selbst erworben, sondern gewissermaßen ererbt hatte. Er zerbrach sich nicht lange den Kopf darüber, aber um so gründlicher dachte er darüber nach, ob es wirklich notwendig war, körperliche Wesen mit Schmerz, Furcht und Tod dafür zu strafen, daß sie eigene Gedanken hegten. Er geriet an einen Punkt, an dem er fast sicher war, daß das falsch sein mußte. Aber dann war da etwas wie eine Wand mitten in seinen Gedanken, und diese Wand war nicht nur unüberwindlich, sondern sie schob seine Überlegungen vor sich her, bis er wieder bei der Frage angelangt war, wo die Zublzus wohl abgeblieben waren.
Der Hüter hatte inzwischen aufgehört, Seth-Apophis zu preisen, und in seinen Gedanken und Gefühlen, unterhalb jener Ebene, in der die geordneten Sätze entstanden, spürte Bomra Verwirrung, Erstaunen und - Mitleid. Und dann Triumph, was ihn endgültig durcheinander brachte.
Der Hüter war ein uraltes und weises Wesen, und daran konnte auch die Tatsache nichts ändern, daß Seth-Apophis ihn um einen Teil seiner Erinnerung betrogen und ihn in ihren Dienst gepreßt hatte. Nachdem er seine Meditationsübung beendet hatte, war etwas von Bomras Gedanken in das Bewußtsein des Hüters übergegangen, und der weise, alte Hüter durchschaute das Wesen dessen, der sich Bomra nannte. Darum fühlte er Mitleid.
Aber er war nicht imstande, sein Wissen in Worte zu kleiden, und weil Bomras Schicksal so ungewöhnlich war, daß der Hüter es auch nicht in den Symbolen des Unterbewußten ausdrücken konnte, verstand Bomra nichts von dem, was dieses Wesen ihm gerne mitgeteilt hätte.
„Ehe du gehst, solltest du dir die Leichen genau ansehen", sagte der Hüter.
Dann geschah das, was er erwartet hatte: Seth-Apophis behielt dieses seltene Wesen namens Bomra sorgfältig im Auge, und darum hinderte sie den Hüter daran, mehr zu sagen.
Bomra bemerkte den schnellen, aber nachhaltig wirksamen Kontakt zwischen dem Hüter und der Superintelligenz nicht. Dafür spürte er, daß Seth-Apophis mit ihm zu kommunizieren verlangte. Er öffnete sich bereitwillig ihren Gedanken, denn er hatte viele Fragen.
Was sind Schmerz, Furcht und Tod für die körperlichen Wesen? fragte Bomra.
„Es sind
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