1167 - Bettler des Vakuums
unter der glänzenden Welt der Blüten gab es nicht die Spur von Leben.
Die Oberfläche des namenlosen Planeten war eine Welt des Todes.
Cobanor hatte schon viele tote Welten gesehen: Asteroiden und Monde, auch echte Planeten, die zu klein waren, um eine Atmosphäre an sich zu binden, größere Planeten, die ihren Bewohnern zum Opfer gefallen waren oder deren Sonnen erstarben, Planeten, die als ausgeglühte Schlackeklumpen dahintrieben, bis sie im Bereich entgegengesetzter Anziehungskräfte auseinanderbrachen. M82 - oder doch wenigstens jene Bereiche dieser Galaxis, die die VIVIER BONTAINER durchflogen hatte - bot eine Fülle von Anschauungsmaterial auf diesem Gebiet.
Dieser namenlose Planet aber besaß alles, was eine Welt brauchte, um einer großen Vielfalt von Lebewesen eine Heimat zu sein. Diese Welt besaß eine Atmosphäre, die irdischen Verhältnissen entsprach. Es gab auf ihrer Oberfläche Quellen, Flüsse, Seen und Meere, Gebirge, weite Ebenen, Hügel und Vulkane. Aber kein Tier war da, das aus den Quellen trinken konnte, und nirgends bedeckten Pflanzen den Boden. Wind und Wasser hatten diesen leblosen Boden von den Hügeln abgetragen, bis nur noch Felsenskelette zu dem glänzenden, von fliegenden Blüten durchsetzten Himmel hinaufstarrten.
„Ich weiß nicht, wie es euch geht", murmelte Sira schaudernd. „Aber mir ist das unheimlich. Wir sollten schnellstens von hier verschwinden." Da bewegte sich plötzlich etwas in dem Ungewissen Dämmerlicht, und Lichtpunkte glühten auf. Cobanor hielt unwillkürlich darauf zu, und als sie nahe genug heran waren, sahen sie eines der riesigen, ovalen Wesen, das wie eine seltsame, bläulich schimmernde Riesenraupe auf dem Boden umherkroch. Es schien etwas zu suchen, denn ab und zu wirbelte es eine Menge Staub auf, bis eine Mulde im Sand entstanden war, in der es aufgeregt hin und her glitt. Dabei gab es Laute von sich, ein unaufhörliches Murmeln, leise und gedämpft, in der Stille dieses toten Landes jedoch auch auf einige Entfernung deutlich zu hören. Die Raumfahrer in der Space-Jet hatten das Gefühl, einer hart arbeitenden Kreatur zuzusehen, die vergeblich den Boden durchwühlte und ihrem Unmut in einem unaufhörlichen Selbstgespräch Luft machte.
Sira vergaß auf der Stelle, daß sie diese Gegend unheimlich fand. In der VIVIER BONTAINER hatte sie sich Stunden um Stunden abgemüht und diese merkwürdigen Wesen mit Funksprüchen bombardiert, ohne eine Antwort zu erhalten. Sie hatte die Fremden bereits verdächtigt, daß sie sich vielleicht überhaupt nicht untereinander verständigen konnten. Und nun hörte sie das Murmeln und war wie elektrisiert.
„Wir müssen näher heran", forderte sie. „Kannst du auf diesem Felsen dort landen, Cobanor?"
„Ich könnte schon, aber ich werde es nicht tun", erwiderte der Arkonide.
„Warum nicht?" fragte Sira.
Cobanor deutete auf den murmelnden Giganten.
„Dieser Bursche dort ist das einzige Lebewesen, das wir bisher hier unten gesehen haben, und das erscheint mir unnatürlich. Wir werden nicht landen und schon gar nicht draußen herumlaufen, solange wir nicht wissen, warum es dort draußen kein Leben gibt."
„Aber dem Fremden passiert doch auch nichts!"
„Dieser Fremde", mischte Varkuum sich überraschend ein, „kann sogar im Vakuum existieren. Dem macht dieser unbekannte Einfluß sicher nichts aus."
„Und wenn es gar nichts gibt, was uns gefährlich werden könnte?" fragte Sira wütend.
„Es muß etwas geben", behauptete Varkun kühl.
„Aber..."
„Denke doch mal logisch, Sira", empfahl Jasmin Ali. „Die fliegenden Pflanzen dort oben bringen Ableger hervor, sie vermehren sich also, und da sie das tun, können sie nicht unsterblich sein. Wir müssen daher davon ausgehen, daß sie früher oder später abstürzen, und mit ihnen gelangen zwangsläufig auch einige von diesen kleinen Wesen auf die Oberfläche. Selbst wenn sowohl die Pflanzen als auch ihre Bewohner immer und in jedem Fall bei dem Absturz getötet werden, gelangen mit ihren sterblichen Überresten unzählige Mikroorganismen auf den Boden. Wenigstens ein paar Arten davon sind mit Sicherheit imstande, anorganische Stoffe zu verarbeiten, ganz abgesehen davon, daß von den Blüten ständig organische Materie auf die Oberfläche herabsinkt. Wenn alles mit rechten Dingen zuginge, müßte es also hier unten Leben geben. Es gibt aber keines, also existiert dort draußen etwas, das selbst die Mikroben umbringt."
„Ich bin aber keine Mikrobe!" wehrte
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