1169 - Satans Kind?
der Wand entfernt?«
Graham Bell bekam einen leicht roten Kopf, weil ihm das Blut hineingestiegen war. »Ich bin jemand, der es sich abgewöhnt hat, in seinem Beruf etwas zu glauben. Sie können sich nicht vorstellen, welche Ausreden ich schon gehört habe. Da habe ich es mir abgewöhnt, irgendetwas zu glauben. Ich halte mich lieber an die Tatsachen.«
»Wir ebenfalls«, erklärte Jane. »Es bleibt die Tatsache, dass das Außengitter herausgerissen wurde. Daran können auch Sie nichts ändern. Auch wenn es durch Korrosion und Abnützung des Gesteins locker gewesen wäre, man braucht schon jede Menge Kraft, um es zu entfernen. Wobei zuerst noch das Fenster geöffnet werden musste, was ja von innen nicht möglich ist.«
Bell knetete nervös seine Finger. »Es stimmt schon, da kommt einiges zusammen.«
»Das sehe ich auch so.«
Ich stellte die nächste Frage. »Wo befindet sich die Zeugin. Noch in der Zelle?«
»Nein. Wir mussten Muriel Sanders in unser Krankenrevier verlegen.« Er zuckte mit den Schultern und suchte nach den richtigen Worten. »Sie war zwar nicht unbedingt krank, aber absolut nicht ansprechbar. Völlig durcheinander. Es hat sie schwer mitgenommen. Es ist auch möglich, dass sie uns etwas vorgespielt hat. Bei den Einsitzenden hier weiß man das nie. Jedenfalls haben wir sie in einem gesicherten Einzelzimmer im Revier untergebracht.«
»Wollen Sie uns hinführen?«
Bell schaute auf die Uhr. »Ich bekomme gleich Besuch von einigen Handwerkern. Sie wissen ja, das Fenster…«
»Klar.«
»Deshalb kann Sie eine Mitarbeiterin begleiten. Sie ist unter anderem im Revier tätig, weil sie auch eine Ausbildung als Sanitäterin gemacht hat.«
»Alles klar«, sagte ich und lächelte.
Bell wollte dieses Lächeln nicht erwidern. »Glauben Sie wirklich an das, was Sie mir gesagt haben?«
»Warum nicht?«
»Dann müssten Sie auch an den Teufel glauben…«
Ich schaute Bell hart an. »Sie etwa nicht, Mister?«
Der Direktor zuckte zusammen. »Hören Sie mir damit auf. Davon habe ich die Nase gestrichen voll.«
Das konnten wir sogar verstehen…
***
Wer neue Krankenhäuser baut, der sorgt dafür, dass sie innen eine gewisse Freundlichkeit ausstrahlen. Dass auch die Beleuchtung stimmt, damit die warmen Farben voll zur Geltung kommen.
Das alles war in diesem Knast nicht der Fall. Die Krankenabteilung war ebenso trist wie alles andere. Flure ohne Fenster mit kaltem Licht gefüllt. Eine klamme Kühle, und unter den Füßen ein Boden, auf dem die Schritte Echos hinterließen. Das war nicht unbedingt die Welt, in der man schnell gesundete. Was viele möglicherweise auch hinauszögerten, denn besser als in einer Zelle war es hier immer.
Unsere Begleiterin war eine kleine stämmige Frau um die vierzig mit grauem, kurz geschnittenem Haar. Wir kannten ihren Namen nicht, sie hatte auch sonst nicht mit uns gesprochen und spielte mit ihren Schlüsseln.
Wir mussten durch bis zur letzten Tür gehen. Sie war verschlossen, und die Frau drehte den Schlüssel zwei Mal herum. Dann stieß sie die Tür auf. »Wenn Sie die Frau verlassen wollen, dann geben Sie mir Bescheid. Drücken Sie einfach auf den roten Knopf neben dem Bett an der Wand.«
»Danke für den Rat«, sagte ich.
Sie warf mir einen bösen Blick zu und zog sich dann mit schnellen Schritten zurück.
»Das kann aber keine Freundin von dir werden«, erklärte Jane. »So wie die dich angeschaut hat.«
»Von dir denn?«
»Gott bewahre.«
Nach dieser Bemerkung drückte Jane die schwere Tür auf und betrat als Erste das Krankenzimmer.
Wir hatten es so abgesprochen, denn eine Frau erweckte mehr Vertrauen als ein fremder Mann.
Wir waren bereits gehört worden, und die Person, um die es ging, stand am Fenster, schaute hinaus und drehte sich langsam um, als Jane den Namen Muriel Sanders sagte.
Wir erhielten keine Antwort. Aber wir konnten die Gefangene zumindest anschauen, die fast keine Haare mehr auf dem Kopf trug, so kurz war der Schnitt. Vielleicht war das Gesicht mal weich und fraulich gewesen, doch davon war nicht mehr viel zu sehen. Es zeigte Härte und Verbitterung.
Sie trug einen Schlafanzug und hatte über ihre Schulter einen Bademantel gehängt.
Ich schloss hinter mir die Tür. Sie war noch nicht ganz zu, als ich schon die Frage hörte:
»Was wollen Sie?«
»Mit Ihnen sprechen, Muriel«, erwiderte Jane.
»Aber ich will nicht mit Ihnen reden.«
»Vielleicht doch.«
»Nein. Hauen Sie ab. Ich weiß nicht, wer Sie geschickt hat, aber ich bleibe bei
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