1169 - Satans Kind?
wollte die Batterien nicht zu stark belasten. Außerdem brauchte ich sie im Moment nicht, denn die Dunkelheit tat mir nichts.
Urplötzlich und völlig überraschend passierte es.
Ich hörte die Schreie!
***
Es waren Schreie, die nicht in meinem Verlies aufgeklungen waren, das wusste ich genau. Aber es waren zugleich Laute, wie ich sie selten in meinem Leben gehört hatte. Es war auch schwer, sie zu beschreiben, ich stand einfach nur da und war gezwungen, sie mir anzuhören, denn es gab nichts, durch das ich den Schreien hätte entfliehen können.
Allgemein gesprochen empfand ich sie als eine grausame Tortur. Sie schnitten in meinen Kopf. Sie malträtierten mein Gehör. Sie waren einfach unbeschreiblich.
Schrill, überkippend. Dann wieder jammernd. Kurze Pausen einlegend, um das Luftholen zu ermöglichen. Schreie, die mir den Schweiß aus den Poren trieben, die mich fast bis an den Rand des Wahnsinns trieben, die mich selbst aufschreien oder aufstöhnen ließen und mich nervlich fertig machten.
Ich konnte sie nicht ertragen, aber ich musste es tun, weil ich sie nicht abstellen und höchstens lindern konnte, indem ich beide Hände gegen die Ohren presste.
Sie wurden leiser und hörten nicht auf. Nach einigen Sekunden ließ ich die Hände sinken, weil es einfach keinen Sinn hatte. Ich konnte ihnen nicht entgehen.
Eines allerdings hatte ich herausgefunden. Die Schreie stammten nicht von einem Mann, sondern von einer weiblichen Person. Und da schossen mir zwei Namen durch den Kopf.
Jane Collins oder Julia Coleman!
Dass es Jane war, glaubte ich nicht so recht, da kam schon eher Julia Coleman in Frage. Nur konnte ich nicht daran glauben, dass sie gefoltert wurde. Welchen Grund sollte die andere Seite haben?
So viel Fantasie besaß ich nicht. Eine andere Lösung lag mir viel näher. Ich hatte Julia Coleman bisher noch nicht zu Gesicht bekommen. Aber sie war mir von Jane beschrieben worden. Und sie hatte mir zugleich erklärt, wie hoch diese Frau in anderen Umständen gewesen war. Ihrer Meinung nach stand die Geburt dicht bevor. Und eine Geburt war immer mit Schmerzen verbunden. Ich glaube, es gab keine Mutter auf der Welt, die dabei ruhig und gelassen blieb.
Noch etwas war mir aufgefallen.
Ich hatte die Schreie verdammt nahe gehört. Zu nahe oder so nahe, dass sie auch in diesem Verlies hätten aufgeklungen sein können. Zum Greifen nahe.
Aber das war nicht so. Sicherheitshalber leuchtete ich noch einmal und bewegte mich dabei behutsam im Kreis, was sogar klappte, denn der Schwindel schleuderte mich nicht von den Beinen.
Der Strahl und sein rundes Ende huschte hin und her wie ein flüchtiger Geist.
Es war ruhiger geworden, wenn auch nicht völlig ruhig. Die Mauern waren durchlässig. Selbst das Jammern drang an meine Ohren, und auch dieses Geräusch hörte sich einfach schrecklich an.
Irgendwo war etwas. Irgendwo…
Und mir war es noch nicht gelungen, es zu entdecken. Ich kam dabei auf die verrücktesten Gedanken und stellte mir vor, dass es hier unten ein Tor zu einer anderen Welt oder Dimension gab, das nicht geschlossen worden war und so weit offen stand, dass die Botschaft auch in der Normalität verstanden werden konnte.
Ungefähr in der Mitte des Verlieses hielt ich mich auf und schloss die Augen. So konnte ich mich besser konzentrieren und wurde durch nichts abgelenkt.
Das Jammern war geblieben, aber es hatte sich verändert. Es floss nicht mehr, es wurde immer wieder durch heftige Atemzüge unterbrochen, und die stammten von einem Menschen.
Zwar hockten die Schmerzen noch wie dichte Träume in meinem Kopf, aber ich war jetzt in der Lage, mich nach vorn zu orientieren, denn von dort erreichten mich die Geräusche.
Aber da war nichts, abgesehen von diesem verdammten Gestein. Oder hatte ich nicht richtig hingeschaut?
Im Dunkeln war das schon möglich gewesen. Selbst bei diesen kurzen, zuckenden Lichtreflexen.
Um es genauer zu erfahren, musste ich näher an die Wand herangehen.
Es waren nur wenige Schritte, und diesmal leuchtete ich direkt gegen sie.
Zum ersten Mal fiel mir die Veränderung auf. Es gab die Steine, aber es gab sie nicht überall, denn in der dunklen Mitte malten sie sich nicht ab.
Trotzdem war es dort dunkel.
Wie eine Katze, die sich ihrer Beute nähert, so kam ich mir vor, als ich auf diese Stelle zuging. Ich dämpfte sogar meine Schritte, um keine störenden Laute zu verursachen, saugte noch einmal die schlechte Luft ein und blieb einen halben Schritt vor der Wand und damit
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