1169 - Satans Kind?
meiner Aussage.«
»Das sollen Sie auch«, erklärte Jane. »Wir wären Ihnen sogar dankbar dafür. Und geschickt hat uns jemand, den Sie bestimmt gut kennen. Julia Coleman.«
»Wollen Sie mich verarschen?«
»Nein. Aber Sie haben mit ihr die Zelle geteilt.«
»Sie wissen doch alles.«
Jane blieb freundlich. Ich hielt mich mehr im Hintergrund auf und wartete ab. »Mein Name ist übrigens Jane Collins. Es könnte sein, dass Sie ihn schon mal gehört haben.«
Ja, Muriel Sanders hatte ihn gehört, auch wenn sie es nicht zugeben wollte. Wir entnahmen es ihrer Reaktion. Sie war leicht zusammengezuckt, und danach umklammerte sie ihre Hände, als wollte sie die Finger zusammenquetschen.
»Ich denke«, fuhr Jane fort. »Wir sollten einander mehr vertrauen.« Nach diesen Worten stellte sie mich vor.
Muriel gönnte mir nur einen kurzen Blick. Danach hob sie die Schultern und ging zu ihrem Bett. Sie legte sich nicht hin, sondern setzte sich nur. Es gab keinen Stuhl im Raum. Nur einen schmalen Metallschrank. Das Fenster war vergittert. Ich ging trotzdem hin und warf einen Blick nach draußen.
Die Umgebung war alles andere als freundlich. Sie ertrank in der Tristesse. Dazu trug auch der Regen bei, der nach wie vor in Schnüren aus dem Himmel sickerte.
»Julia war noch vor kurzem bei mir«, begann Jane das Gespräch.
»Ich weiß. Sie hat mir gesagt, dass sie sich mit Ihnen treffen will.« Muriel hob den Blick. »Sie haben Julia eingefangen. Komisch, Sie hatte trotzdem Respekt vor Ihnen und war der Meinung, nass nur Sie ihr helfen könnten.«
»Sie war schwanger.«
»Klar. Das konnte man sehen.«
»Und Sie hat Ihnen auch gesagt, wer der Vater des Kindes ist?«
Nach dieser Frage drehte ich mich vom Fenster weg, weil ich Muriels Reaktion erleben wollte.
Sie bewegte sich nicht. Die Hände hatte sie in den Schoß gelegt. Der Blick war nach unten gesenkt, und sie sah aus wie jemand, der nach Worten suchte. »Wissen Sie das nicht?«
»Julia sprach vom Teufel.«
»So ist es«, flüsterte Muriel zurück. »Sie sprach vom Teufel, und ich glaube auch, dass es der Teufel war, der ihr das Kind gemacht hat, denn ich habe ihn selbst gesehen.« Nach dem letzten Wort riss sie den Kopf hoch und lachte schallend. »So, jetzt haben Sie alles gehört. Bitte, reagieren Sie. Schütteln Sie den Kopf. Halten Sie mich für verrückt und übergeschnappt. Sorgen Sie dafür, dass ich in eine Gummizelle komme. Das haben Sie doch vor, wie?«
»Nein, das haben wir nicht«, erklärte ich.
Zum ersten Mal war ich für Muriel Sanders interessant geworden. Sie drehte den Kopf so, dass sie mich anschauen konnte. »Wer sind Sie überhaupt?«
»Ein guter Freund von Jane Collins.« Ich verschwieg bewusst meinen Beruf.
Sie lächelte kalt. »Dann glauben Sie wahrscheinlich auch an den Teufel?«
»Möglich.«
Ich erkannte jetzt das Schimmern in ihren Augen. »Glauben bringt nicht viel. Man muss es wissen. Man muss der Wahrheit ins Auge gesehen haben, so wie ich.«
»Das kann ich verstehen.«
»Haben Sie das denn?«
»Ich denke schon.«
Diese Antwort hatte Muriel leicht aus dem Konzept gebracht. Sie wusste nicht so recht, was Sie sagen sollte.
Schließlich hob sie die Schultern. »Wie sah er denn aus?«
»Man kann ihn schlecht beschreiben.«
»Ausrede!«, fuhr sie mir in die Parade. »Das ist eine Ausrede. Ich habe ihn nämlich gesehen.«
»Das glauben wir Ihnen. Nur ist der Teufel zugleich ein Meister der Verwandlung. Er kann in verschiedenen Gestalten erscheinen. Er ist ein Trickser und Täuscher. Er zeigt sich den Menschen mal so und dann wieder so. Deshalb kann ich Ihnen keine konkrete Antwort auf die Frage geben. Aber da Sie ihn gesehen haben, werden Sie ihn uns wohl noch beschreiben können, oder?«
Muriel Sanders überlegte nicht lange. »Ja, das kann ich. Das kann ich sogar sehr gut. Er war ja bei uns in der Zelle. Er ist es gewesen, der das Gitter abgerissen und das Fenster geöffnet hat. Von innen war das nicht möglich. Von außen schon. Er schlich heran wie ein Dieb in der Nacht. Er war plötzlich bei uns, und Julia hat ihn empfangen wie einen lange vermissten Geliebten, obwohl sie sich auch vor ihm fürchtete, aber das Kind in ihrem Bauch war ihr wichtiger.«
»Was passierte genau?«, erkundigte sich Jane.
Muriel zuckte die Achseln. »Sie gingen. Ja«, sie nickte. »Sie gingen einfach weg. Sie liefen auf das Fenster zu, schwangen sich hinaus, und da, war keine Leiter. Da war nichts. So schwebten sie dann in den Regen und die
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