1169 - Satans Kind?
»Ha, du bist schon da?«
»Ich halte eben meine Zeiten.«
»Hätte ich auch gern. Aber du kennst ja den Verkehr. Zwei Unfälle hielten mich auf, dann hat noch jemand falsch geparkt, der abgeschleppt wurde… Na ja, dir brauche ich das ja nicht erst groß zu erklären.« Sie lächelte flüchtig und küsste mich zur Begrüßung auf beide Wangen. Dann fragte sie:
»Ist der Kaffee gut?«
»Ja.«
»Besser als bei Glenda?«
»Nicht ganz.«
»Haha, ich wusste, dass du das sagen würdest.«
»Sie ist eben die Meisterin.«
»Klar.« Jane nickte und strich durch ihr Haar. Ich grinste in mich hinein. Da konnte man noch so alt werden, die Rivalität zwischen den beiden hörte nie auf. So etwas ist eben menschlich und gehörte auch zum Leben.
Jane entdeckte noch Krümel auf dem Teller. »Hast du auch was gegessen?«
»Ein Croissant mit Schinken.«
»Lohnt es sich?«
»Wenn du dir eins bestellst, werde ich auch noch einen Nachschlag nehmen.«
»Okay, ich verlass mich auf dich.«
Bei der netten Bedienung mit der auch kaffeebraunen Haut bestellten wir beide das Gleiche. Lange zu warten brauchten wir nicht. Auch diese Hörnchen sahen frisch aus, und der gekochte Schinken war aus Italien importiert worden und schmeckte köstlich.
Jane hatte den Mantel nicht ausgezogen und ihn nur geöffnet. Darunter trug sie zu den hellblauen Jeans einen dünnen beigefarbenen Sommerpullover, dessen Maschen recht großzügig gestrickt waren. Nachdem sie die Hälfte des Croissants gegessen und auch die Tasse zur Hälfte geleert hatte, kam sie zum Thema. »Du fragst dich bestimmt, warum wir uns hier treffen.«
»Klar. Wenn du ins Kino möchtest oder…«
»Nicht ins Kino und auch kein Aber.«
»Dann hat es dienstliche Gründe.«
»Genau!«
Ich verzog das Gesicht. »Nicht schon wieder. Reicht dir der letzte Fall mit den Wades denn nicht?«
»Man kann sich eben die Zeitpunkte nicht aussuchen.«
»Das stimmt.« Ich aß den Rest meines Hörnchens, trank auch Kaffee und fragte: »Worum geht es genau?«
»Um eine Frau, die im Knast sitzt oder sitzen müsste und Julia Coleman heißt.«
»Kenne ich nicht.«
»Das weiß ich. Aber du wirst dich noch mit ihr beschäftigen müssen, John.«
»Warum?«
Jane winkte ab, aß ebenfalls auf, spülte mit Kaffee nach und tupfte Krümel von den Lippen. »Das werde ich dir alles haarklein erklären. Nur möchte ich dich bitten, dich zurückzuhalten und keine Zwischenfragen zu stellen. Wir verlieren sonst zu viel Zeit, denn wir beide haben heute noch einen Termin.«
»Toll, was du alles für mich in die Wege leitest.«
»Das ist kein Spaß.«
»Ich höre.«
Das war wörtlich gemeint, denn ich hörte wirklich zu. So lernte ich durch Jane Julia Coleman kennen, eine rückfällig gewordene Diebin, die von Jane gestellt worden war und nun eine Strafe absitzen musste, wobei sie die Detektivin dann um ein Gespräch gebeten hatte.
Jane Collins konnte mir natürlich nicht jedes Wort wiedergeben, aber die Essenz schon, und was sie da sagte, das hörte sich interessant an, vorausgesetzt, es stimmte alles.
»Was willst du jetzt von mir hören?«
»Erst mal deine Meinung, John.«
Ich hob die Schultern und verzog den Mund zu einem Grinsen. »Wenn ich das alles so mitbekommen und nichts vergessen habe, dann ist das ein ähnlicher Fall wie unser letzter, nicht wahr?«
»Aber nur entfernt, John. Julia Coleman ist tatsächlich in anderen Umständen. Sie behauptet steif und fest, dass sie ein Kind vom Teufel empfangen hat.«
Ich war noch immer skeptisch. »Gibt es nicht noch mehr Frauen, die das behaupten? Oder es sich wünschen? Ich denke da an die Mitglieder verschiedener Sekten.«
»Ja, da hast du Recht.«
Da sie nichts mehr sagte, sprach ich weiter. »Es kann eine Einbildung sein. Wer weiß, was sie im Knast getrieben hat und wer der Vater ist. Wer in vier Wänden eingeschlossen ist, baut sich bestimmt eine eigene Welt auf, um seinen Zustand zu erleichtern.«
»Richtig, John.« Jane trat von einem Bein auf das andere. Um uns herum summten die Stimmen der anderen Gäste, und dann sagte sie einen Satz, der mich aufhorchen ließ. »Wenn man eingeschlossen ist…«
Ich runzelte die Brauen. »Das hat sich verdammt komisch angehört.«
»Ist es aber nicht.«
»Sondern?«
Jane musste sich räuspern. »Julia Coleman ist aber nicht mehr eingeschlossen.«
»Dann hat man sie entlassen?«
»Das auch nicht«, erklärte Jane lächelnd. »Julia konnte vor zwei Nächten fliehen.«
Ich antwortete zunächst
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