1169 - Satans Kind?
nicht und trank einen Schluck Kaffee. »Das ist ein Hammer. Ein Ausbruch also.«
»Genau.«
»Und wie war das möglich?«
Jane dachte nach. »Die Umstände liegen auf der Hand, aber sie sind sehr rätselhaft. Julia Coleman ist kurzerhand durch das offene Fenster ihrer Zelle gestiegen und aus dem zweiten Stock des Gefängnisses spurlos verschwunden.«
Ich sagte nichts. Runzelte nur die Stirn. Dabei schaute ich Jane ins Gesicht.
»Du glaubst mir nicht?«
»Hatte das Fenster kein Gitter?« fragte ich.
»Klar. Es wurde nicht durchgesägt, sondern einfach aus der Wand gehoben.«
»Von außen?«
»Ja.«
»Und von ihr?«
Diesmal verneinte Jane. »Von ihrem Helfer. Die Mitgefangene Muriel Sanders behauptet, dass ihnen der Vater des Kindes, der Teufel, einen Besuch abgestattet und das Fenster geöffnet hat. Er hat Julia auch geholt und schwebte mit ihr davon.«
Ich trank die Tasse leer. »Das ist alles?«
»Im Großen und Ganzen schon.«
Da ich etwas krumm am Tisch gestanden hatte, richtete ich mich auf und reckte mich. »Lassen wir das mal dahingestellt sein«, nahm ich den Faden wieder auf, »ich wundere mich nur, dass man ausgerechnet dir Bescheid gegeben hat.«
»Das ist nicht so verwunderlich, John. Ich hatte sie besucht, weil sie mich ja sprechen wollte. Ich brauche das alles nicht zu wiederholen. Aber die Gefängnisleitung hält mich für eine Fluchthelferin. Ich soll in einer Stunde dort antreten, und ich möchte, dass du mit dabei bist. Deshalb haben wir uns hier getroffen.«
»Man will dich verhören?«
»So ist es.«
»Bringt das was?«
»Nein!«, erklärte Jane. »Das bringt überhaupt nichts, weil ich mit dem Ausbruch nichts zu tun habe. Wir müssen allerdings die Spur aufnehmen, John. Mir allein würde man nicht gestatten, mit Muriel Sanders zu reden. Mit ihr hat Julia die Zelle geteilt. Wenn du dabei bist, denke ich, ist das etwas anderes.«
Ich zuckte die Achseln. »Allmächtig bin ich auch nicht.«
»Hör auf, John. Tu nicht so, als würde dich der Fall nicht interessieren. Wenn all das stimmt, was ich von Julia Coleman gehört habe, könnten sich Abgründe auftun. Und gerade dann, wenn der Teufel seine Hand im Spiel hat, bist du doch voll dabei.«
»Es steht aber noch nicht fest, ob er tatsächlich dahinter steckt.«
»Warum sollte sie gelogen haben?«
»Warum nicht?«
»Und der rätselhafte Ausbruch?«
Ich winkte ab. »Okay, du hast mich mal wieder überzeugt. Es wäre auch einem Wunder gleichgekommen, wenn es anders gewesen wäre. Lass uns zahlen und fahren.«
»Die Rechnung übernehme ich.«
»Oh«, staunte ich. »Wenn ich das vorher gewusst hätte, dann…«
»Ja, ja, dann hättest du den Laden hier leergetrunken.«
»Nur zur Hälfte, Jane, wirklich…«
Sie verließ den Tisch und ging der Bedienung entgegen. Ich blieb noch stehen, schaute durch die Scheibe in den Regen und dachte daran, dass die Welt ab jetzt für mich noch ein wenig trüber aussah. Denn der Teufel brachte nun mal keinen Sonnenschein mit…
***
Das Gefängnis wurde von einem Mann geleitet, der Graham Bell hieß und uns in seinem Büro empfangen hatte.
Bell war ein Mensch, dem man von seiner äußeren Erscheinung her einen derartigen Job nicht zutraute. Er war klein, dünn, aber irgendwie auch drahtig. Das blonde Haar hatte er zur Bürste geschnitten, und die grauen Augen unter der gekrümmten Nase musterten prüfend meinen Spezial-Ausweis. Dabei wiederholte er meinen Namen einige Male und stellte die sich anschließende Frage dann lauter: »Könnte es sein, dass ich von Ihnen schon gehört habe?«
»Keine Ahnung, Mr. Bell, aber Sinclairs gibt es viele hier in London.«
Er schüttelte den Kopf. »Trotzdem. Sie sind ein ganz spezieller. Ist auch egal. Jedenfalls war es von Ihrer Begleiterin ein schlauer Schachzug, Sie mitzunehmen.«
»Sie haben Miss Collins verhören wollen?«
»Unbedingt.«
»Dann verlassen Sie sich darauf, dass Miss Collins mit der Flucht Ihrer Gefangenen nichts zu tun hat.«
»Wer sollte ihr denn geholfen haben?«
»Gibt es da nicht die Aussagen einer gewissen Muriel Sanders? So hörte ich es zumindest.«
»Die gibt es. Ich habe sie sogar schriftlich. Aber wer glaubt schon diesen Unsinn? Das ist doch nichts weiter als das Gerede einer durchgeknallten Person, die von anderen Dingen ablenken will.«
»Von welchen denn?« fragte Jane.
»Keine Ahnung, Miss Collins. Aber wir werden es noch herausfinden, denke ich.«
»Meinen Sie denn, Muriel Sanders hätte das Gitter außen von
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