1171 - Der Todesimpuls
abgestrahlt hätten. Andere Muster hingegen seien ausgesprochen feindselig gewesen, so daß er sie angegriffen hätte.
Als Fred Körner seinen Bericht beendete, verlor er den Kontakt mit ES. Der Unsterbliche wußte, daß derartige Projektionen, die nicht von ihm gewollt und kontrolliert wurden, im Einsatz gegen den Gegner nutzlos waren. Aber ES wußte nun auch, daß die Boten der Seth-Apophis nur im Kollektiv gefährlich waren.
ES rief Ralf Märten.
Fred Körner ist nicht die einzige Spontanprojektion gewesen. Ich habe keine Kontrolle über sie, nehme ihre Rückkehr jedoch am Schwanken des Energiepotentials wahr. Der Informationsfluß versiegte einige Zeit, dann fuhr ES fort: Dir ist die Situation auf EDEN am besten bekannt, du wirst den Kampf aufnehmen. Finde die anderen Projektionen und kontrolliere sie. Ich werde später noch andere schaffen, diesmal geplant. Kontakt halte ich nur mit dir, Ralf Märten. Ich habe jetzt keine andere Möglichkeit. „Der Gegner ist übermächtig", gab Ralf Märten zu bedenken.
Nicht wenn wir die Gruppe trennen! „Sie wissen das auch und bleiben zusammen."
Dann finde einen Weg!
Der Kontakt brach ab.
Ralf Märten stand wieder auf der Oberfläche von EDEN II, diesmal auf der anderen Seite des Labyrinthgebirges am Rand eines unübersehbaren Trümmerfeldes.
Einst hatte es hier eine gewaltige Anlage gegeben.
Sie war restlos zerstört worden.
*
Das Mädchen Belinda hatte nicht die geringste Ahnung, was geschehen war. Eben noch hatte sie als körperlose Energieeinheit innerhalb des Milliardenbewußtseins existiert, und nun stand sie leibhaftig und in ihrer ursprünglichen Gestalt in einer der Straßen von Kantrov, der ehemaligen Hauptstadt eines Gebiets mit gleichem Namen. Man hatte es einst das „Gebiet der ersten Stunde" genannt, als noch Menschen hier lebten.
Hatte ES sie hierher geschickt? Und wenn ja, warum?
Sie wußte es nicht und bekam auch keinen Kontakt zu dem Unsterblichen.
Obwohl seit unbestimmbarer Zeit unbewohnt und menschenleer, wirkten die Straßen und Häuser neu und verrieten nicht die geringste Spur von Verwitterung.
Belinda wußte nicht mehr, ob sie schon jemals hier gewesen war, aber auf dem Grund ihres Erinnerungsspeichers zeichneten sich schemenhaft die Eindrücke von belebten Straßen und großen, hohen Gebäuden ab. Jedenfalls wußte sie, was eine Stadt war.
Belinda war ein hübsches Mädchen gewesen, und jetzt war sie es wieder. Sie tastete ihren Körper ab. Kein Zweifel, er war echt, wenn auch nur eine Realprojektion.
Die Straße war breit, und an ihren beiden Rändern wuchsen vor den Häuserreihen Bäume.
Einheitlich konstruierte Kabinenautos standen auf Parkeinbuchtungen, als wären sie eben erst abgestellt worden.
Belinda stand still und beobachtete. Seit sie Bewußtsein war, kannte sie die Furcht vor dem Tode nicht mehr, weil sie wußte, daß es ihm im Grunde genommen nicht gab. Sie konnte höchstens wieder von ihrem Körper getrennt werden, das war alles.
Aber genau das wollte sie jetzt nicht. Es war ein herrliches Gefühl, wieder einen Körper zu besitzen, zumal es noch ihr ursprünglicher, junger Körper war. Und schon verspürte sie auch wieder das natürliche Verlangen nach menschlicher Gesellschaft.
War die Stadt wirklich leer und verlassen, oder gab es hier noch Leben? Wenn sie hier stehenblieb, würde sie es wohl nie herausfinden. Da Leben jedoch auch Gefahr bedeuten konnte, beschloß sie, mit äußerster Vorsicht vorzugehen. Sie verließ die Straße und ging hinüber zu den Bäumen, um den breiten Fußweg zu benutzen, der Straße und Häuser trennte.
Die meisten Türen zu den Geschäften standen offen, aber niemand war in den Läden zu sehen, deren Regale bis zur Decke gefüllt waren. Erneut stiegen vage Erinnerungen in Belinda auf, Erinnerungen, mit denen sie nicht viel anzufangen vermochte.
Ein großes Kaufhaus ließ sie zögern, und es dauerte eine ganze Weile, bis sie das seltsame Gefühl identifizieren konnte, das von ihr Besitz ergriffen hatte. Es war ein Gefühl, das sie längst nicht mehr kannte, denn ein bloßes Bewußtsein kannte weder Hunger noch Durst.
Belinda hatte Hunger.
Vorsichtig betrat sie die riesige Halle mit den langen Reihen der Verkaufstische mit den sauber aufgestapelten Waren. Mit den meisten Dingen hätte sie nichts anzufangen gewußt, noch nicht. Aber ohne jeden Zweifel stiegen immer mehr Erinnerungsbilder zur Oberfläche ihres Bewußtseins empor und nahmen erkennbare Formen an.
Das hier
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