1172 - Triumph der Kosmokratin
wurde. Sie trudelten, rollten und schwebten zwischen den Zinnen hindurch und senkten sich langsam auf das hinab, was früher einmal eine Straße gewesen war. Jetzt gab es nur einen tief schwarzen, absolut lichtabsorbierenden, kristallinen Untergrund, der einem das Gefühl vermittelte, über einem endlosen Abgrund zu hängen.
„Da!" Chthon hob einen Arm.
Ellert sah Gestalten, die sich über die Zinnen der kleinen Burgen beugten. Sie sahen grausig aus, viel schlimmer als er selbst, und er schloß hastig den Helm seines SERUNS.
Er empfand Furcht, aber auch Scham, und er wollte auf keinen Fall mit diesen Monstern verglichen werden, die die Burgen bevölkerten.
Beim nächsten Hinschauen waren sie wieder verschwunden. Dafür erhob sich ein Rauschen und Ächzen. Mit violetten Nebelfetzen raste ein Lärmorkan über die Bauten und Gestalten hinweg. Er trieb durch die Straße, in der sie sich aufhielten und riß Ellert von den Füßen. Er schaltete die Außenlautsprecher ab und bewegte die gequälten Ohren.
„Bloß weg hier!" verstand er Chthon. Sie eilten weiter, bis sie in der Düsternis gegen ein Hindernis stießen. Die Straße war zu Ende, eine hohe, tiefschwarze Wand schloß sie gegen die Eindringlinge ab.
„Ich kann hindurch", teilte Chthon mit und verschwand.
Ellert aktivierte das Flugaggregat und schwebte empor. Er sah die Begrenzungen der Mauer nicht, und der Himmel darüber hatte sich so stark verfinstert, daß er keinen Kontrast bildete. Immer wieder tastete Ellert um sich, und er stellte fest, daß die Mauer mindestens doppelt so hoch war wie die Burgen. Er befürchtete fast, daß sie mit seinem Aufstieg mitwuchs.
Dann aber war er hinüber und hielt nach Chthon Ausschau. Der Schatten, stand weit unter ihm, er schätzte die Distanz auf über zweihundert Meter. Die Mauer hinter ihm war höchstens vierzig Meter hoch gewesen.
„Paß auf!" signalisierte der Schatten ihm. „Da bewegt sich etwas in der Luft!"
Auf dieser Seite der Mauer war wieder nur der grüngelbe Himmel zu erkennen. Er beleuchtete ein riesiges Gräberfeld aus lauter Hügelgräbern, aber es konnten nur Bauwerke sein, die Vishna für ihre Zwecke errichtet hatte.
Wie hat sie das in so kurzer Zeit geschafft? fragte Ellert sich. Er sah einen Schatten und wich instinktiv aus. Etwas klatschte gegen seinen Rücken und trudelte davon. Er sah, daß es ein riesengroßes Blatt mit kristalliner Struktur war. Es hatte ihn aus seiner Bahn geschleudert, aber der Computer glich die Störung mit dem Gravitator aus.
„Was ist das, ein Lebewesen?" fragte Ellert verwundert.
„Ich habe einen Verdacht", sagte Chthon. „Ich komme irgendwann darauf zurück. Die Struktur des Gebildes erinnert mich an etwas. Da, jetzt kommt es zurück!"
Ellert wich geschickt aus und flog einen weiten Bogen. Er steuerte hinab zu Chthon, der auf einer Schräge stand, aus der in regelmäßigen Abständen Widerhaken ragten. Diese bewegten sich suchend umher.
„Alles lebt hier, sogar die toten Gegenstände", sagte der Schatten mental. „Aber sieh dort!"
Zwischen den Hügelgräbern aus blankem Metall hingen zwei leuchtende Punkte am Himmel, die sich rasch der Stadt näherten. Ihnen folgte ein hellrosa leuchtender Schweif.
„Es ist soweit"; nickte Ellert. „Das sind die beiden Kopfjäger und ihr Faß. Sie lassen uns nicht in Ruhe!"
„Dich schon", sagte Chthon dumpf. „Mich jedoch nicht. Es ist das beste, wenn ich mich von dir trenne. Nur so ist gesichert, daß dir nichts geschieht, Ernst! Du mußt versuchen, dich allein zum HQ-Hanse durchzuschlagen und dort etwas zu erreichen!"
„Unsinn", erwiderte der Terraner. „Glaubst du wirklich, HQ-Hanse existiert noch? Du bleibst bei mir!"
„Die Voraussetzungen haben sich verändert", erklärte Chthon eindringlich. „Danach müssen wir unser Handeln einrichten. Jetzt aber nichts wie weg!"
Ein Blätterschwarm senkte sich über die Schräge, und sein Ziel waren eindeutig die beiden Gestalten. Chthon ließ sich einfach absinken, und Ellert jagte waagrecht davon, bis er ein paar der metallenen Hügel hinter sich gebracht hatte. In Sichtweite tauchte eine Silhouette auf, und der Terraner atmete auf.
Wenigstens den Wald hatte Vishna stehen gelassen. Die Bäume ragten in unterschiedlichen Höhen auf, und ihre Kronen bildeten Muster, die man offenbar nur erkennen konnte, wenn man etwa in gleicher Höhe auf sie zuflog.
Unter sich sah Ellert das Nebelwams leuchten. Chthon bewegte sich in dieselbe Richtung. Auch sein Ziel war das
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