1175 - Der Zombie-Doc
Luke Donovan auf seinem Platz. So wie er da hockte, wirkte er steif wie ein Brett. Obwohl wir uns in seiner Nähe bewegten, war nichts in seinem Blick zu erkennen. Die Augen wirkten wie tot. Er hatte den Schock noch nicht verkraftet. Ich glaubte auch nicht daran, dass er uns noch viel Neues sagen konnte. Dennoch war er ein wichtiger Zeuge. Er hatte den Kontakt nicht nur zu einer Toten gehabt, sondern auch zu dieser Wendy, die vermutlich ebenfalls umgebracht worden war.
Welch eine Verbindung gab es zwischen dieser fremden Gestalt und Carol Morton? Warum hatte sie sich gerade diese Frau ausgesucht und sie auf bestialische Art und Weise umgebracht?
»Können Sie sprechen, Luke?«, fragte ich ihn leise.
Seine Schultern zuckten.
»Bitte, Sie müssen uns helfen. Sie haben von den Träumen gesprochen. Was ist daran wahr? Wann sind sie gekommen? Und was hat das mit den beiden ermordeten Frauen zu tun?«
»Ich kenne nichts, gar nichts.«
»Aber Sie haben geträumt.«
»Ich will weg hier!«
»Das wird bald geschehen. Wir werden Sie in Sicherheit bringen, Luke.«
»Wohin?«
»Dahin, wo Sie Ihre Ruhe haben.«
»Sie sind tot.«
»Ja, Luke. Beide sind tot. Aber auch ihr Mörder lebt nicht mehr. Sie haben gesehen, wie er verbrannte. Er ist nicht grundlos zu den beiden Frauen gekommen. Er muss sie gekannt haben, davon gehen wir aus. Haben Carol und Wendy mit Ihnen über diese Gestalt gesprochen? Kam sie Ihnen bekannt vor?«
»Ich weiß nichts.«
»Aber Sie haben geträumt?«
»Ja, das habe ich.«
»Zweimal sogar.«
»Ich will weg!«
Ich gab auf. Er stand noch zu sehr unter dem Schock des Erlebten. Da konnte ich fragen, was ich wollte, von Luke Donovan würde ich nie eine Antwort bekommen.
Wir mussten ihn mit zum Yard nehmen. Er brauchte Ruhe. Erst dann konnten wir mit ihm sprechen.
»Okay, Luke. Es ist am besten, wenn wir so schnell wie möglich von hier verschwinden. Ich bringe Sie jetzt weg. Mein Kollege bleibt noch so lange hier und wird alles regeln. Haben Sie verstanden?«
»Carol ist tot«, sagte er nur. »Carol ist tot. Wendy auch. Es werden noch mehr Menschen sterben.«
»Woher wissen Sie das?«
»Ich spüre es.«
»Sind es Menschen, die Sie kennen?«
Er senkte den Kopf wie jemand, der stark überlegen musste. Ich störte ihn dabei nicht und ging davon aus, dass es besser war, ihm Zeit zu lassen. Nur so konnten wir zumindest einen Teil der Wahrheit erfahren und das Ende des roten Fadens finden.
Für mich stand schon jetzt fest, dass wir vor einem verdammten Rätsel standen, das so einfach nicht zu lösen war. Dieser Graue war kein Mensch, er war auch kein richtiger Zombie gewesen. Eine Figur oder eine Gestalt aus einer völlig neuen Welt oder Ära.
Das hatte ich vor kurzem schon in Russland erlebt. Sollte sich dieses Elend jetzt ausgebreitet haben?
Man dachte seit kurzem nicht mehr national, sondern nur global, und da waren Grenzen kein Hindernis mehr. Damit mussten auch wir uns abfinden.
Zudem erlebten wir es oft genug am eigenen Leib. Erst vor kurzem war ich aus Rumänien zurückgekehrt, wo ich gegen Ludmilla Marek, eine Vampirin, gekämpft hatte. Sie war zudem noch die Ahnin des Pfählers gewesen, der auf den gleichen Namen hörte. Sie existierte nicht mehr, doch ich hatte meinen Freund Frantisek mit einigen Problemen zurückgelassen.
Ich hatte auch deshalb daran gedacht, wie »bunt« mein Leben war. Zum einen kämpfte ich gegen die klassischen Vampire, zum anderen musste ich nach vorn schauen und mich auch mit der Zukunft und den Veränderungen beschäftigen.
Ich wollte mich wieder an Luke Donovan wenden, der den Sessel zwar nicht verlassen hatte, aber vorgebeugt auf der Kante saß und immer die beiden Namen Wendy und Carol flüsterte.
»John, da ist jemand!«
So leise Suko auch gesprochen hatte, ich war schon durch den Satz alarmiert.
»Und…?«
»An der Wohnungs…«
Es passierte überfallartig, und wir hatten dem nichts entgegenzusetzen. Plötzlich bekam die Tür von der anderen Seite her einen mächtigen Stoß.
Sie flog fast in das Zimmer hinein, und wie Schattenwesen sprangen die vermummten Gestalten in den Raum. Das heißt, so vermummt waren sie nicht. Sie sahen nur so unförmig aus, weil sie Gasmasken vor ihren Gesichtern trugen. Noch während sie ins Zimmer stürmten, hatten sie Glaskugeln auf den Boden geworfen, die dort sofort zersprangen.
Das Gas breitete sich so schnell aus, dass wir nichts mehr dagegen tun konnten.
Bei mir reichte bereits ein kleiner Atemzug.
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