1177 - Der Weg in die Unterwelt
Bill recherchierte über Grenzen hinaus. Er war unheimlichen Vorgängen und Vorfällen auf der Spur, und mir hatte er schon manchen Tipp gegeben und mich damit auf Vorgänge aufmerksam gemacht, die mich beruflich angingen.
So würde es auch bei diesem Treffen sein, obwohl Bill noch nichts in dieser Richtung angedeutet hatte.
Auch er hatte sich noch eine Flasche Wasser bestellt. Ich schaute zu, wie die Flüssigkeit in das Glas hineinfloss und er seine Stirn in Falten legte.
»Was gibt es für Probleme?«, fragte ich.
Er zuckte mit den Schultern. »Im Prinzip gibt es bei mir keine. Es könnte sein, dass es welche gibt.«
»Hört sich zumindest interessant an.«
Der Reporter stellte die Flasche neben sein Glas. »Wir werden nicht alleine bleiben«, erklärte er, »und hier Besuch erhalten. Eine Frau und ein Kind.«
»Kenne ich die beiden?«
Bill schüttelte den Kopf. »Nein, du kennst sie nicht. Die Frau heißt Claudia Ross und ist Lehrerin. Sie bringt eine gewisse Melody Turner mit.«
»Eine Schülerin?«
»Ja, so ist es.«
»Woher kennst du die beiden?«
Bill hob die Schultern. »Kennen ist zuviel gesagt. Claudia Ross kennt mich.«
»Woher?«
»Sie ist Lehrerin an der Schule, in der auch mein Sohn Johnny mal gewesen ist. Es hat sich ja herumgesprochen, womit ich mich beschäftige, und diese Dame scheint ein echtes Problem mit ihrer Schülerin Melody zu haben.«
Ich trank das Wasser in kleinen Schlucken und sagte, als ich das Glas absetzte: »Du weißt sicherlich mehr. Sonst würde ich hier nicht sitzen, Alter.«
»Ja, ja…«, gab der Reporter gedehnt zu. »Ich weiß einiges, aber nicht genug. Mir ist nur bekannt, dass es um Melody Turner geht. Sie hat Probleme.«
»Welcher Art?«
Bill räusperte sich. »Da bin ich mit einer direkten Antwort überfragt. Ihrer Lehrerin deutete es an. Es geht wohl um gewisse Träume, mit denen das Kind nicht fertig wird.«
»Wäre da ein Psychologe nicht besser?«
»Dachte ich auch. Aber die Lehrerin bestand darauf, dass ich mir das anhöre. Die Frau war der Meinung, dass diese Dinge mehr in…«, er musste leicht lachen, »… meinen Aufgabenbereich hineinfallen. Das kann natürlich Unsinn sein, muss es aber nicht. Deshalb wollte ich mir die Probleme mal anhören. Dabei habe ich allerdings ein komisches Gefühl, und deshalb habe ich dich dazugebeten.«
»Wegen deines Gefühls?«
»Warum nicht?«
Ich winkte ab. »Hör auf mit deinen Gefühlen. Da steckt doch etwas anderes dahinter.«
»Nein, überhaupt nicht.«
»Was hat diese Lehrerin denn alles noch gesagt? Sie wird dich eingeweiht haben. Zumindest zum Teil.«
»Das stimmt schon«, gab Bill zu. »Melody träumt von lebenden Skeletten und wohl ähnlichen Monstren.«
Ich war weiterhin skeptisch. »Meinst du wirklich, dass ich der richtige Mann bin?«
»Keine Ahnung. Aber du kannst dir ja anhören, was die beiden zu sagen haben.« Er grinste breit.
»Sei doch froh, dass du bei diesem schönen Wetter nicht im Büro hocken musst. Da haben es Suko und Glenda…«
»Nicht so schnell, Bill, Glenda hat sich einen halben Tag frei genommen, und Suko ist mit seiner Shao für fünf Tage verreist. Shao wollte nach Italien und Südfrankreich. Mal an der Küste entlangfahren und alles besichtigen. Sie sind bis Genua geflogen und haben sich dann einen Leihwagen genommen.«
»Dann hältst du also die Stellung?«
»So ist es.«
»Einer muss sich immer opfern.« Bill schaute an meiner Schulter vorbei. »Du brauchst dir keine weiteren Gedanken zu machen, denn die beiden kommen.«
Ich drehte mich unauffällig um. Eine Frau und ein Kind schritten über einen schmalen Weg, der vom Parkplatz her zum Biergarten des Lokals führte.
Das Mädchen war blond. Die Haare wippten bei jedem Schritt. Es trug Turnschuhe, ein T-Shirt und darüber eine bunte Bluse, die bis zu den Hüften reichte. Um beide Handgelenke hatte sie mehrere Armbänder gelegt und auch Ketten mit kleinen Perlen. Ihr Gesicht zeigte noch einen sehr kindlichen Ausdruck, wozu auch die kleine Stupsnase beitrug.
Claudia Ross, die Lehrerin hatte die Jacke ihres beigen Hosenanzugs über den Arm gelegt, an dem auch die große Handtasche baumelte. Sie war jenseits der Vierzig und strahlte irgendwie einen gewissen Optimismus aus. Sie war auch gut im Futter, wie man so schön sagt, und wirkte keinesfalls verbissen, wie man es manchmal bei Lehrerinnen erlebt, die von ihren Schülern genervt sind. Das halblange Haar hatte die Lehrerin rötlich gefärbt. Es war an den Seiten
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