1178 - Lisas Totenruf
wandern.
Überrascht war ich nicht. Das Licht glitt über die alten, mit Schimmel- bedeckten Wände, floss auch über das Holz der sechs Särge, das nicht zusammengebrochen war, und blieb schließlich auf dem Gegenstand haften, der mir am Wichtigsten erschien.
Es war die Luke!
Ein rostiges Viereck. Plan mit dem übrigen Boden. Es gab keinen Griff und auch keinen so breiten Spalt, um die Finger hineinstecken zu können.
Hinter mir sprach Suko mit Burt Goldman. Er wies ihn an, auf den Gefangenen zu achten, dem er trotz der Handschellen nicht traute. Dann kam er zu mir.
»Es ist so wie es gesagt wurde«, erklärte ich ihm. »Das Ding kriegen wir nicht hoch.«
»Aber es lässt sich anheben.«
»Klar, von innen.«
Suko schaute sich die Särge an und schnüffelte. »Sollen wir sie aufbrechen?«
»Nein, ich denke nicht, dass sie was mit den Vorgängen hier zu tun haben. Abgesehen von der geschlossenen Luke. Für einen Ghoul ist es der perfekte Weg.«
Suko wollte sich noch immer nicht damit abfinden, dass die Klappe nicht zu öffnen war. Er stand neben ihr, die Hände in die Seiten gestemmt, nickte und sagte dann: »Weißt du, John, wir befinden uns hier auf einem Friedhof. Da gibt es bestimmt einen Totengräber. Es wird ja nicht jedes Grab maschinell ausgehoben. Gerade auf einem Gelände wie diesem hier nicht. Deshalb ist es nur ganz natürlich, dass der Mann auch Werkzeug besitzt, das er uns leihen könnte.«
»Er wird längst Feierabend haben.«
»Kein Problem, dann müsste uns Burt Goldman helfen.« Er drehte sich um. »Ich frage ihn mal.«
Viel Hoffnung hatte ich nicht. Ich sah mich auch bestätigt, denn als Suko zurückkehrte, sah er nicht eben wie jemand aus, der eine gute Nachricht erhalten hatte.
»Pech?«
»Ja. Burt Goldman kennt den Mann, er ist fast ein Nachbar, und er weiß, dass er Urlaub macht. Geräte gibt es, aber wir müssten eine Tür aufbrechen.«
»Nein, lass das. Es kostet zu viel Zeit.« Auch ich umkreiste die Luke jetzt, leuchtete die Ränder ab und musste einsehen, dass es ohne Werkzeug nicht ging.
Suko erwartete mich draußen bei den anderen. Cesare war noch immer übernervös. Er stand da mit seinen gefesselten Händen und drehte sich ständig um. Suko hatte ihm sicherheitshalber die Arme auf den Rücken gedreht, so konnte er keinen Unsinn machen.
»Wir kommen hier nicht weg!«, flüsterte er mir zu.
»Wer sagt das?«
»Ich.«
»Es kommt auf Sie an, Meister. Vielleicht sagen Sie uns mal, wo wir nach Ihrem Freund suchen müssen.«
»Das weiß ich.«
»Wunderbar. Und wo?«
»Kommen Sie!«
Diesmal ging er voran. Er sprach dabei mit sich selbst und führte uns vom Totenhaus weg. Wir gingen zu den Gräbern, die mit den großen Steinen geschmückt waren. Manche hatten die Form von mächtigen Kreuzen, andere wieder waren den Heiligen- und Engelfiguren in den Kirchen nachmodelliert worden.
»Da war es!«
Cesare blieb stehen. Er nickte zu einem Stein, der eine besondere Form aufwies. Er erinnerte an eine Pyramide. Unten breit, lief er oben recht spitz zu.
»Hier hat er gestanden«, erklärte Curzi.
»Und die Blonde?«
»Ein Stück weiter.« Wieder nahm er das Kinn zu Hilfe, um die Richtung anzuzeigen.
Jetzt war nichts mehr zu sehen, deshalb mussten wir es Cesare glauben.
»Aus welcher Richtung kam der Angreifer?«
»Auch von dort.«
»Hast du noch mehr gesehen?«, erkundigte sich Suko. »Zum Beispiel, wie er aus dem Grab geklettert ist.«
Curzi pfiff den Atem durch die Lippen. »Was sollte der? Aus dem Grab kommen?«
»Ja, aus einem aus der Erde. Nicht aus dem Totenhaus.« Er lächelte den Killer kalt an. »Diese Gestalten sind sehr flexibel. Das kannst du mir glauben.«
Cesare zeigte sich verunsichert. Er ging nach hinten und hob einige Male die Schultern. »Ich weiß gar nicht, wovon hier gesprochen wird. Ich habe nur gesehen, wie Mario niedergeschlagen wurde. Von dieser blonden Frau. Und dann… dann… ist der andere über ihn gekommen. Er hat ihn geholt und weggeschleift. Das ist alles. Mehr kann ich euch nicht sagen.«
Suko und ich glaubten ihm. Wir hatten unsere Erfahrungen sammeln können und spürten zumeist, wann Menschen logen und wann sie die Wahrheit sagten. Außerdem hatte dieser Killer Dinge erlebt, die auch einen abgebrühten Menschen an den Rand des Wahnsinns bringen konnten. Mit seinem Gebiet mochte er sich auskennen, was jedoch die andere Seite anging, da war er Laie.
Und er steckte in einer Zwickmühle. Er schaute immer wieder Suko, Burt Goldman und
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