118 - Der Unersättliche
Stimme verlor sich im Ultraschallbereich. Die Seferen schienen zu schrumpfen, während der Spiegel sie anzog - bis sie in ihm verschwunden waren.
„Das hat seine Wirkung nicht verfehlt", stellte Dorian zufrieden fest, als er sah, daß sich die anderen Luftblasen mit den Seferen auf Distanz hielten.
Nach einer Weile strebten sie auseinander, und aus der wie Nebel wallenden Flüssigkeit tauchte eine einzelne Blase auf, in der sich fünf Janusköpfe befanden.
„Ah, jetzt schreiten die Meister von Malkuth ein", sagte Dorian höhnisch. „Sollen sie nur kommen." „Mach keine Dummheit!" rief Coco erschrocken. „Einer davon ist Olivaro."
Dorian ließ überrascht den Spiegel sinken. Er starrte zu der sich rasch nähernden Luftblase hinüber. Tatsächlich, bei dem einen Januskopf schien es sich um Olivaro zu handeln.
Während vier von ihnen ihre maskenhaften Knochengesichter zeigten, hatte der fünfte ein sich ständig veränderndes Scheingesicht, in dem es unkontrolliert zuckte.
„Es könnte Olivaro sein", sagte Dorian nachdenklich. „Aber ich traue den Janusköpfen nicht…"
Er verstummte, als er sah, daß einer der Janusköpfe mit den Fingern etwas in die Luft zu zeichnen begann. Dorian hob versuchsweise den Ys-Spiegel vor das Gesicht.
Als er durch ihn hindurchblickte, sah er, daß sich von den Fingern des Januskopfes Symbolgruppen seiner Sprache lösten, durch die Luft schwebten.
Dorian hatte keine Mühe, mit Hilfe des Ys-Spiegels die Bedeutung der Symbolgruppen zu verstehen.
„Die Janusköpfe wollen mit uns verhandeln", übersetzte Dorian für Coco. „Sie verlangen aber, daß ich keinerlei höhere Mächte entfessele, die Kether schaden könnten … Wahrscheinlich verständigen sie sich auch auf diese Weise mit uns, um nicht höhere Magie anwenden zu müssen."
„Hören wir uns an, was sie uns zu bieten haben", schlug Coco vor., „Sie haben einen gehörigen Respekt vor dem Ys-Spiegel und werden es aus Sorge um Kethers Wohlbefinden nicht wagen, etwas gegen uns zu unternehmen."
„Vielleicht wollen sie uns auch nur in Sicherheit wiegen", meinte Dorian. „Aber vielleicht ist ihre Sorge um Kether doch größer als der Wunsch, den Spiegel besitzen zu wollen."
Die Blase mit den Janusköpfen schwebte heran und stieß mit der ihren zusammen. Dorian sah, daß sich die schillernde Haut ausdehnte und immer dünner wurde.
Er hielt den Ys-Spiegel etwas gesenkt, um die Janusköpfe nicht zu beunruhigen. Dabei stellte er fest, daß der Spiegel in diesem Winkel als Reflektor wirkte.
Er sah so, was sich hinter ihm abspielte. Und dort - in seinem Rücken - tauchten plötzlich wie aus dem Nichts vier Seferen auf.
Es war eine Schreckreaktion, als Dorian blitzschnell herumwirbelte und gleichzeitig den Spiegel hob. Er war in diesem Augenblick nur von dem Gedanken beseelt, sich und Coco vor seinen Feinden zu retten. Er begnügte sich nicht damit, die Seferen in den Spiegel fallen zu lassen. Er wollte sie vernichten. Das war ein impulsiver Gedanke, seinem unbändigen Lebenswillen entsprungen.
Diese Gedanken übertrugen sich auf den Spiegel - und dieser setzte sie, einem Katalysator gleich, in vernichtende Kraftfelder um.
Der Spiegel begann zu glühen. Sein Leuchten schien von reiner kosmischer Energie gespeist zu sein. Einer Energie, die Werden und Schaffen bedeuten konnte, Leben im ursprünglichen Sinn, die jedoch auch den Tod in sich trug, wenn es der Mann hinter dem Spiegel wollte.
Die Seferen wurden in dieses Leuchten aus unerklärlichen Räumen gehüllt. Sie gingen darin auf, wurden selbst kosmische Energie. Aber nicht nur die Seferen zerstrahlten. Auch ein Teil ihrer Umgebung löste sich auf. Die Wandung der Blase, die dahinter brodelnde Flüssigkeit, Fragmente des organischen Gerüsts, das das Riesenei stützte, Zellgewebe …
Dorian erkannte, was er angerichtet hatte. Und er fürchtete, daß sie nun in den Massen der in die freigewordenen Räume stürzenden Flüssigkeit umkommen würden.
„Was haben Sie angerichtet!" Ein Januskopf erschien vor ihm und fuchtelte mit den Händen. Er zeigte ein von grenzenloser Wut verzerrtes Scheingesicht. ,Geben Sie das Spiegel-Amulett her, bevor Sie noch Schlimmeres anrichten!"
Dorian, von dem kräfteraubenden Einsatz des Ys-Spiegels leicht geschwächt, klammerte sich an den Spiegel wie an einen rettenden Strohhalm. Nach den Worten des Januskopfes zu schließen war es doch nicht zum Schlimmsten gekommen.
„Kommen Sie nicht zu nahe", warnte Dorian mit schwacher
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