1181 - Baphomets Blutgeld
nehmen würden, kamen wir zu Flynns Haus.
Ich hatte mich flach auf den Rücken gelegt und schaute zum Himmel. Im Westen war die Sonne noch als schwacher, ziemlich roter Ball hinter den Wolken zu sehen. Das Meer hatte eine andere Farbe bekommen, die kaum zu bestimmen war, weil sich in dieser Farbe zahlreiche Nuancen vereinigten.
Wellen wühlten sich heran. Ihr Schaum floss bis in unsere Nähe, und der Abendwind traf uns als kalter Hauch.
Ich stand auf.
Flynn hatte sich einen anderen Platz ausgesucht. Er hockte auf der Schatzkiste und war dabei, den Kopf zu schütteln. Als er mich sah, blickte er mich an. Die Anstrengung stand noch immer in seinen Zügen. Er sprach keuchend.
»Ich kann noch immer nicht glauben, dass wir es geschafft haben, John. Das ist verrückt. Wir haben einen Schatz aus der Vergangenheit geholt und ihn hergeschafft. Nicht zwei oder drei Münzen, sondern die ganze Kiste voll.«
»Stimmt.«
»Fassen kann ich es trotzdem nicht, und ich weiß noch immer nicht, wer die anderen Münzen in den Sand gelegt hat. Und jetzt frage ich mich auch, was wir damit anstellen sollen. Selbst ich als Fachmann kann ihren Wert nicht einschätzen, so hoch ist er. Die Münzen können fünfzig Millionen wert sein.«
»Vielleicht, Noah, aber ich bezweifle, dass man sie so einfach verkaufen kann.«
»Da irrst du dich. Es gibt immer wieder Sammler auf der Welt, die genug Geld haben und die den besonderen Kick suchen. Wenn diese Menschen auf Münzen stoßen die zweitausend und mehr Jahre alt sind, dann sollst du sie mal erleben. Die kaufen alles mit einer schon irren Begeisterung. Ich schwöre dir, dass mich dieser Schatz reich machen kann.«
»Willst du das denn?«
»Nicht wirklich, denke ich. Inzwischen bin ich auch ohne den großen Reichtum alt geworden. Ich kam immer gut durchs Leben. Das Münzgeschäft hat mich ernährt, sodass ich niemals klagen konnte, aber irgendwas muss mit dem Schatz passieren.«
»Keine Sorge, wir werden schon eine Lösung finden. Und gib dich nur nicht der Illusion hin, dass mit unserer Tat hier die Schwierigkeiten vorbei wären. Ich glaube nicht. Wir haben den anderen etwas genommen, und die Zeitschleife hat nach wie vor Bestand. Zumindest wir können sie nicht löschen.«
»Außerdem muss die verdammte Kiste abtransportiert werden.«
»Eben.«
»Ohne Hilfe geht das nicht, John. Ich weiß, dass wir auf keinen Fall die Kiste öffnen dürfen. Wenn Menschen dieses Gold sehen, drehen sie durch. Sie haben sich nicht verändert. Das Gold ist nach wie vor der Schatz, dessentwegen sie über Leichen gehen.«
»Es ist nicht echt«, sagte ich.
»He!«, protestierte Noah, »das stimmt nicht. Ich bin der Fachmann. Das Gold ist echt. Du kannst dich auf mich verlassen.«
»Moment, so habe ich das nicht gemeint. Es ist schon echt, aber es ist einem Dämon geweiht. Auf jeder Münze befindet sich sein Konterfei. Möglicherweise haben wir uns selbst eine Laus in den Pelz gesetzt. Aber ich bin mir nicht sicher.«
»Was willst du denn unternehmen?«
»Am liebsten würde ich es zerstören. Wie die Münzen auf deinem Tisch.«
»Wieder mit dem Kreuz?«
»Sicher.«
Noah Flynn schaute mich an. Begeistert war er nicht. Er war ein Mensch, der sich sein Leben lang mit Münzen beschäftigt hatte und nun vor dem größten Fund seiner Laufbahn stand.
»Sind es nicht zu viele, John?«
»Keine Ahnung.«
Er deutete auf den Deckel. »Ich würde ihn gern anheben und mal nachschauen.«
»Warum?«
»Ein Gefühl. Der Drang des Sammlers. Ich weiß es nicht so genau. Es kann der letzte Blick sein.«
»Gut, schauen wir uns den Schatz an.«
Noah wollte zugreifen, aber ich hielt ihn zurück. »Moment, nicht so hastig.«
»He, was ist denn?«
»Denk an Baphomet.«
Noah zuckte mit den Schultern und grinste mich unsicher an. »Bist du so davon überzeugt, dass er noch immer eine wichtige Rolle spielt?«
»Es ist sein Schatz. Es ist Baphomets Blutgold. Das musst du akzeptieren, Noah.«
Er schwieg, aber er blieb nervös. Es war menschlich verständlich, dass er so reagierte. Andere wären bestimmt durchgedreht, konnte ich mir zumindest vorstellen.
Bevor ich mich daranmachte, den Deckel anzuheben, schaute ich noch mal Noah an. Er stand da mit den Händen auf dem Rücken. Den Blick hielt er gesenkt. Mit seinen Füßen scharrte er im Sand wie ein Pferd mit den Hufen.
Der Deckel war zugeklappt. Es gab keine Schlösser, die ich erst öffnen musste. Ich konnte ihn anheben, und stellte fest, dass er nicht eben leicht
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