1186 - Der Henker vom Hamburg Dungeon
James war es ernst.
So hatte ich ihn wirklich selten erlebt. Er war normalerweise kein Mensch, der auf seine Intuition hörte, in diesem Fall hatte er alle Sachlichkeit fahren lassen, und er wiederholte sich auch noch.
»Sie sind skeptisch, das sehe ich Ihnen an, John, aber ich habe einfach die Sorge, dass hinter dem Mord etwas Furchtbares steckt, an das wir noch gar nicht gedacht haben. Und Sie sind der Mann, John, der mir die Beweise beschaffen kann.«
»Wird nicht einfach sein.«
»Das weiß ich. Aber Sie sind ein Fachmann, und Sie haben schon das London Dungeon überlebt.«
»Danke für die Blumen.«
»Ich denke, dass es wichtig ist.«
»Okay«, sagte ich und stand auf. »Wo ist das Ticket?«
Sir James holte es aus der Innentasche und drückte es mir in die Hand. »Bitte.«
Ich hatte noch eine Frage. »Was ist mit diesem Kollegen Knudsen?«
»Er erwartet Sie am Flughafen. Sie haben noch Zeit genug und werden am Nachmittag in Hamburg eintreffen.«
»Manchmal sind Sie ja wie eine Mutter zu mir, Sir.«
»0 ja. Das hat mir noch keiner gesagt.«
Lächelnd verließ ich das Büro. Auf dem Gang überlegte ich, was das alles zu bedeuten hatte. Auf diese Art und Weise hatte mich mein Chef noch nie losgeschickt. Bisher waren es immer Suko und ich gewesen, wenn es um Gefühle gegangen war. Oder um gewisse Bauchschmerzen, die man sich bei einem Fall holte.
Jetzt war es umgekehrt. Oder wusste Sir James etwas, was er mir nicht hatte sagen wollen?
Schwer vorstellbar, aber nicht unmöglich. Ich machte mich praktisch auf alles gefasst.
Glenda war nicht in ihrem Vorzimmer, als ich eintrat. Sekunden später sah ich sie auf meinem Platz sitzen. Sie unterhielt sich mit Suko, der noch immer recht blass war.
»Aha, so ist das richtig. Unsereins muss schwer arbeiten und ihr macht hier einen auf Relaxen.«
»Suko brauchte etwas Unterstützung. Er ist doch ziemlich mitgenommen, John.«
»Das dachte ich mir fast.«
»Und was ist mit dir?«
»Ich verschwinde.«
Jetzt wurde auch Suko wieder munter. »He, wohin geht es denn?«
»Weg von diesem Regen und hinein in einen anderen, nehme ich zumindest an.«
»Sag schon!«, drängte Glenda.
»Ich fliege nach Hamburg.«
Sie schaute erstaunt. »Was willst du denn dort?«
Ich ging zur Tür und ließ die Spannung noch bestehen. Bevor ich das Büro verließ, sagte ich und schaute die beiden dabei an. »Es geht nur darum, einen Henker zu stellen, der einen Kollegen von der Metropolitan Police geköpft hat.«
Beide hatten meine Worte gehört, und beiden blieb vor Staunen der Mund offen. Ich hatte das Vorzimmer schon fast durchquert, als ich den Ruf der dunkelhaarigen Glenda hörte.
»He, hau nicht ab, John, das ist nicht fair.«
Ich ging trotzdem. Mit der Ahnung, dass ich in Hamburg alles andere als einen Urlaub erleben würde…
***
Hamburg - das deutsche Tor zur Welt!
Eine Millionenstadt mit einem berühmten Hafen. Daran angeschlossen die Landungsbrücken, die Reeperbahn, der Dom - eine Kirmes - und natürlich die Alster, der Jungfernstieg und vieles, vieles andere wie auch die einmalige Speicherstadt, deren Straßen Kanäle oder Fleete waren, und die nur bei Flut befahren werden konnten.
Ich mochte Hamburg. Man sagt, ihre Bewohner kämen den Engländern nahe, was die Mentalität angeht, und das hatte ich auch schon einige Male erlebt.
Bei Regen war ich in London gestartet, aber ich landete nicht im Regen. Zwar war es kühl und windig und die Straßen waren noch nass, aber die Wolkendecke zeigte erste Lücken, durch die sich sogar etwas schüchtern die Sonnenstrahlen schoben, als hätten sie nach den letzten Tagen etwas gutzumachen.
Die Maschine der British Airways landete sicher, und die Passagiere verließen sehr gesittet und der Reihe nach den Flieger. Meine Uhr hatte ich um eine Stunde vorgestellt. Es war trotzdem noch früh am Tag, als ich durch die Halle ging und mich dem Zoll näherte, wo ich meine Waffe zeigte, die mir der Pilot beim Aussteigen wieder zurückgegeben hatte. Bei den Männern in Uniform stand einer in Zivilkleidung. Er war so groß wie ich, hatte blonde Haare, trug eine braune Lederjacke, dazu eine graue Jeans und einen Pullover mit Zopfmuster unter der Jacke. Er betrachtete mich durch die Gläser einer Brille, dessen Gestell ich kaum erkannte, weil es so dünn war.
»John Sinclair, denke ich.«
»Sie haben richtig gedacht, Herr Knudsen.«
Wir reichten uns die Hände, und Uwe Knudsen zeigte ein schmales Lächeln. »Lassen wir das Herr oder
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