1186 - Der Henker vom Hamburg Dungeon
Geisterhenker. Oder was meinen Sie?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Unmöglich ist nichts, Uwe.«
»Denken Sie, dass er überlebt hat oder…«
»Um Himmels willen. Nageln Sie mich nicht fest. Sie wissen ja, wer ich bin, und ich muss Ihnen sagen, dass ich schon einiges erlebt habe. Ich will nichts bejahen, aber ich schließe auch nichts aus. Das haben mich die Erfahrungen gelehrt. Jedenfalls müssen wir die Augen und die Ohren offen halten.«
»Alles klar, John. Aber wie, zum Teufel, wollen Sie einen Schatten fangen?«
»Und wenn er kein Schatten ist?«
Knudsen runzelte die Stirn. »Moment John, Sie meinen, dass wir es mit einem echten Killer zu tun haben?«
»Davon gehe ich zunächst mal aus. Sie und Ihre Kollegen schließlich auch.«
»Ja, das tun wir auch. Aber wir kommen nicht zurecht.« Er schlug auf den Tisch. »Keinen Schritt weiter. Wir… wir… tanzen auf der Schwelle, und wir könnten uns selbst irgendwo hin beißen. Er hätte von den anderen Besuchern gesehen werden müssen, aber es gibt eben keinen verdammten Zeugen.«
Ich hatte meine Zweifel und fragte: »Hätte er wirklich von den anderen gesehen werden müssen?«
»Ja und…«
»Nein, Uwe, das glaube ich nicht. Ich kenne mich im Hamburg Dungeon nicht aus. Meine Erfahrungen habe ich vor Jahren im Londoner sammeln können. Da hat sich in der Zwischenzeit auch etwas verändert. Es geht hier um den Schrecken der Vergangenheit. Um das, was alles so in der Geschichte an Gräueltaten passiert sind.«
»Da gebe ich Ihnen Recht.«
»Im Dungeon stehen die Bilder. Die Figuren, die Szenen. Wobei eine die andere als Schrecken zu überbieten versucht. Glauben Sie wirklich, dass jemand wie der Schattenhenker zwischen all den grauenvollen Gestalten da noch auffällt?«
»Vorausgesetzt, er ist kein Schatten!«
Ich lächelte. »Genau, Kollege.«
Knudsen saugte die Luft ein und schaute sich seine Finger an. Auf der Stirn bildeten sich einige Falten. »Es ist alles verdammt schwer, John. Ich weiß auch nicht, was ich dazu sagen soll. Alles kann möglich sein, nichts muss. Als einziges Indiz haben wir drei tote Männer und keinen Mörder. Von den Zeugen mal ganz zu schweigen. Ich sage es ja nicht gern«, flüsterte der Oberkommissar,
»aber es muss einfach raus. Wir alle warten doch nur auf den vierten Mord und darauf, dass sich dieser verdammte Killer selbst ein Bein stellt.«
»Das wird er wohl nicht«, erwiderte ich.
»Leider.«
Die Tasse war leer, und ich wollte auch keinen zweiten Kaffee. »Uns bleibt nichts anderes übrig, als ihn zu locken. Eine Falle stellen ist nicht möglich, er wird darauf nicht eingehen, aber etwas macht mich doch nachdenklich. Das Hamburg Dungeon ist ja nicht eben klein, aber die Morde sind immer in dem Bereich passiert, in dem die Menschen das Großfeuer von Hamburg erleben können. Oder liege ich da falsch?«
»Nein, liegen Sie nicht.«
»Dann konzentriert er sich darauf. Und das Opfer war immer allein. Es wurde getrennt von den anderen. Das ist auch richtig?«
»Ja. Eine Schauspielerin tat es.«
»Sie werden sie verhört haben.«
»Versteht sich von selbst«, erklärte Knudsen. »Wir haben ihr keine Zusammenarbeit mit dem Killer nachweisen können. Sie war auch geschockt und gehört schon lange zum Team.«
»Gibt es auch einen Besitzer oder Betreiber?«
»Ja. Er heißt Rico Wilde. Ein Geschäftsführer. Sehr agil und bei seinen Geschäften ständig auf Expansion bedacht. Wenn ich ihn recht verstanden habe, will er in anderen Großstädten ebenfalls ein Dungeon einrichten. Der Mann ist natürlich geschockt. Ich habe ihn auch nicht im Verdacht. Welcher Besitzer oder Geschäftsführer würde sich schon freiwillig seinen Gewinn schmälern lassen und noch ein mieses Image bekommen? Nein, nein, das ist auch die falsche Spur.«
»Wo ist die richtige?«
Knudsen hob die Schultern.
»Aber wir müssen eine Möglichkeit finden«, sagte ich. »Es darf nicht noch weiter gemordet werden. Es soll kein viertes Opfer geben. Und deshalb müssen wir uns etwas einfallen lassen.«
»Dafür habe ich Sie geholt, John.«
»Weiß ich alles.«
»Was stellen Sie sich denn vor?«
Ich brauchte nicht lange nachzudenken, einen Plan oder einen Entschluss hatte ich schon gefasst.
»Sie haben mich vorhin nach einem Hotel oder einem Zimmer gefragt, wo ich übernachten will oder so ähnlich. Ich habe jetzt meinen Platz gefunden.«
Uwe Knudsen sagte nichts. Seinem Gesicht las ich ab, dass er meine Antwort kannte. »Das meinen Sie nicht
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