1187 - Wächterin am Höllentor
Kopf, denn von ihm hätte ich mich eigentlich erholen müssen, auch wenn er durch mich einen Kopf kürzer gemacht worden war.
Jane sprach etwas vor sich hin, das ich nicht verstand.
»He, was ist?«
»Ich versuche soeben, den Ortsnamen auszusprechen.«
»Tresinwen?«
»Du kannst es.«
»Warum nicht?«
»Bist du Waliser? Kannst du keltisch oder so etwas Ähnliches an Sprachen?«
»Nicht dass ich wüsste.«
»Dann halte ich dich für eine Naturbegabung.«
»Danke.«
Wir hatten die hügelige Einsamkeit der Landschaft hinter uns gelassen und näherten uns der Küste.
Auch hier gab es zahlreiche Hinweise auf Campingplätze und Sehenswürdigkeiten. Einen Hinweis, der den Weg zum Kloster zeigte, fanden wir leider nicht.
Tresinwen war das, was man einen verschlafenen Ort nennt. Im Sommer weniger, aber jetzt, im November, legte man sich hier zur Ruhe und bereitete sich auf den Winter vor.
»Und wo gibt es Kaffee?«, fragte Jane, die ihren Blick schweifen ließ und die Häuser beobachtete, von denen die Straße gesäumt wurde.
Wir sahen so etwas wie einen Pub, ein schmales Haus mit leicht abgeblätterter Fassade. Hier hatten Wind und Wetter ihre Spuren hinterlassen und über das Dach eine grüne Patina gelegt. Aus dem Kamin quoll grauer Rauch, den der Wind sehr bald nach dem Austritt zerfaserte.
Die Kneipe besaß einen Namen, den ich kaum buchstabieren konnte. Jedenfalls kamen drei y darin vor. Eine Bank stand unter dem Fenster. Sie sah leicht brüchig aus.
Beide zogen wir unsere Jacken über und stellten die Kragen hoch. Ich hatte mir vor kurzem eine braune Lederjacke gekauft. Sie war von innen gefüttert, und jetzt war ich froh darüber, denn sie schützte mich gegen den kalten Westwind.
Die kleine Pause konnten wir uns noch gönnen, bevor es in die Vollen ging.
Ein nicht eben heller Raum empfing uns. An den Wänden sahen wir alte Bilder in ebenso alten Rahmen. Die Motive standen alle in einer Verbindung zu dieser Landschaft. Sie zeigten das Meer, die Küste, sie zeigten die Wellen, die Schiffe und auch die Porträts der harten Männer, die den Kräften der Natur getrotzt hatten.
Wir waren die einzigen Gäste. Jane schaute sich mit leicht gerunzelter Stirn um. »Da müssen wir uns den Kaffee wohl selbst kochen.«
Eine Tür an der Seite wurde aufgestoßen. Plötzlich sahen wir uns mit einem Ungeheuer konfrontiert, denn ein riesiger Hund stand mit offener Schnauze und hechelnd vor uns.
Wir taten nichts und blieben stehen. Jane und mir wurde schon ein wenig mulmig.
Der Hund hatte hellbraunes, leicht gesprenkeltes Fell. Zu welcher Rasse er gehörte, konnte ich als Laie nicht ausmachen, aber freundlich blickte er nicht gerade.
»Lass die beiden in Ruhe, Merlin!« hörten wir eine brummige Männerstimme. »Sie wollen uns bestimmt nichts tun.« Ein Kichern folgte, und wenige Augenblicke später kam durch die gleiche Tür, die auch der Hund genommen hatte, ein Mann, bei dessen Anblick wir beide schluckten und sogar vergaßen, uns über den Namen des Hundes zu amüsieren.
Der Mann war das, was man einen Seebär vom alten Schlag nennt. Auf seinem Kopf saß eine flache Schiffermütze, und von seinem Gesicht war kaum etwas zu sehen. Noch nie hatte ich bei einem Menschen einen derartigen Bart gesehen. Seine Farbe lag zwischen Gelb und Grau. Er wucherte praktisch von den Augenwinkeln herab bis weit über das Kinn. Nur die Nase stach wie eine rötliche Knolle hervor. Der Mann trug eine Hose mit weit geschnittenen Beinen, ein blau und weiß gestreiftes Hemd und eine dunkle Weste darüber.
»Gäste?«, fragte er.
»Ja.«
Er lachte. »Und dann noch Fremde. Sie wissen wohl nicht, auf was sie sich da eingelassen haben.«
»Können Sie Kaffee kochen?«, fragte Jane und zog ihre hellgrüne Lederjacke aus, die sie dann über die Lehne eines Stuhl hängte.
Der Hund war plötzlich brav. Er drängte sich an Jane und wollte gestreichelt werden, was sie auch tat.
Eine Hand des Wirts verschwand in seinem Bart. Was er da kraulte, war nicht zu sehen. »Er mag sie. Ist immer ein gutes Zeichen. Merlin ist perfekt.«
Wir setzten uns. Wenn man irgendwo neu hinkam, diese Erfahrung hatten wir gemacht, war es immer gut, sich in eine Kneipe oder in ein Gasthaus zu setzen. Die Wirtsleute waren diejenigen, die gern redeten und auch unbedingt den Klatsch loswerden wollten, denn Fremde konnten ihnen ja nicht gefährlich werden.
»Was ist mit Kaffee?« wiederholte Jane.
»Ich habe Tee.«
»Dann nehmen wir den.«
»Was ist mit einem
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