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1187 - Wächterin am Höllentor

1187 - Wächterin am Höllentor

Titel: 1187 - Wächterin am Höllentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Fingern zu schauen. Die Kälte störte sie weniger. Sie hatte das Lachen nicht vergessen. Das Lachen einer Frauenstimme und zugleich das Lachen einer Unbekannten.
    »Josepha…«
    Es war der nächste Schock. Sie hatte sich nicht verhört. Jemand hatte tatsächlich ihren Namen gerufen. Mit einer Stimme, die ein ungewöhnliches Echo mit sich führte.
    Sie schüttelte den Kopf, ohne die Hände vom Gesicht zu nehmen. Sie wollte einfach nichts sehen.
    »Josepha. Hast du mich nicht gehört?«
    Doch, ich habe dich gehört, dachte sie. Ich will dich aber nicht sehen. Nein, ich kann es nicht, und ich will es auch nicht glauben.
    »He, schau mich an! Du kannst mich nicht einfach übersehen. Ich bin da, und ich werde bleiben. Ich bin zu dir gekommen, und ich werde mit dir machen, was ich will.«
    Die Oberin wusste nicht, was sie tun sollte. Auf der einen Seite war die Angst einfach zu mächtig, auf der anderen drängte es sie auch, eine Lösung zu erfahren.
    Die Hände sanken nach unten.
    Langsam, sehr langsam nur.
    Was sie sah, konnte sie kaum glauben, und es verschlug ihr einfach die Sprache…
    ***
    War das Vestina? War das die Person, deren Knochen eigentlich in dem Sarg hätten liegen müssen?
    Es war ihr auch jetzt nicht möglich, daran zu glauben, denn diese Person sah einfach zu anders aus.
    Nicht eben zu scheußlich, aber so, dass sie Angst bekam.
    Eine graue, fast nackte Frauengestalt, deren Haut fleischfarben, grau und auch leicht violett schimmerte. Eine Frau mit sehr langen Haaren, die tief den Rücken hinabhingen. Sie trug sehr wenig am Körper. Ihre Brüste wurden von einem Stück Stoff gerade mal zur Hälfte bedeckt, ebenso die Scham.
    Ketten, die wie Knochen schimmerten, hingen um ihre Gelenke. Eine Kette hatte sie auch um ihren Hals gelegt. Sie sah mehr aus wie ein Kragen, der sich aus spitzen Einzelteilen zusammensetzte.
    Den rechten Arm hatte sie angewinkelt, und die Finger umfassten einen Totenschädel.
    Sie stand da und sagte nichts. Der Mund war geschlossen, der Blick auf die Frau im Bett gerichtet, und Josepha stellte fest, dass sie kalte, gelbe Augen besaß. Mehr wie ein Tier und nicht wie ein Mensch.
    Das Gesicht zeigte kein Lächeln. Weder um den Mund herum noch um die Augen. Es blieb von einer Starre, als wäre es aus Stein gehauen worden wie auch der übrige Körper.
    Die Fremde ließ der Oberin Zeit, sich an den Anblick zu gewöhnen. Erst nach einer Weile übernahm sie wieder das Wort und fragte: »Weißt du, wer ich bin?«
    »Nein!«
    »He, warum lügst du?«
    »Ich will es nicht wissen.«
    »Aber du kennst mich!«
    »Ich habe dich nie gesehen.«
    »Du hast heute noch an mich gedacht. Die Leute haben einen leeren Sarg gefunden oder die Reste davon. Sie rechneten damit, mich zu sehen, aber sie haben sich geirrt. Alle haben sich geirrt. Es gibt mich nicht mehr, und es gibt mich trotzdem.«
    »Du bist sie?«
    »Sprich den Namen aus, Schwester!«
    »Vestina!«
    »Ja, Vestina. Ich bin Vestina. Ich bin die wahre Herrin des Klosters. Aber ich bin noch mehr, viel mehr. Sieh mich an. Schau mich ruhig an. Sieh, was andere aus mir gemacht haben, die mir eine neue Aufgabe zuteilten.«
    »Bitte, das verstehe ich nicht…«
    »Ich bin die Wächterin. Die Wächterin am Höllentor! Hast du jetzt verstanden?« Sie lachte hart und grausam, wobei Josepha das Gefühl hatte, jedes Lachen wie einen Schlag zu spüren.
    Sie konnte auch nicht mehr sitzen bleiben.
    Langsam sank sie nach hinten, die Hände zum Gebet gefaltet, denn das war ihre einzige Hoffnung…
    ***
    Eine Stunde später.
    Josepha trug noch immer das Nachthemd, aber jetzt hatte sie einen dicken Mantel darüber gestreift.
    Sie befand sich auch nicht mehr in ihrer Zelle, sondern hatte das Kloster verlassen. Sie war den Befehlen der Vestina gefolgt. Die wollte ihr ein Geheimnis offenbaren, und Josepha konnte sich nicht dagegen wehren.
    Nicht einmal kam ihr der Gedanke, dass es Irrsinn war, was sie tat. So ging sie weiter und hatte immer den Eindruck, einen unsichtbaren Wächter neben sich zu haben.
    Der Wald war tagsüber düster. Nun aber, in der Nacht, war er richtig finster. Wie ein oft im Märchen beschriebener Wald, in dem sich die Menschen verlaufen konnten.
    Die Oberin ging weiter, ohne sich umzudrehen. Manchmal hörte sie die Stimmen aus dem Unsichtbaren von allen Seiten flüstern: »Ja, ja, du kennst den Weg. Du weißt genau, wo du hinmusst. Da, wo ich auch gewesen bin. Nur hat man mich über das Wasser gefahren, du aber kannst den Pfad durch den

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