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1187 - Wächterin am Höllentor

1187 - Wächterin am Höllentor

Titel: 1187 - Wächterin am Höllentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Wald nehmen.«
    Die Worte waren wie Schläge, denen die Frau nicht ausweichen konnte. Also ging sie weiter und beschleunigte sogar ihre Schritte. In der kalten Luft dampfte der Atem vor ihrem Mund und hinterließ dort geisterhafte Wölkchen, die rasch wieder zerfaserten.
    Das Kloster lag zwar auf einem Hügel, aber dessen obere Grenze war nicht flach. Auch hier gab es Erhebungen und Senken. In einer der Senken lag der Teich wie ein stilles, tödliches Gewässer. Über seine dunkle Oberfläche hinweg trieben leichte Nebelschwaden wie ein unheimliches Gespinst, das sich seinen Weg suchte, um sich irgendwo festzuklammern.
    Es war alles vorhanden, was zu einer schaurigen Umgebung gehörte, und die kahlen Bäume empfand sie auch nicht mehr als einen Schutz. Sie waren wie starre Gespenster, die den Weg in das Reich der Toten markierten.
    Die Oberin wusste, wohin sie getrieben wurde. Zur Leichenhalle hin. Zu diesem alten Gemäuer, das in einen Hang hineingebaut worden war. Es gab nur einen Eingang. Eine alte Tür, die in die vordere Seite aus Gestein integriert worden war. Die Tür war seit Jahren verschlossen. Schon längst wurde der Bau nicht mehr als Aufenthaltsort für die Toten benutzt, doch in dieser Nacht würde alles anders sein, das wusste sie. Und sie konnte sich nicht mal wehren. Die andere Macht oder Kraft war stärker. Josepha hatte Vestina nie zuvor gesehen. Es gab auch keine Bilder von ihr, überhaupt keine Erinnerungsstücke. Wenn ja, dann lebte sie in den Köpfen der Schwestern weiter.
    Überall hörte sie Geräusche. Undefinierbare Laute. An kein Geräusch konnte sie sich erinnern. Sie waren aber da, und sogar der alte Teich »meldete« sich, denn sie hörte von dort ein Blubbern, als wäre etwas aus der Tiefe in die Höhe gestiegen und an der Oberfläche zerplatzt.
    Neben dem Leichenhaus lag der eigentliche Friedhof. Der Besucher musste nur einige Schritte laufen, um den schmalen Weg zu erreichen, der sich in Serpentinen einen Hügel hochwand. Zwischen den einzelnen Pfaden waren die Gräber zu sehen, die auf den geraden Strecken lagen. Jedes Grab sah gleich aus. Keine der hier liegenden Schwestern hatte eine besondere letzte Ruhestätte erhalten.
    Da sollte Josepha nicht hingehen. Sie war dazu ausersehen, einen Ort zu betreten, der den Toten gehörte und nicht den Lebenden. Die schwere alte Tür war verschlossen. Irgendjemand hatte mal dafür gesorgt. Mit dem Verschließen des Eingangs sollten auch die Erinnerungen an das Leichenhaus beendet sein.
    Sie waren es nicht, und es trieb Josepha darauf zu. Sie hätte auch nicht den Mut gefunden, einfach zu flüchten, denn das Unheimliche befand sich noch immer hinter ihr.
    Vor der Tür blieb sie stehen. Graues Gestein. Von geschickten Händen bearbeitet, die hier das Sinnbild des Todes, den Sensenmann, hinterlassen hatten. Im Lauf der Zeit war die Figur ziemlich mitgenommen worden. So hatte die Verwitterung weiterhin an dem Knochengesicht gefressen, aber in den Grundzügen war es noch zu erkennen, und Josepha fürchtete sich davor.
    Man hatte die schwere Tür nur durch die Hilfe eines Zugrings öffnen können.
    Den Ring gab es jetzt noch. Er bestand aus Eisen, war verrostet und kalt. Jemand hatte ihn in den Stein hineingeschlagen und dabei perfekt integriert.
    Die Oberin blickte zurück. Es war nichts zu sehen. Über den Bäumen stand der beinahe volle Mond.
    Ihr kam er jetzt vor wie ein Auge, das sie verhöhnte.
    Wieder wurde ihr Gesicht von der Kälte erwischt. Diesmal allerdings war es ein Windstoß. Etwas Natürliches also, das ihr besser gefiel als die Kälte des Todes.
    »Öffne!«
    Das Flüstern war da, aber Josepha sah nicht, wer da gesprochen hatte. Trotzdem kannte sie die Person. Es war die Wächterin vom Höllentor, die sich in ihrer Nähe aufhielt, aber wohl in einer Dimension zwischen den Welten. So konnte sie auf der einen Seite Körper und auf der anderen Geist sein.
    Es war so schlimm für Josepha. Sie hatte das Gefühl, alles verloren zu haben. Sie konnte sich nicht mehr auf ihren Glauben verlassen. Sie war im Stich gelassen worden. Etwas war wieder auferstanden oder zurückgekehrt, das am besten in der Erde hätte bleiben sollen. Niemand konnte ihr Schutz geben. Keiner war da, an den sie sich wenden konnte. Nicht mal das Gebet würde ihr helfen. In dieser Lage kam sie sich wahnsinnig einsam und verlassen vor.
    Wo war der Himmel? Wo war der Schutz? Wo konnte sie noch Hoffnung bekommen?
    Nichts gab es, gar nichts. Alles hatte sich verändert.

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