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1187 - Wächterin am Höllentor

1187 - Wächterin am Höllentor

Titel: 1187 - Wächterin am Höllentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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der Vergangenheit herumgerührt worden, und sie hoffte auch, dass sie sich geirrt hatte und alles nicht so zutraf, wie sie es sich vorgestellt hatte. Aber bauen wollte sie darauf nicht.
    Die Oberin stand am Fenster ihrer Schlafzelle und schaute nach draußen. Die Nacht hatte den Tag längst abgelöst. Der Himmel war dunkel geworden, aber noch dunklere Wolken segelten über ihn hinweg, getrieben von einem starken Wind, der hier an der Westküste fast immer blies.
    Die Oberin liebte die Einsamkeit. Sie hatte sich nicht grundlos dieses Kloster ausgesucht, das auf dem Hügel stand und fast ganz von Wald umgeben war.
    Jetzt störte sie die Einsamkeit. Sie hatte das Vertrauen verloren. Die Angst war da. Nur sie wurde davon berührt, nicht aber die anderen Schwestern, denn denen hatte sie nichts erzählt.
    Einige von den älteren hätten schon noch Bescheid gewusst, aber Josepha war schlau genug, um keine schlafenden Hunde zu wecken.
    Das Kloster lag nicht weit vom Meer entfernt, aber sie konnte das Wasser nicht sehen. Manchmal hörte man es rauschen, so jedenfalls wurde ihr oft gesagt, aber das bildeten sich die Zeugen wohl nur ein. Trotzdem war das Meer für sie allgegenwärtig. Der Geruch, die Wolken, all das zählte dazu, und selbst die Weite des Himmels verband sie mit dem Wasser.
    Jetzt, wo die Bäume ihr Laub verloren hatten, war die Sicht auch wieder besser. Die Oberin blickte nicht hinein in den hinteren Teil des Geländes. Der war zugewuchert. Sie schaute nach vorn, wo nur wenige Bäume standen und es genügend große Lücken gab. Dort brannte kein Licht. Die Düsternis war zum Fürchten, und tatsächlich ängstigte sich Schwester Josepha.
    Das, obwohl sie eine positive Nachricht erreicht hatte, denn Father Ignatius hatte tatsächlich Wort gehalten. Er hatte seinen Freund John Sinclair angerufen, und der hatte sich ebenfalls so schnell wie möglich gemeldet.
    Gesehen hatte ihn die Oberin noch nie, aber sie erinnerte sich sehr gut an seine Stimme. Die war ihr sympathisch gewesen. Sehr kräftig, nicht aggressiv oder überheblich. Sinclair musste ein Mann sein, der genau wusste, was er tat. Der zudem weltoffen war und gewisse Vorgänge nicht einfach negierte.
    Sie freute sich auf ihn, und sie freute sich darüber, dass er ihr helfen wollte.
    Natürlich konnte sich die Oberin auch alles eingebildet haben, doch daran wollte sie nicht glauben.
    Da steckte schon mehr dahinter. Die alten Geschichten setzten sich nicht nur aus irgendwelchen Spinnereien zusammen.
    Sie trat vom Fenster weg und schaltete das Licht der Nachttischleuchte ein.
    Den Raum konnte man nicht mehr als Zelle bezeichnen. Er war recht geräumig. Nicht nur das Bett hatte darin seinen Platz gefunden. Es gab auch ein mit Büchern gefülltes Regal, einen Tisch, einen Stuhl und einen Fernseher.
    Auf den mussten die anderen Schwestern verzichten, aber Josepha konnte nicht ohne ihn und auch nicht ohne Radio sein. Sie musste wissen, was in der Welt passierte, denn ganz ab vom Leben wollte sie auch nicht sein.
    Sie war nicht müde, aber auch nicht wach. Ein ungewöhnlicher Schwebezustand hielt sie gefangen.
    Es konnte mit dem Mondschein zusammenhängen, den dieser am Himmel stehende Ball verstreute, obwohl er schon wieder dabei war, leicht abzunehmen.
    Die Oberin hatte viel über den Mond gelesen. Sie kannte Bücher darüber, wusste über den Inhalt eines Mond-Kalenders Bescheid und kannte auch die negativen Seiten, die dem Mond angedichtet wurden. Dass seine Kraft nicht nur für Ebbe und Flut sorgte, sondern auch dafür, dass sich bestimmte Kreaturen wohl fühlten. Werwölfe, Vampire und andere dämonischen Geschöpfe.
    Sie hatte sich schon aus- und wieder angezogen. Das bis zu den Knöcheln reichende Nachthemd bestand aus dickem Flanell. Es war gerade richtig für den Winter.
    Sie setzte sich auf die Bettkante, strich die Haare noch mal glatt und legte sich dann langsam zurück.
    Sie lag so, dass ihr Blick das Fenster streifte und sie die dahinter liegende Dunkelheit erkennen konnte. Es war nicht so richtig finster. Die Nacht erschien ihr eher blau zu sein, was auch durchaus am Mondlicht liegen konnte, das sich über einen Teil des Himmels ausgebreitet hatte.
    Sie lag auf dem Rücken, die Arme gegen den Körper gelegt. Wie eine Leiche, dachte sie. Bis zum Kinn reichte die Decke, die mit Daunenfedern gefüllt war.
    Der Name John Sinclair wollte ihr nicht aus dem Kopf. Sie stellte sich vor, wie der Mann wohl aussah. Father Ignatius hielt große Stücke auf ihn.

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