1189 - Alaska Saedelaere
statt der Geröllhalde eine blühende Wiese zu sehen. Ein kleiner Bach sprudelte über runde Steine, nur einen halben Meter von ihm entfernt. Er verspürte Durst, aber als er den Raumhelm abnehmen wollte, um zu trinken, schaltete sich der SERUN ein und hinderte ihn daran. Im selben Augenblick verschwand die Vision.
Vielleicht, dachte der Terraner träge, sollte ich mich für eine Weile zurückziehen, an irgendeinen abgelegenen Ort, an dem niemand mich kennt. Oder noch besser an einen Ort, an dem außer mir niemand lebt.
Der Gedanke gefiel ihm, und er spann ihn eine Weile aus, stellte sich vor, wie er eine Hütte baute und einen Gemüsegarten anlegte. Sonne, Wind und Wetter würden sein bleiches Gesicht bräunen und die starren Züge verändern, und irgendwann, wenn er wieder wie ein normaler Mensch aussah, würde er wieder in die Zivilisation zurückkehren ... „Und sobald du die BASIS betrittst, wird man auf dich zeigen und sagen: ,Das ist der Totenbleiche, der seine Maske verloren hat!'", sagte Carfesch, und Alaska Saedelaere wunderte sich nicht weiter darüber, daß der Sorgore ihm gegenüber auf einem Stein saß. „Es käme darauf an, wie lange ich abwesend wäre", erwiderte der Terraner. „Nach einiger Zeit hätten sie es vergessen."
„Es werden immer einige da sein, die sich an dich erinnern. Abgesehen davon - du hast den Organklumpen vergessen. Wie willst du ihn loswerden, wenn du dich in der Wildnis verkriechst?"
„Das weiß ich nicht."
Ein Schmerz wie von einem heftigen elektrischen Schlag durchzuckte ihn, und als er wieder zu sehen vermochte, war Carfesch verschwunden. „Ich habe mit einer Halluzination geredet", sagte Alaska zu sich selbst. „Dieses verdammte Fragment macht mich noch verrückt."
Er richtete sich auf und trat auf den Pfad hinaus, den er gerade noch direkt neben seinem Versteck gesehen hatte. Aber statt dessen traten seine Füße auf lockere Felsbrocken, die sich unter seinem Gewicht zu bewegen begannen. Mit einem hastigen Sprung brachte er sich in Sicherheit und drückte sich schweratmend gegen die rückwärtige Wand des Tunnels, Für einen kurzen Augenblick wurde er sich der Gefahr bewußt, in der er schwebte. Er sah Dinge, die nicht existierten. Vielleicht begann der Pfad erst viele Meter tiefer, vielleicht aber auch wirklich gleich hinter den Felsen. Vielleicht waren die rollenden Steine, die er sah, nur Teil einer weiteren Sinnestäuschung -oder die Wand des Tunnels, an die er sich stützte, war nur ein Trugbild.
Er stieß sich hastig ab, stand dann aufrecht da und versuchte zu entscheiden, was von allen Dingen um ihn herum real und was nur eingebildet war. Der Tunnel, die Felsen -sie mußten wirklich sein, denn er befand sich schon seit geraumer Zeit an dieser Stelle und erinnerte sich an sie. Oder war auch das eine Täuschung? Vielleicht stürzte er bereits in die Tiefe und träumte nur, an einem sicheren Ort zu sein. Der SE-RUN! Er betrachtete die Anzeigen, und sie behaupteten, daß er auf festem Boden stand. Aber welchen Wert hatte diese Feststellung?
Konnte sein Gehirn ihm nicht auch diese Anzeigen vorgaukeln?
Er durfte nichts und niemandem mehr trauen, am allerwenigsten sich selbst, und er mußte von hier verschwinden. Dieser Ort war nicht sicher genug, und abgesehen davon -niemand würde ihn hier finden!
Plötzliche Panik erfaßte ihn. Er vergaß seine guten Vorsätze und rannte aus dem Tunnel hinaus. Die Steine unter seinen Füßen rutschten weg, aber der SERUN fing seinen Sturz ab, und er landete wohlbehalten auf dem Pfad. Er betastete die Fläche mit den Händen .und kam endlich zu dem Schluß, daß sie wirklich vorhanden war.
So weit, so gut. Und nun mußte er hinauf zum Beiboot. Das war der einzig sichere Ort für ihn. Nur dort bestand Hoffnung darauf, daß man ihn entdeckte und hier herausholte.
Er wandte sich bergauf, denn das mußte der richtige Weg sein, aber schon nach wenigen Metern durchzuckte ihn ein so heftiger Schmerz, daß er das Bewußtsein verlor.
*
Im Traum sah er wieder die rätselhafte Gestalt im weißen Gewand, und diesmal sprach sie sogar zu ihm. „Du bist in Not, und ich möchte dir helfen", sagte sie mit sanfter Stimme. „Warum?" fragte er benommen. „Ist das so wichtig? Vor langer Zeit - nach deinen Maßstäben - hast du versucht, mir zu helfen. Die Angehörigen meines Volkes pflegen ihre Freunde nicht zu vergessen, Alaska Saedelaere. Aber es ist so schwer, zu dir durchzudringen. Du befindest dich an einem Ort, dessen
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