119 - Satanische Klauen
Ninette Mosque fingerte fahrig am Türgriff herum und warf sich
zur gleichen Zeit nach draußen wie Morna Ulbrandson.
Der Schlamm spritzte auf, ihre Hände
versanken im Dreck.
Hitze schlug brüllend über ihr zusammen,
hüllte das kleine alte Auto ein.
Ninette Mosque handelte rein mechanisch. Sie
robbte über den Boden, weg von dem Gefahrenherd.
Morna rollte sich über den matschigen Boden.
Sie war über und über mit brauner Erde bedeckt und sah aus, als wäre sie einem
Sumpf entstiegen.
Brausen und Knistern erfüllte die Luft. Im
Weiterrollen sah die Schwedin, daß der 2CV in hellen Flammen
stand. Aus den Sitzen und berstenden Fenstern
schlugen Flammen, die sich mit dem Leib des feurigen Ungetüms
. vermischten.
Größer und massiger als vorhin kam ihr das
Feuermonster vor. Es schien sich zu einer gigantischen Fackel auszuwachsen.
Feuerschein spiegelte sich auf dem Gesicht
der entsetzten Agentin.
X-GIRL-C sah die wachsenden Feuerarme sich
nach beiden Seiten ausstrecken, um sie und Ninette erreichen und vernichten zu
können.
Rundum war die Nacht zum Tag geworden.
Eine heftige Detonation.
Der Benzintank des 2CV explodierte. Wie
Raketen stiegen zuckende Flammenspeere jäh in den Himmel, vermählten sich mit
dem tosenden Feuergiganten, der ebenso jäh mit einem langgezogenen Wehklagen in
sich zusammenschrumpfte - und zurückblieb nur das ausbrennende Wrack.
Morna raffte sich auf.
Was war jetzt passiert? Sie kamen aus den
Überraschungen nicht heraus.
Die Schwedin lief auf die junge Französin zu,
die sich hinter einer Bodenwelle verkrochen hatte.
Ninette Mosque atmete schnell. Als sie Morna
auf sich zueilen sah, richtete auch sie sich auf.
„Das war knapp“, brachte sie tonlos hervor.
Sie streifte sich eine schlammverschmierte Haarsträhne aus der Stirn. „Mein
Gott, wie sehen Sie denn aus?“
„Nicht viel besser als Sie.“ Morna lächelte.
Ihre weißen Zähne blitzten. „Aber darauf kommt es wohl nicht an. Wir sind noch
einmal davongekommen. Ich begreife zwar nicht, wieso der ganze Spuk plötzlich
vorüber ist, aber wir sollten froh sein.“
Ihre Blicke suchten den Himmel ab.
Noch war die Strahlungswärme, welche der
Flammenkoloß ausgesandt hatte, deutlich zu spüren.
Ein abermaliger Anschlag auf Ninette Mosques
Leben, mußte Morna denken. Diesmal war es noch einmal gutgegangen. Durch einen
Zufall. X-GIRL-C war sich bewußt, daß sie beide dieser Flammengewalt
ausgeliefert waren, ohne etwas tun zu können. Nur der 2CV ging drauf. Ihr Leben
war gerettet, weil der Koloß verschwunden war.
„Es ist, als ob alles nur ein böser Gedanke
war, nur eine Halluzination“, murmelte die Französin.
Morna mußte über diese Worte nachdenken. „Ein
Gedanke, der plötzlich abbricht - und alles ist wieder so wie zuvor.“
Das stimmte nur zum Teil. Es war nicht mehr
alles wie zuvor. Der 2CV war nicht mehr zu retten. Er brannte auf dem Feld
völlig aus.
Die Französin und die Agentin setzten ihren
Weg zu Fuß fort.
„Hoffentlich begegnet uns beiden Sumpfhexen
niemand“, meinte Morna unvermittelt.
Es war, als hätte es nur dieser Worte
bedurft.
In der Ferne sahen sie die näher kommenden
Scheinwerfer eines Autos, das genau auf sie zusteuerte, langsamer wurde - und
direkt vor ihnen hielt.
„Monsieur Valeau!“ entfuhr es Larry Brent.
Der Mann, der aus dem Schneideraum kam, war
niemand anders als der Regisseur.
Er trug einen grünseidenen Morgenmantel,
einen weißen Schal, der im V-förmigen Ausschnitt steckte und mehr dekorativ als
nützlich war.
Der Mann ging gebeugt. Unter dem einen Arm
trug er das Telefon.
Beide Hände waren verbunden. An der Rechten
war der Daumen frei.
X-RAY-3 trat einen Schritt weiter vor und
ließ Raoul Valeau an sich vorbei, der von hinten nachdrängte und auf seinen
Vater zulief.
„Du warst im Schneide-Raum?“ fragte der junge
Valeau erstaunt.
Henry Valeau musterte sie beide. Er machte
den Eindruck eines kranken Mannes, mit dem es sichtlich zu Ende ging. Hatte er
Krebs? Das würde zu dem seltsamen Krankheitsbild in etwa passen, dann
allerdings mußte er an einer seltenen und besonders - grausamen Art leiden.
Der Regisseur war Brent gegenüber
mißtrauisch. Er wollte genau wissen, wer er war, bevor er seinem Sohn Antwort
gab.
„Ich konnte nicht einschlafen, Raoul. Da bin
ich noch einmal hinaufgegangen. Aber es ist schwer, es ist sehr schwer, mit
zwei kranken Händen gute Arbeit zu leisten. Ich bin erledigt, am Ende. Allein
komme ich nicht weiter. Ich muß
Weitere Kostenlose Bücher