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1191 - Im Schattenreich der Yo

Titel: 1191 - Im Schattenreich der Yo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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einen Großteil des Blickfelds aus wie ein riesiges Gebirge aus Stahl. Das Loch, das aus der Ferne finster gewirkt hatte, nahm zunächst einen grauen, später einen mattweißen Farbton an. Kein Zweifel: Das Innere des Zylinders war beleuchtet.
    Die Fähre rumpelte zwischen zwei der vier Speiehen hindurch. Wenige Augenblicke später befand sie sich im Innern des gigantischen Hohlraums, der einen Durchmesser von einem Kilometer und, wie man jetzt sehen konnte, eine Länge von gut zehn Kilometern hatte. Die Helligkeit ging von breiten Streifen unzähliger Leuchtkörper aus, die in die Innenwand des Zylinders eingebettet waren. Leo Dürk zählte insgesamt zwölf solcher Streifen und schätzte ihre durchschnittliche Breite auf fünfzig Meter. Die Zylinderfläche zwischen den Streifen wirkte graubraun und schmutzig und wies eigenartige, geradlinige Musterungen auf. „Rama steh mir bei!" murmelte Clifton Callamon. „Eine Farm!" staunte Leo Dürk und vergaß vor lauter Aufregung, den Admiral zu fragen, was er mit seiner obskuren Bemerkung gemeint hatte. „Eine Weltraumfarm!
    Hier haben sie früher ihr Gemüse gezüchtet."
     
    *
     
    Arnemar Lenx wies Dürks Hypothese schroff zurück. „Die Gharwos leben von synthetischer Nahrung", erklärte er kategorisch, „die von Anlagen erzeugt wird, deren Einrichtung wir Ordoban verdanken. Die Gharwos haben niemals wie kümmerliche Bauern in schmutziger Bodenkrume gewühlt, um Pflanzen für ihren Unterhalt zu züchten."
    „Wirf die Sache nicht allzu weit fort", lachte Clifton Callamon. „Ein knuspriger, grüner Salatkopf läuft deiner Syntho-Paste allemal den Rang ab. Und wenn ihr irgendwann in eurer Vergangenheit gerade das getan hättet, was du so überheblich von dir weist, dann wüßtest du nicht, was ein Bauer und was Bodenkrume ist."
    Arnemar Lenx jedoch blieb unbeugsam. Aus einem Grund, der irgendwo in seiner andersartigen Mentalität verborgen sein mußte, hielt er die Vorstellung, daß Wesen seines Volkes jemals ihre eigene Nahrung angebaut hätten, für unerträglich. Leo Dürk und der Admiral hielten es für nutzlos, weiter mit ihm darüber zu debattieren. Die Hinweise waren eindeutig und unübersehbar. Im Innern des Zylinders war vor geraumer Zeit Ackerbau betrieben worden. Deswegen befand er sich in rotierender Bewegung: Die Pflanzen bedurften eines gewissen Betrags an Gravitation, um zu gedeihen. Leo Dürk hatte inzwischen ausgerechnet, daß die Schwerkraft auf der Innenwand des Zylinders, bei einem Durchmesser von einem Kilometer und einer Rotationsperiode von einer Minute, annähernd fünfeinhalb m/ sec2 betragen müsse - ein wenig mehr, als an Bord der Fähre TIENX herrschte.
    Das Muster der geraden Linien, das sie zwischen den Leuchtstreifen auf der Wandung des Zylinders sahen, diente dazu, die einzelnen Felder gegeneinander abzugrenzen. Der Himmel mochte wissen, wie lange es her war, seit hier „kümmerliche Bauern in schmutziger Bodenkrume gewühlt" hatten, um die Nahrung zu erzeugen, deren ihr Volk bedurfte. Die Erinnerung an solche längst vergangenen Zeiten war in den Bewußtseinen der Gharwos offenbar noch vorhanden. Aber sie gaben sich alle Mühe, sie zu verdrängen.
    Das Licht, das die Streifen ausstrahlten, war ein mattes Gelbweiß, das den Augen nicht weh tat. Clifton Callamon nannte es „die typische Emission eines schwarzen Strahlers im Planck'schen Sinn, künstlich auf eine Entfernung von etwa einer Astronomischen Einheit getrimmt". Sicher war er seiner Sache natürlich nicht. Die Meßgeräte der SERUNS funktionierten nicht durch die dikken Scheiben der Sichtluken hindurch, und die Geräte der TIENX wollte der Admiral nicht in Anspruch nehmen aus Sorge, er könnte damit Arnemar Lenx' Stolz aufs neue verletzen. Die graubraune Masse drüben auf der Wand des Zylinders war gefrorenes Erdreich, wahrscheinlich vermischt mit den Überresten im Vakuum erfrorener Pflanzen. Früher, als die gewaltige Trommel noch ihrem Ursprünglichen Zweck diente, mußte es anstelle der Löcher, durch die der Strang in den Zylinder eintrat, Luftschleusen gegeben haben. Inzwischen waren sie längst beseitigt oder zerfallen. Die Luftleere hatte das Innere des mächtigen Hohlraums übernommen und alles getötet, was den Gharwos jemals zum Leben gedient hatte. Es war müßig, darüber nachzudenken, warum Ordoban es für nötig befunden hatte, die Gharwos ihrer natürlichen Nahrungsbeschaffungsweise zu entwöhnen und ihnen statt dessen Maschinen zu geben, die synthetischen

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