1191 - Monsterblut
manchmal voller Überraschungen, Inspektor.«
»Da haben Sie Recht. Wie ist denn Ihr Verhältnis zu Amber Mills? Kommen Sie gut mit ihr zurecht? Gibt es Probleme? Vielleicht bedingt durch ihre Herkunft?«
»Nein, Inspektor. Wieso das denn? Was denken Sie? Es geht alles glatt. Sie ist zwar ruhiger als Frauen ihres Alters, aber das kann bei uns nur von Vorteil sein. Wir mögen sie, und sie mag uns, denn sie fühlt sich hier wohl, das kann ich Ihnen sagen. Wir würden ungern auf sie verzichten.«
»Wohnt sie auch hier?«
»Ja.«
»Dann könnte ich sie also sprechen?«
»Wenn Sie wollen.«
»Auf jeden Fall. Da ist noch etwas. Sie werden gleich Besuch von zwei Kollegen von mir bekommen, Mr. Sinclair und Mrs. Prentiss. Sie sind nicht allein, denn sie bringen jemanden mit. Es ist Brian Mills, wenn Sie verstehen…«
Ihre Augen weiteten sich. »Der… der… ähm… das Findelkind und der Bruder?«
»So ist es.«
Plötzlich war sie nervös. Der Blick begann zu flackern. »Aber warum so plötzlich und dann nach dieser langen Zeit? Das kann ich nicht verstehen.«
»Wir möchten etwas herausfinden.« Suko blieb bewusst unbestimmt.
Greta hakte nach. »Aber es hängt mit der Vergangenheit zusammen, kann ich mir vorstellen, oder?«
»Das schon.«
»Ausgerechnet Polizeibeamte«, flüsterte sie. »Was ist passiert? Halten Sie mich nicht für weltfremd. Ich kann mir schon vorstellen, dass es um ein Verbrechen geht.«
»Darüber kann ich nicht sprechen. Im Prinzip geht es um die beiden jungen Menschen. Brian hat seine Schwester nicht vergessen und…«
»Aber es gab keinen Kontakt zwischen ihnen.«
»Wissen Sie das genau?«
»Sie hat nie darüber gesprochen.«
»Was ist Amber für ein Typ?«, fing Suko mit einem neuen Thema an. »Ist sie offen oder mehr introvertiert?«
»Eher das letzte. Ich sage Ihnen ehrlich, dass man nicht so leicht an sie herankommt. Die Frauen sagen, dass sie oft unnahbar ist und mit ihren Gedanken weit weg erscheint. Wie eingeschlossen in ihrer eigenen Welt.«
»War sie sonst noch auffällig?«
»Nein.«
»Und sie wohnt hier?«
»Das sagte ich schon.«
»Könnte ich mit ihr sprechen?«
Greta Anderson runzelte die Stirn. »Ja… äh… da fällt mir ein, das wird heute nicht gehen, denn sie hat heute ihren freien Tag. Sie wollte Geschenke für das Weihnachtsfest einkaufen.«
»Aber in ihr Zimmer kann ich?«
»Sicher.« Ein scharfer Blick traf Suko. »Ist das für Sie denn so wichtig?«
»Ich denke schon.«
»Dann kommen Sie mit. Wir brauchen nicht erst nach oben zu gehen. Das Zimmer befindet sich auf dieser Ebene.«
Suko ging hinter der Frau her. Sie passierten den Weihnachtsbaum. Dahinter öffnete sich ein Gang, den Suko beim Eintreten nicht gesehen hatte.
Greta Anderson schaltete das Licht ein und vertrieb somit die Dunkelheit zwischen den Wänden. In der Mitte des Flurs blieb Greta vor einer Tür stehen. Sie drückte die Klinke und betrat als Erste das Zimmer. Dann ließ sie Suko vorbei.
»Hier wohnt sie.«
Suko sah sich in dem Raum um. Ein Bett, einige Möbelstücke, ein Fernseher und keine einzige Blume. Er konnte kaum glauben, dass es das Zimmer einer jungen Frau war, denn so schmucklose Räume gehörten zumeist männlichen Bewohnern. Das Fenster war geschlossen. Es gab auch keine Gardine, aber es gab etwas anderes, was schon überraschend war.
An der Wand über dem Bett hing ein Bild, auf dem eine Kreatur abgebildet war wie John sie beschrieben hatte. Ein kleines Reptil mit unförmigem Körper, großen Ohren, dreieckigen Schwingen und einem weit offenen Maul.
Greta Anderson fiel auf, dass Suko das Poster lange betrachtete. »Es ist ihr Lieblingsbild«, erklärte die Frau. »Das hat Amber immer wieder gesagt.«
Der Inspektor drehte sich um. »Warum?«
»Tja, wenn ich das wüsste. Das heißt, sie hat es mir gesagt, aber nachvollziehen kann ich es nicht. Bei aller Liebe nicht.«
»Was ist daran so schwer?«
»Ich bitte Sie. Würden Sie ein derartiges Poster als Ihr Lieblingsbild ansehen?«
»Die Geschmäcker sind eben verschieden.«
»Ja, das ist richtig. Aber Amber hat sich regelrecht hineingehängt. Sie war in dieses Bild versunken, und sie hat mir sogar erklärt, dass dieses Monstrum dort sie sei.«
»Bitte?«
»Ja, ja!« Greta geriet in einen regelrechten Eifer hinein. »So ist das gewesen. Amber hat sich mit diesem kleinen Monstrum identifiziert. Es war oder ist ihr zweites Ich.«
»Das ist schwer zu verstehen«, sagte Suko.
»Für mich auch, das glauben Sie
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