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1193 - Das Templerkind

1193 - Das Templerkind

Titel: 1193 - Das Templerkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Zeiten. Da konnte man sich nichts merken. Überraschend waren sie da, und überraschend verschwanden sie wieder.
    Wieder klopfte es, und noch immer war Clarissa nicht in der Lage, etwas zu sagen. Aber der Besucher wartete nicht länger und öffnete die Tür.
    Noch bevor sie ganz offen war, wusste Clarissa, wer dort stand. Es war die Chefin. Sie brauchte nicht unbedingt gesehen zu werden, von ihr ging ein bestimmtes Flair aus, vielleicht auch ein Geruch, der irgendwie immer kalt wirkte.
    Im Gang brannte Licht. Es fiel bis über die Schwelle hinweg. Deshalb war Madame Anne Ferrant auch gut zu sehen. Sie stand dort wie eine große Puppe, was sie auf keinen Fall war, denn sie war eine Person, die lebte und eiskalt ihre Regeln einhielt. Sie war jemand, der kein Vertrauen vermittelte, nur wenig Respekt. Am meisten jedoch Angst. Da gab es keinen im Heim, der anderer Meinung gewesen wäre.
    Sie war groß. Möglicherweise kam sie den Kindern auch deshalb nur so groß vor, weil sie recht hager war. Und sie trug immer diese dunklen Kostüme oder auch die schwarzen Kleider, als wollte sie jeden Tag auf eine Beerdigung gehen. In dieser Nacht hatte sich die Chefin für ein Kostüm entschieden. In dem dreieckigen Ausschnitt schimmerte der Stoff einer weißen Bluse. Ein dünner Hals, ein Gesicht mit scharf über den Knochen liegender Haut. Dunkle Augen und ein Haar, in dem rötliche Strähnen schimmerten. Hin und wieder trug sie eine Brille, die ihr Aussehen noch mehr veränderte.
    Wie immer sah sie aus, als hätte sie die Schultern in die Höhe gezogen. Auch jetzt wirkte sie eckig, und es bewegten sich nur die Augen. Clarissa kannte diesen Blick. Die Chefin setzte ihn oft ein, wenn sie etwas kontrollieren wollte. Ihr Auftreten sah wirklich aus wie ein Kontrollbesuch.
    Clarissa kam sich deplaziert vor, weil sie nicht im Bett lag. Und das um diese Zeit. Sie stand mitten in ihrem Zimmer, ohne zu wissen, was sie unternehmen sollte. Die Hände waren zu Fäusten geballt, der Blick war starr auf Madame Ferrant gerichtet.
    »Warum liegst du nicht im Bett?«
    Die erste Frage erwischte das Mädchen wie der Knall einer Peitsche. Clarissa schrak zusammen. Sie wollte etwas erwidern, aber ihr fielen nicht die richtigen Worte ein. Auch die Stimme war so schlimm gewesen. Nicht eine Spur von Freundlichkeit schwang darin mit.
    »Ich höre, Clarissa!«
    »Ja, natürlich, Madame. Ich… ich… konnte einfach nicht schlafen. Deshalb bin ich herumgewandert.«
    »Das soll ich dir glauben?«
    »Ja!«
    Madame sagte nichts, aber Clarissa hatte das Gefühl, als könnte die Chefin mit ihrem scharfen Blick den Grund ihrer Seele erreichen. Sie war eine Frau, der man so leicht nichts vormachen konnte.
    Außerdem bezeichnete sie sich selbst als mit allen Wassern gewaschen.
    »Kann es sein, dass ich Stimmen gehört habe, Clarissa?«
    Zum Glück war das Mädchen auf diese Frage vorbereitet gewesen. Es erschrak auch nicht sonderlich und schaffte sogar ein leichtes Lächeln. »Nein, ich habe hier keinen Besuch gehabt.«
    »Die Stimmen waren da!«
    »Ja, eine Stimme.«
    »Wieso?«
    »Ich habe mit mir selbst gesprochen, Madame.« Clarissa hoffte, sich mit dieser Antwort aus der Affäre gezogen zu haben, aber sie täuschte sich, denn Madame Ferrant nahm es ihr nicht ab. Bisher hatte sie sich nicht bewegt. Das änderte sich jetzt. Ein kurzer Ruck ging durch ihre Gestalt, danach trat sie einen Schritt vor, dann noch einen, und Clarissa wich sicherheitshalber zur Seite, da sie von der Frau nicht berührt werden wollte.
    Anne Ferrant schaute sich im Zimmer des Mädchens um. Sie kannte sich darin aus. Sie wusste genau, wohin sie schauen musste. Ihr blieb nichts verborgen. Aus der Kostümtasche holte sie eine schmale Lampe hervor. Damit leuchtete sie den Fußboden ab, auch die Wände und bückte sich, um den Strahl auch unter das Bett gleiten zu lassen.
    Sie hatte Pech. Clarissa konnte ein schadenfrohes Lächeln nicht verkneifen, aber sie tat es so, dass Madame nichts davon sah. Sonst wäre sie wütend geworden.
    Schließlich richtete sich die Frau wieder auf. Sie stand vor Clarissa und schaute sie an.
    »Ich habe niemanden gesehen und auch nichts gefunden. Aber ich bin mir sicher, dass ich mich nicht geirrt habe. Manchmal habe ich Ohren wie ein Luchs, Kleines. Da ist etwas gewesen, davon gehe ich aus.«
    »Nein!«
    Im Gesicht der Chefin zuckte es. »Du lügst. Du lügst mich wirklich an, Kleine.«
    »Warum sollte ich das tun?«
    »Weil du ein Geheimnis mit dir herumträgst.

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