1193 - Gestern ist heute
Urzelle versuchte, auch die Chronimale in ihren suggestiven Bann zu zwingen. Rando Idrohte in die Vergangenheit zurückzustürzen.
Kazzenkatt analysierte das Geschehen im Bruchteil einer Sekunde.
Er mußte sich zwingen, den aufkeimenden Schrecken zu unterdrücken. Sein Geist verließ den Körper und stob nach draußen.
*
Völlig frei von Skepsis war die Urzelle keinen Moment lang gewesen. Nur deshalb hatte sie sich nach dem Empfang von Kazzenkatts Genprogramm eine Option für eventuelle Gegenmaßnahmen gesichert, indem sie dem Fremden eine Zeitspanne nannte, welche die tatsächliche Dauer der Produktion bei weitem überstieg.
Als sie das ganze Ausmaß der Täuschung endlich überblickte, als sie merkte, wie umfassend sie betrogen wurde, war es dennoch fast zu spät.
Es begann mit einem merkwürdigen Druck, der sich über ihre Gedanken legte - ein kaum definierbares Empfinden, das sich in ihre Gefühlswelt drängte. Plötzlich sah sie sich mit der beängstigenden Frage konfrontiert, ob sie das wahre Leben verkörpere.
Die Impulse konnten nur von der neu geschaffenen Substanz ausgehen. Die Urzelle stoppte die Herstellung sofort - aber sie wußte, daß die Menge, die Kazzenkatt angefordert hatte, in diesem Moment schon fast erreicht war. Erst jetzt, nachdem die manipulierten Zellverbände eine bestimmte Masse besaßen, wurde ihre psionische Aktivität spürbar. Bis zum Ende war das Genprogramm in teuflischer Weise durchdacht.
Dieses Plasma, begriff die Urzelle, würde ihr gegen die Robotgeschosse der Meister der Insel nicht helfen können. Sie hatte ein Monstrum erzeugt, dem eine hochgradig pervertierte sechsdimensionale Energiekonstante zu eigen war.
So winzig es sich im Gesamtverbund des Planeten ausmachte, gelang es ihm doch, mit seiner mentalen Aktivität bis ins Zentrum der Urzelle vorzustoßen. Es erzeugte Verwirrung und behinderte die freie Denktätigkeit. Und es überflutete die angrenzenden Plasmamassen mit einem Schmerz, der sich in weiten Schüben ausbreitete.
Es blieb keine Gelegenheit, langwierige taktische Überlegungen anzustellen. Die Urzelle sorgte dafür, daß sich die Substanz, die vor den haßerfüllten Impulsen ohnehin in instinktiver Reaktion zurückwich, gänzlich aufspaltete und das Monstrum isolierte. Der Druck in ihrem Bewußtsein schwand.
Dann setzte sie jenen Prozeß fort, den sie bereits unmittelbar nach der Befreiung durch die Terraner eingeleitet und nach dem Tausch der Zeitebenen zunächst verlangsamt hatte. Sie beschleunigte die Zellteilung des normalen Plasmas. Sie spürte die Energie, die ihr dadurch zuwuchs, die steigende Denkkraft und die sich potenzierenden mentalen Fähigkeiten.
Sie wußte, daß sie ihre Existenz nicht mehr retten konnte. Sie würde sterben, und sie hatte sich an diese Vorstellung gewöhnt. Der Tod vermittelte ihr keinen Schrecken mehr. Sie war Zeit ihres Lebens getäuscht, ausgebeutet und mißbraucht worden. Der Untergang würde den Leidensweg beenden.
Zuvor jedoch wollte sie dafür sorgen, daß Kazzenkatts heimtückische Planung letztlich noch scheiterte. Wofür er die Zellsubstanz benötigte, vermochte sie nicht einmal zu ahnen. Aber sie war entschlossen zu verhindern, daß sie in seinen Besitz gelangte.
Eine Weile spielte sie mit dem Gedanken, den verderblichen Materieklumpen einfach unter Plasmamassen zu begraben. Doch damit hätte sie sich selbst der geistigen Verwirrung ausgesetzt und dem Fremden die Möglichkeit verschafft, ungehindert seine Ziele weiter zu verfolgen. Wenn sie ihn richtig einschätzte, kannte Kazzenkatt keinerlei Skrupel. Es war ihm zuzutrauen, daß er unter Einsatz aller technischen Mittel die organische Planetenoberfläche zerschnitt und die manipulierte Substanz trotz der über ihr lagernden Massen heraustrennte.
Nein, sie würde anders vorgehen. Der Teilungsprozeß schritt unermüdlich fort. Ihre Kraft wuchs und wuchs. Sie suchte nach dem Bewußtsein des Fremden, der sich offenbar zurückgezogen hatte - und empfing die Ausstrahlung von Wesen, die sich anschickten, das manipulierte Plasma zu bergen.
Sie wehrte sich mit ihrem gesamten Organismus. Sie spürte den Schmerz, der sie durchfuhr, als Teile ihrer selbst verbrannten und zerrissen, als die Hitze von Strahlwaffen auf sie herniederstieß.
Dann, endlich, erreichte ihre suggestive Macht jene Stärke, die sie brauchte, um die Fremden zu beeinflussen. Sie schleuderte ihnen ihren Willen entgegen, pflanzte Verwirrung und Trägheit in ihre Bewußtseine und
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