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12 – Das Raetsel von Chail

12 – Das Raetsel von Chail

Titel: 12 – Das Raetsel von Chail Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Atlan
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fertig.«
    Yrstam trat schweigend heran und hielt eine winzige, hölzerne Schale unter Chessams Nase. Die Augäpfel des Mädchens bewegten sich unter den Lidern, als habe das Kind lebhafte Träume.
    »Das reicht«, meinte Gorfang.
    »Was hast du mit ihr gemacht?«, fragte Atlan, der einfach nicht glauben konnte, was er hier sah.
    Gorfang warf dem Arkoniden einen flüchtigen Blick zu. »Das siehst du doch«, meinte er. »Ich habe das Blut ersetzt, das sie verloren hatte, und den Arm wieder zusammengeflickt. Die anderen Wunden sind nicht so schlimm.«
    » Wie hast du ihr Blut ersetzt?«
    Diesmal ließ Gorfang für einen Moment die Nadel sinken. Verständnislos musterte er den Fremden. »Weißt du etwa nicht, wie man das macht?«, erkundigte er sich erstaunt.
    »Was ich weiß, steht hier nicht zur Debatte«, erwiderte Atlan ärgerlich, und nicht zum ersten Mal seit der Bruchlandung auf Chail hatte er das Gefühl, einen verrückten Traum zu erleben. »Ich will wissen, wie du es gemacht hast.«
    »Ich habe zwei Chailiden gerufen, deren Blut dieselbe Zusammensetzung wie das des Kindes hat«, brummte der Heiler und fuhr fort, einen langen Riss zu schließen. »Ich habe einen kleinen Teil des Blutes dieser beiden Chailiden in den Körper des Kindes übertragen. Dabei muss man natürlich verschiedene Dinge beachten ...«
    »Die Schwierigkeiten sind mir bekannt«, wehrte Atlan schwach ab. Er verspürte das dringende Bedürfnis, den Kopf unter fließendes kaltes Wasser zu halten.
    Nach allem, was er bisher über die Chailiden gehört hatte, konnten ihre Heiler bestenfalls den Stand von Medizinmännern erreicht haben. Atlan schätzte die Künste von Medizinmännern keineswegs gering ein. Er wusste aus eigener Erfahrung, dass diese unter Umständen Dinge vollbringen konnte, die von modernen Medizinern als wahre Wunder eingestuft wurden. Aber Medizinmänner nahmen keine Bluttransfusionen vor.
    Woher hatte Gorfang das nötige Wissen? Und wie überwand der Chailide die damit verbundenen technischen Schwierigkeiten? Zu einer Transfusion brauchte man Kanülen, Schläuche, eine genaue Kenntnis der Blutgruppe und vieles mehr, und alle verwendeten Geräte hatten keimfrei zu sein.
    Das war aber noch nicht alles. Der Chailide vernähte die Wunden, und er setzte die Stiche tief an. Kein Heilkundiger, gleich welcher Herkunft, nähte eine Wunde auf diese Weise, wenn er wusste, dass er später die Fäden wieder herausziehen musste. Und Chessam lag eindeutig in einer Art Narkose.
    »Bist du sicher, dass sie wieder gesund wird?«, fragte Wajsto Kolsch besorgt.
    »Ja, warum sollte sie das nicht werden?«, fragte Gorfang verwundert zurück.
    Der Magnide schwieg, und Atlan war ihm dankbar dafür.
     
    Der Rückzug der drei Gefährten glich eher einer Flucht.
    »Sie müssen an sehr starke Götter glauben«, murmelte Wajsto Kolsch, als sie draußen waren.
    Atlan sah ihn überrascht an, und der Magnide vollführte eine verlegene Geste. »Auf unserer Reise mit der SOL sind wir mit vielen Völkern in Kontakt gekommen«, murmelte er dann. »Fast alle glaubten an Götter. Das Prinzip war mir zwar nicht einleuchtend, aber sie betrachteten ihren Glauben oft als die einzig gültige Wahrheit. Wir haben immer wieder gesehen, dass dieser Glaube ihnen über Schwierigkeiten hinweghalf, die sie normalerweise nicht überlebt hätten.«
    Atlan nickte nachdenklich. »Und woran glaubst du?«, fragte er.
    »An die SOL«, erwiderte Kolsch spontan.
    »Meinst du, dass das ausreicht?«, fragte Atlan leise. »Die SOL ist nur ein Objekt. Man kann sie anfassen, sie sehen, in ihr leben. Es bedarf keiner Anstrengung, an die SOL zu glauben, denn sie existiert, was sich jederzeit einwandfrei beweisen lässt. Den Begriff des Glaubens benutzt man eigentlich für andere Dinge – für das Nicht-Greifbare, Nicht-Stoffliche oder Unerklärbare, eben für das, was sich nicht wissenschaftlich belegen lässt. Wenn du sagst, dass du an die SOL glaubst, dann kannst du unmöglich nur das Schiff meinen, den bloßen Gegenstand.«
    Wajsto Kolsch zuckte die Schultern. »Müssen wir ausgerechnet jetzt darüber diskutieren?«, wehrte er ärgerlich ab.
    »Woran glaubst du wirklich?«, ließ Atlan nicht locker. »Glaubst du daran, dass die SOL eine Bestimmung zu erfüllen hat?«
    Der Magnide wandte sich brüsk ab. Für den Bruchteil einer Sekunde glaubte Atlan, diesen Mann in dem weißen Gewand zu sehen, das seinem Status entsprach. Es lag eine ungeheure Arroganz in dieser Bewegung – aber die

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