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12 - Im Auge des Tigers

12 - Im Auge des Tigers

Titel: 12 - Im Auge des Tigers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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Kristallkugel. Teufel, von denen hatte Adolf doch auch einige auf dem Gewissen. Warum haben die sich eigentlich nicht rechtzeitig aus dem Staub gemacht?«
    »Wusstest du, dass Hitler die meiste Zeit über nur einen einzigen Leibwächter hatte? In Berlin wohnte er doch im Obergeschoss der Reichskanzlei, und es gab einen separa-ten Eingang im Parterre, nicht wahr? Die Tür wurde von nur einem SS-Soldaten bewacht, der wahrscheinlich nicht mal Unteroffizier war. Den hätte man nur abknallen müssen, dann die Tür aufmachen, die Treppe hochgehen und dem Hundesohn den Garaus machen. Damit hätte man eine Menge Menschenleben gerettet«, schloss Dominic und griff nach seinem Weinglas.
    »Bist du sicher?«
    »So hat der Bursche vom Secret Service es erklärt. Die schicken in jedem Jahrgang einen ihrer Ausbilder runter nach Quantico, damit er Unterricht über Sicherheitsfragen hält. Wir waren auch überrascht, als wir das hörten, und viele haben nachgehakt. Der Typ sagte, man hätte quasi mal 315

    eben auf dem Weg zum Schnapsladen direkt an diesem SS-Posten vorbeispazieren können. Leichtes Spiel, Mann.
    Leichter geht’s nicht. Man nimmt an, dass sich Adolf für unsterblich hielt, dass er glaubte, es gebe keine Kugel, die für ihn bestimmt sei. Hey, und bei uns ist mal ein Präsident auf einem Bahnsteig abgeknallt worden, als er auf seinen Zug wartete. Welcher noch gleich? Chester Arthur, glaub ich. Und der Mörder von McKinley marschierte einfach so auf sein Opfer zu. Der Typ hatte einen Verband um die Hand. Schätze, damals waren die Leute nicht so auf Zack wie heute.«
    »Verdammt. Das würde unseren Job erheblich einfacher machen, aber mir wäre es mit einem Gewehr aus fünfhundert Meter Entfernung immer noch lieber.«
    »Keinen Sinn für Abenteuer, Aldo?«
    »Ich werd nicht dafür bezahlt, dass ich Kamikaze spiele, Enzo. Schlechte Zukunftsaussichten, weißt du?«
    »Und was ist mit diesen Selbstmordattentätern in Nahost?«
    »Andere Kultur, Mann. Weißt du nicht mehr, was wir in der zweiten Klasse gelernt haben? Man darf sich nicht selbst töten, weil das eine Todsünde ist und man nachher nicht mehr zur Beichte gehen kann. Schwester Frances Ma-ry hat das ziemlich gründlich klargemacht, finde ich.«
    Dominic lachte. »Verflixt, an die hab ich ewig nicht mehr gedacht. Für sie warst du immer der Beste und Tollste.«
    »Das lag daran, dass ich im Unterricht nicht so viel ge-pennt habe wie du.«
    »Und wie war das bei den Marines?«
    »Mit dem Pennen im Unterricht? Auf die Idee bin ich gar nicht erst gekommen, dafür haben die Sergeants schon gesorgt. Niemand verarschte Gunny Sullivan, nicht mal Colonel Winston.« Er verfolgte etwa eine Minute lang schweigend die Fernsehsendung. »Weißt du, Enzo, vielleicht gibt es Zeiten, in denen eine Kugel eine Menge Leid verhindern kann. Irgendjemand hätte Hitler wirklich das Handwerk 316

    legen müssen. Aber selbst ausgebildete Offiziere haben es nicht zuwege gebracht.«
    »Der Typ, der damals den Bombenanschlag verübt hat, ist einfach davon ausgegangen, dass unmöglich jemand in dem Gebäude überlebt haben könnte. Er ist nicht mehr reingegangen, um sich zu vergewissern. Das predigen sie einem an der FBI-Akademie tagtäglich – voreilige Schlüsse sind die Mütter allen Scheiterns.«
    »Man muss sichergehen, logisch. Was einen Schuss wert ist, das ist auch einen zweiten wert.« »Amen«, bekräftigte Dominic.
    Jack Ryan jr. war mittlerweile so weit, dass er jeden Morgen beim Aufwachen, wenn er die Nachrichten auf NPR hörte, mit irgendeiner Schreckensmeldung rechnete. Das kam wohl, wie er annahm, daher, dass er mit zu vielen unverar-beiteten nachrichtendienstlichen Informationen zu tun hatte, ohne beurteilen zu können, was davon tatsächlich ernst zu nehmen war.
    Aber auch wenn er vieles noch nicht wusste – das, was er wusste, war mehr als nur ein bisschen beunruhigend. Er war mittlerweile völlig auf Uda bin Sali fixiert…
    … wahrscheinlich weil bin Sali der einzige Akteur in diesem Spiel war, über den er viel wusste. Was wiederum daran lag, dass er sich mit bin Sali als persönliche Fallstudie befasste. Er musste diesem Vogel auf die Schliche kommen, denn wenn ihm das nicht gelänge, würde man ihm garantiert nahe legen, sich nach einer anderen Beschäftigung umzusehen. Diese Möglichkeit war Jack bis zu diesem Moment nicht bewusst gewesen, was an sich nichts Gutes für seine Zukunft im Spionagegeschäft verhieß. Nun, auch sein Vater hatte lange gebraucht, um

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